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                                                                        Vienne ce 13 febrier 1782
     Ma trés chére soeur!

Ich danke dir für das überschickte Büchl, welches ich in der that mit
grösster Sehnsucht erwartet habe! – Ich hoffe daß du, da du diesen
brief erhältst, unsern lieben, besten vattern schon wieder beÿ dir
hast. – du darfst aus dem daß ich dir nicht antworte, nicht schlüssen,
daß du mir mit deinen schreiben beschwerlich fällst! – Ich werde die
Ehre, von dir liebe schwester einen brief zu erhalten, allzeit mit
dem grössten vergnügen aufnehmen; – wen es meine |: für mein
lebens unterhalt :| nothwendigen geschäfte zuliessen, so weis es gott,
ob ich dir nicht antworten würde! – habe ich dir den gar niemalen
geantwortet? – also? – vergessung kan es nicht seÿn – Nachlässigkeit
auch nicht. – mithin ist es nichts, als unmittelbare hindernüss –
wahre ohnmöglichkeit! – schrieb ich meinem vatter nicht auch wenig
genug? – schlecht genug wirst du sagen! – aber um gottes
Willen – sie kenen doch beÿde Wien! – hat ein Mensch, |: der
keinen kreützer sicheres Einkomen hat :| an einem solchen orte nicht
tag und Nacht zu denken und zu arbeiten genug? – – unser vatter,
wen er seine kirchen dienste, und du deine paar scolaren abgefertiget
hast, so könen sie beÿde den ganzen tag thun was sie wollen, und
briefe schreiben die ganze lytanien enthalten. – aber ich nicht. –

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U.
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1881
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Ich habe meinem vatter schon lezthin meinen lebenslauf beschrieben, und
ich will dir ihn wiederhollen. – um 6 uhr früh bin ich schon allzeit
frisirt. – um 7 uhr ganz angekleidet. – dan schreib ich bis 9 uhr.
von 9 uhr bis 1 uhr habe ich meine lectionen. – dan Esse ich, wen ich
nicht zu gaste bin, wo man dan um 2 uhr und auch 3 uhr speist,
wie heute und Morgen beÿ der gräfin Zizi und gräfin Thun. –
Vor 5 uhr abends oder 6 uhr kan ich nichts arbeiten – und öfters
bin ich durch eine accademie daran verhindert; wo nicht, so schreibe
ich bis 9 uhr. – dan gehe ich zu meiner lieben konstanz – alwo
uns aber das vergnügen uns zu sehen durch die bittern reden
ihrer Mutter mehrerntheils verbittert wird – welches ich meinen
vatter im nächsten brief erklären werde – und daher gehört
der Wunsch, daß ich sie so bald möglich befreÿen und eretten
möchte. – um halb 11 uhr oder 11 kome ich nach haus; – das besteht
von dem schuß ihrer Mutter, oder von meinen kräften ihn aus=
zuhalten. – da ich mich wegen den vorfallenden academien
und auch wegen der unsicherheit ob ich nicht bald da bald dort
hin gerufen werde, auf das abend schreiben nicht verlassen
kan, so pflege ich |: besonders wen ich früher Nach haus kome :|
Noch vor dem schlaffen gehen etwas zu schreiben. – da verschreibe

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ich mich öfters bis 1 uhr – und dan wieder um 6 uhr auf. –
liebste schwester! – wen du glaubst daß ich Jemals meinen
liebsten, besten vatter und dich vergessen köne, so – – doch
still! gott weis es, und das ist mir beruhigung genug; – der
soll mich straffen, wen ich es kan! – Adieu – ich bin Ewig


P: S: Meinen liebsten vatter, wen er
schon in Salzburg ist, küsse ich
1000mal die hände.

                                                            dein aufrichter Bruder
                                                               W. A: Mozart mp

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À
Mademoiselle
Mademoiselle Marie Anne
de Mozart
à
SalzBourg.

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