↗ XML
[S. 1] increment_line_height_2decrement_line_height_2
                                                                                   Vienne ce 16 de Juin 1781.
Mon trés cher Pére!

Morgen wird das Portrait und die Bänder für meine schwester unter Seegel gehen.
Ich weis nicht ob die Bänder nach ihrem gusto seÿn werden. – daß sie aber
nach der wahren Mode sind, kan ich sie versichern. wen sie mehrere will, oder
vieleicht auch ungemahlte, so soll sie es mir nur zu wissen thun; und über=
haubt wen sie etwas gerne hätte, was sie glaubt daß man in Wien schöner
haben kan, soll sie es nur schreiben. ich hoffe sie wird wohl das fürtuch
nicht bezahlt haben, den es ist schon bezahlt; ich vergass es zu schreiben, weil
ich imer von der Hundsfüttischen affaire zu schreiben hatte. – das Geld werde
ich, wie sie mir geschrieben, übermachen. –
Nun kan ich ihnen doch endlich einmal wieder von Wien etwas schreiben; bishero
musste ich meine Briefe imer von der Sau=Historie anfüllen. – gott lob daß es
vorbeÿ ist. – die dermalige Saison ist die schlechteste für Jemand der geld gewinen
will; das wissen sie ohnehin; die vornehmsten Häuser sind auf dem lande.
mithin ist nichts anderst zu thun, als sich auf dem Winter, wo man weniger
zeit dazu hat, vorzuarbeiten. – so bald die Sonaten fertig sind, werde eine
kleine wälsche Cantate suchen, und sie schreiben; welche dan im advent in theater
geben werde, versteht sich für meinen Profit; – da ist eine kleine list dabeÿ.
auf diese art kan ich sie 2 mal mit dem nemlichen vortheil geben, weil ich,
da ich sie das zweÿtemal gebe, etwas auf einen Piano forte spiellen werde. –
dermalen habe nur eine einzige Skolarin, welche ist die gräfin Rumbeck, die
Baase vom kobenzl; ich könte derer freÿlich mehrere haben, wen ich meinen
Preis herabsetzen wollte. – so bald man aber das thut so verliert man seinen
credit – mein Preis ist für 12 lectionen 6 dukaten, und da gieb ich ihnen
noch zu erkenen, daß ich es aus gefälligkeit thue. – ich will lieber 3 instructionen
haben die mich gut bezahlen, als 6 die mich schlecht zahlen. – von dieser einzigen
Skolarin kan ich mich durchbringen, und das ist mir unterdessen genug; –
Ich schreibe ihnen dieß nur, damit sie nicht glauben möchten ich schickte ihnen vieleicht
aus eigenutz nicht mehr als 30 duckaten – seÿen sie versichert, daß ich mich
gewis ganz entblössen würde, wen ich es nur hätte! – aber es wird schon komen.
man muß den leuten niemalen merken lassen, wie man steht.

DOM=
MUSICK=VEREIN
U.
MOZARTEUM

INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 2] increment_line_height_2decrement_line_height_2
Nun vom theater. ich habe ihnen glaube letzthin geschrieben, daß graf Rosenberg beÿ
seiner abreise dem schröder Comission gegeben hat, für mich ein Buch aufzutreiben.
das ist nun freÿlich schon da, und Stephani |: der Jüngere :| als inspicient über die
Opera hat es in Händen; Bergobzoomer als wahrer guter freund vom schröder und
von mir, hat es mir gleich gesteckt. – ich bin also gleich zu ihm gegangen, en
forme de visite
. – wir glaubten er möchte etwa aus Partialitet für dem
umlauf gegen mich falsch handeln; der verdacht war aber ungegründet; den
ich hörte nach der hand, daß er Jemand Comission gegeben mir zu sagen ich möchte
zu ihm komen, er hätte etwas mit mir zu sprechen; und gleich da ich eintratt, sagte er,
O sie komen wie gerufen. – die opera hat aber 4 akt, und wie er sagt, so ist der
Erste Akt ohnvergleichlich; dan nimt es aber sehr ab. wen es schröder leidet, daß man
es herrichten darf wie man will, so kan ein gutes buch daraus werden. – er mag
es der Direction, so wie es ist, gar nicht übergeben, bevor er nicht mit ihm darüber
gesprochen hat, weil er ohnehin in voraus weis daß es zurück gegeben würde.
das könen also diese zweÿ miteinander ausmachen. – ich verlangte es, nachdem
was mir Stephani davon gesaget, gar nicht zu lesen, den, wen es mir nicht
gefällt, so muß ich es Ja doch sagen, sonst wäre ich der angesetzte. und schröder
will ich mir nicht ungünstig machen, da er für mich alle achtung hat. – so kan ich
mich doch imer entschuldigen, ich hätte es nicht gelesen.
Nun muß ich ihnen erklären, warum wir auf dem Stephani argwohn hatten.
dieser Mensch hat, welches mir sehr leid thut, in ganz Wien das schlechteste Re=
nomèe;
als ein grober, falscher, verläümderischer Man; der den leuten die
grösten ungerechtigkeiten anthut. – da mische ich mich aber nicht darein.
wahr kan es seÿn, weil alles darüber schmält – übrigens gilt er alles
beÿm kaÿser; und gegen mich war er gleich das Erstemal sehr freundschaflich;
und sagte. wir sind schon alte freunde, und ist mir sehr lieb wen ich werde
im stande seÿn könen ihnen in etwas zu dienen. – ich glaube, und ich
wünsche es auch, daß er selbst für mich eine oper schreiben wird. er mag
nun seine komœdien allein oder mit hülfe gemacht haben; er mag nun
stellen oder selbst erschafen – kurz, er versteht das theater, und seine
komœdien gefallen imer. – ich habe erst 2 neue stücke von ihm gesehen
die gewis recht gut sind; eins, das loch in der thüre; und das zweÿte;
der oberamtman und die Soldaten. – unterdessen werde ich die Cantate
schreiben, den wen ich wirklich schon ein Buch hätte, so würde ich doch noch keine
feder ansetzen, weil der graf Rosenberg nicht hier ist – wen der auf

INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 3] increment_line_height_2decrement_line_height_2
die letzt das Buch nicht gut fände, so hätte ich die Ehre gehabt umsonst zu schreiben.
und das lass ich fein bleiben. – wegen incontriren sorge ich mich gar nicht, wen
nur das Buch gut ist. – glauben sie den ich werde eine Opera Comique auch so
schreiben wie eine opera Seria? – so wenig tändelndes in einer opera seria
seÿn soll, und so viel gelehrtes und vernünftiges, so wenig gelehrtes muß
in einer opera Buffa seÿn, und um desto mehr tändelndes und lustiges.
daß man in einer opera Seria auch komische Musick haben will, dafür
kan ich nicht; – hier unterscheidet man aber in dieser sache sehr gut.
ich finde halt daß in der Musick der hanswurst noch nicht ausgerottet ist;
und in diesem falle haben die franzosen recht. –
Ich hoffe also mit künftigem Postwagen meine kleider richtig zu erhalten.
ich weis nicht wen der Postwagen geht, doch glaube ich wird sie dieser
brief noch eher antreffen; mithin bitte ich sie den stock mir zu liebe
zu behalten. – man braucht hier stöcke, aber wozu? – zum
spatzieren gehen, und dazu ist Jedes stöckchen gut; also
stützen sie sich darauf anstatt meiner; und tragen sie ihn
wen es möglich beständig – wer weis ob er nicht durch ihre hand
beÿm Arco seinen vormaligen herrn rächen kan. – doch das versteht
sich accidentaliter oder zufälligerweise; – Mein handgreiflicher Discours
bleibt dem hungrigen Esel nicht aus, und sollt es in zwanzig
Jahren seÿn. – den, ihn sehen, und meinen fuß in seinem arsch,
ist gewis eins; ich müsste nur das unglück haben ihn zu erst an einem
heiligen ort zu sehen. – Nun adieu; leben sie recht wohl; ich küsse ihnen
1000mal die hände und meine schwester umarme ich von ganzen herzen und
bin Ewig dero

überall mein Compliment.
                                                                                  gehorsamster Sohn
                                                                                  W: A: Mzt mp

DOM=
MUSICK=VEREIN
U.
MOZARTEUM

INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 4] increment_line_height_2decrement_line_height_2
À
Monsieur
Monsieur Leopold Mozart
maitre de la Chapelle de S: A: R:
l'archeveque de et à
Salzbourg.

N:o 19

No 18.

INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881