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                               Getreue Abschrift
eines eigenhändigen Briefes, von W. A. Mozart an seine Schwester Marianna
|: verehligte Mad:me Sonnenburg. :| in Salzburg.
                                                                                    B/D 610
     IX.


Schiedrmair Nr. 185 (II. 96)
                                            Vienne ce 4 de Jullet 1781.
     Ma très cherè Soeur!

Mich freut es sehr, wenn die Bänder nach deinem Geschmak waren; was den Preis
der gemahlten und ungemahlten Bänder anbelangt, werde mich erkundigen,
denn dermalen weis ich es nicht, weil Fr: v Auerhamer, welche die Güte
hatte, mir selbe zu verschaffen, keine Bezahlung annahm, sondern mich
gebeten, ich möchte dir von ihr unbekanterweis alles Schöne entrichten,
mit der Versicherung, daß es ihr allzeit sehr angenehm sein wird,
dir etwas gefälliges erweisen zu können; ich habe ihr auch schon eine
Gegenempfehlung von dir entrichtet. Liebste Schwester! ich habe letzt=
hin schon unsern lieben Vater geschrieben, daß – wenn du etwas gerne
von Wien hättest, es sei was es wolle, ich dich gewiß mit wahrem Ver=
gnügen damit bedienen werde; und nun widerhole ich es mit dem
Beisatze, daß es mich sehr verdrüßen würde, wenn ich hören müßte,
daß du jemand andern in Wien Comission gäbest.
Mich freuet es in der Seele, wenn Du dich wohlauf befindest;
ich bin Gott lob und dank gesund und vergnügt. – Meine einzige
Unterhaltung besteht im Theater; ich wollte dir wünschen hier ein
Trauerspiel zu sehen! überhaupt kenne ich kein Theater, wo man
alle Arten Schauspiele vortreflich aufführt; aber hier ist es

                                         26

INTERNATIONALE
STIFTUNG:
MOZARTEUM
1881
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Jede Rolle – die mindeste, schlechteste Rolle ist gut, und doppelt besetzt.
Nun möchte ich auch gerne wissen, wie es mit dir und dem bewusten
guten Freund steht? schreibe mir doch darüber! oder habe ich
Dein Vertrauen in dieser Sache verloren? überhaupt bitte
ich dich, schreibe mir öfters, versteht sich, wenn du nichts besseres
zu thun weist, denn ich möchte gar zu gerne bis weilen Neuigkei=
ten lesen, und du bist ja das lebendige Salzburger Protokoll,
denn du schreibst ja alles auf, was sich imer ereignet, und mit=
hin schreibe es halt mir zu Gefallen zweimal auf – aber Du
must nicht böse werden, wenn ich dich zu weilen lange auf
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Antwort lasse warten. –
Wegen etwas Neues auf das Clavier will ich dir sagen, daß
ich 4 Sonaten in Stich geben werde, da ist diese ex C u B dabei
und die andern 2 nur neu. – dann habe ich 3 Arien mit Variationen
geschrieben, die könnte ich dir freilich schiken. aber es ist mir nicht
der Mühe werth, ich will lieber warten, bis was zusamen kömt.
Nun wird wohl bald das Schützenmahl sein? Ich bitte Solemniter die
Gesundheit eines getreuen Schützen zu trinken; wenn mich einmal wieder
das Best=Geben trifft, so bitte es mir zu schreiben, ich will eine Scheibe
malen lassen. Nun lebe recht wohl, liebste, beste, Schwester, und
seÿ versichert, daß ich stäts sein werde, dein

                                       wahrer Freund und aufrichtiger Bruder
                                            Wolfgang Amadè Mozart mp
Vom Original copirt durch Aloys Fuchs. 1841.
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Á Madame
Madame Marie Ane
Mozart
à
Salzbourg