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[... (Schluss der Abschrift des Briefes vom 3. August 1763)]
N. 15.
Frankfurt den 13
tς Augς: 1763.
Der Churfürst in Maÿnz war, und
ist noch mit einem starken Fieber behaftet.
Man war sehr um ihn besorgt, weil er noch
niemals sein LebsTage Kranck war. Wir
logierten im König von Engelland, gaben ent=
zwischen ein
Concert beÿm römischen König, lies=
sen dann unsern Waagen und einige
Ba=
gage in unserm
Quartier, und fuhren mit
dem
Marck-Schiffe nach
Franckfort.
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Wir sind schon einige Tage hier. Am kom=
menden
DonersTage werden wir glaublich ein
Concert geben, und dann wieder nach Maÿnz
zuruckkehren,
dann die
Marckschiffe gehen alle
Tage zu Maÿnz und Franckfurt gegen ein=
ander ab. Wir wohnen hier im
golden Löwen;
Ihren so wohl, als h
ς: Adlgassers h
ς: Spizeders
Briefe habe richtig durch meinen Freund H
ς:n
Wahler empfangen. Ob ich aber so wohl ei=
nem als
den anderen dieser meiner lieben
Freunden antworten werde, weis ich nicht, denn
ich komme bluthart ans schreiben,
weill ich bald
da bald dort bin.
baste ich
zehle auf ihre
Freundschaft und empfehle uns alle in ihre Freund=
schaft und
Gebett. Wenn ich dem H
ς:n Adl=
gasser, und ihnen, liebster H
ς: Hagenauer! zu
dero NahmensTage nicht glück gewunschen, so
thun wir es nun gegenwärtig, und haben uns
fleisig deroselben erinnert. Am
Caietani-
Fest, haben wir in Maÿnz bei einem gewis=
sen
Canonico Starck gespeisset, Nachmittag
sind wir in Gesellschaft der Ursprungerischen
Familie, der Churfürstl: Kammerdiener, das
ist Leibka
merdiener, und ein gebohrner Salz=
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burger ist, in die
Favorite gegangen, und
Abends auf dem
Rein spazieren gefahren. Die
Favorite ist ein Churfürstliches So
mmerGebäu=
de samt einem Garten, der jedermann offen
stehet. Die Lage ist die schönste so man
sehen kann. Der Churfürst siehet vom Zim=
mer, und wenn er will, vom Bette aus, nicht
nur den
Rein, sondern auch den Maÿn, und
den Zusammenfluß beeder flüsse; alle Schiffe,
dann eine nicht zu übersehende Aussicht von
Weinbergen, Gärten, Dörffer, Feldern und
kleine
Stättchen.
Frankfurth ist ein
alt=
vätterischer Ort, und von dem Römer habe ich
mir viel andere Vorstellungen gemacht: Es
will weder der Platz noch der Römer
gahr
nichts sagen. Es giebt doch einige schöne
Gebäude, doch
wenig: Hingegen giebt es
schöne Kaufmanns Gewölber, und viel 1000.
Juden.
Jetzt wircklich muß ich ihnen sagen,
daß alles sehr Stille unter der Handelschaft ist,
auch gar wenig, ja fast nichts gethan wird,
wegen dem erstaunlichen Banquerot der in
Amsterdam ausgebrochen, und millionen, auch
bereits 30. Häuser alda betrift. Nun trauet
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hier keiner dem anderen, bis man besser weiß,
wie tief ein und anderer stecket. – – – --
Den 12.
tς kam Nachmittag gegen 3. Uhr ein
Donnerwetter. Auf den allerersten Blitz
erfolgte augenblicklich ein ganz erstaunlicher
unversehener
Donerschlag, der unfern unserer
Wohnung eine
Egge vom Haus wegschlug, 3.
Personnen blessirte, und und in einen Garten fuhr.
Hiemit war aber auch das Wetter vorbeÿ.
Die Jungfrau
Rosalia Jolj Ca
merkätzchen beÿ
S.r Excellenz Gräfin
v Arco, hat mir
versprochen mit der Gräfin
v Vaneck wegen
einem Quartier in Paris zu sprechen, und mir,
durch Sie, Nachricht zu geben. Bitte, so bald
es möglich ist mit ihr zu sprechen, und mir in
ihrem ersten Schreiben davon Nachricht zu ge=
ben. Wenn sie eine
Violinschule wollen,
so sind solche in
Cabinetl gegen der Bettstatt
hin an der Mauer zu finden. Es mus beÿ
iedem Buch eine
Tabelle, 4. Kupferblätter,
ein Bericht an den Buchbinder, und ein
errata
blätchen seÿn. sind sie nicht darin, so fin=
det man diese Sachen nebenbeÿ.
Unser aller vergnügen war ausnehmend,
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als wir in dem eingeschickten Zeitungsblatt die
grosse Ehre laßen, die H
ς: Hof
Statuarius
Hagenauer dem Salzburglichen Hofe und seinen
freunden gemacht hat. Wenn sie ihm schreiben,
so melden sie ihm mein
Glückwunschs Compli=
ment, und geben sie ihm Nachricht von unsrer
Reiße. Er soll von Italien nach Franckreich
gehen: Allein Rom und
Neapel wird ihn so
lange aufhalten, daß er uns nicht mehr in
Paris antreffen würde. Wir wollen uns
beÿde befleissen, unserem Hofe Ehre zu machen,
und Gelegenheit zu geben, daß zu zeiten et=
was in den Zeitungen gelesen wird.
[... (Beginn der Abschrift des Briefes vom 20. August 1763)]