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                                                                                         Vienne ce 13 de Juin 1781:
          Mon Trés Cher Pére!

Bester aller vätter! wie herzlich gerne wollte ich ihnen nicht ferners noch meine Besten
Jahre an einem orte aufopfern, wo man schlecht bezahlet ist; – wen dieß allein das
übel wäre. allein, schlecht bezahlt, und obendrein verspottet, verrachtet und Cuionirt
das ist doch wahrlich zu viel. – Ich habe für des Erzbischofs accademie hier, eine
Sonate für mich, dem Brunetti und Ceccarelli ein Rondeau geschrieben, habe beÿ Jeder
accademie 2 mal gespiellt, und das letztemal da alles aus war eine ganze stunde
noch variazionen |: dazu mir der Erzbischof das thema gab :| gespiellt, und da war so
ein allgemeiner beÿfall, daß, wen der Erzbischof nur ein wenig ein Menschliches Herz
hat, er gewis hat freude fühlen müssen; und anstatt mir wenigstens seine zu=
friedenheit und wohlgefallen – oder meinetwegen gar nichts zu zeigen – macht
er mich aus wie einen gassenbuben – sagt mir ins gesicht, ich soll mich weiter
scherren, er beköme hundert die ihn besser bedienten als ich. – und warum? –
weil ich nicht eben den tag abreisen konte, da er sich es eingebildet hat; ich muß vom
hause weg, muß von meinem gelde leben, und soll nicht die freÿheit haben ab=
zureisen wen es mir mein beutel gestattet, da ich dazu in Salzburg nicht nöthig
war, und der ganze unterschied in 2 tägen bestund. – der Erzbischof hat
mir 2 mal die grösten impertinenzen gesagt, und ich habe kein Wort gesagt,
noch mehr ich habe beÿ ihm mit dem nemlichen Eÿfer und fleiß gespiellt, als
wen nichts wäre; und anstatt daß er meinen DienstEÿfer und mein bestreben
ihn zu gefallen erkenen sollte, geht er, eben in dem augenblick da ich mir
eher was anderst versprechen konte, zum drittenmal auf die abscheulichste
art von der Welt um. – und, damit ich nur gar kein unrecht habe, sondern
gänzlich recht behalte; es ist als wen man mich mit gewalt weg haben wollte, Nu –
wen man mich nicht haben will, es ist Ja mein Wunsch; – anstatt daß graf
Arco meine bittschrift angenomen, oder mir audienz verschafet, oder gerathen hätte
selbe nachzuschicken, oder mir zugeredet hätte die sache noch so zu lassen, und besser
zu überlegen, afin, – was er gewollt hätte – Nein – da schmeist er mich
zur thüre hinaus, und giebt mir einen tritt im hintern. – Nun, das heisst

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auf teutsch, daß Salzburg nicht mehr für mich ist; ausgenomen mit guter gelegenheit
dem hς. Grafen wieder ingleichen einen tritt im arsch zu geben, und sollte es auf
öfentlicher gasse geschehen. – ich begehre gar keine Satisfaction deswegen beÿm
Erzbischof, den er wäre nicht im stande sie mir auf solche art zu verschaffen,
wie ich sie mir selbst nehmen muß; sondern ich werde nächster tägen
dem hς. grafen schreiben, was er sich von mir zuverlässig zu gewarten
hat, sobald das glück will daß ich ihn treffe, es mag seÿn wo es will;
nur an keinen ort wo ich respect haben muß; –
wegen meinen Seelenheÿl seÿen sie ohne Sorgen, mein bester vatter! – ich
bin ein fälliger Junger Mensch wie alle andere, und kan zu meinem trost
wünschen daß es alle so wenig wären wie ich. – sie glauben vieleicht sachen von
mir, die nicht also sind; – der hauptfehler beÿ mir ist daß ich nach dem
scheine
nicht allzeit so handle, wie ich handeln sollte. – daß ich mich geprahlt
hätte ich Esse alle fast=täge fleisch, ist nicht wahr; aber gesagt habe ich daß
ich mir nichts daraus mache, und es für keine sünde halte; den fasten heisst
beÿ mir sich abrechen; weniger essen als sonst. – Ich höre alle son=
und feÿertäge Meine Messe, und wen es seÿn kan, die werktäge auch, das
wissen sie, mein vatter. – mein ganzer umgang mit der Person
vom schlechten Ruffe bestund auf dem Ball. – und den hatte ich schon
lange ehe ich wusste daß sie vom schlechten Ruffe seÿe – und nur darum
damit ich meiner gewissen Conterdanse tänzerin sicher seÿe. – dan, konte
ich ohne ihr die ursache zu sagen nicht auf einmal abbrechen – und wer wird
Jemand so was ins gesicht sagen. – habe ich sie nicht auf die letzt öfters
angesetzt, und mit andern getanzt? – ich war auch diesfalls ordentlich
froh daß der fasching ein Ende hatte. – übrigens wird kein Mensch sagen
nen, daß ich sie sonst wo gesehen hätte, oder in ihrem hause gewesen
seÿe, ohne für einen lügner zu Passieren. – übrigens seÿn sie versichert
daß ich gewis Religion habe – und sollte ich das unglück haben, Jemals
|: welches gott verhüten wird :| auf seiten weege zu gerathen, so spreche
ich sie, mein bester vatter aller schuld los. – den, nur ich allein
wäre der schurke – ihnen habe ich alles gute so wohl für mein

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zeitliches als geistliches wohl und heÿl zu verdanken.
Nun muß ich schliessen, sonst versäume ich die Post. ich küsse ihnen 1000mal
die hände und meine liebe schwester umarme ich von herzen und bin Ewig dero

P. S. an dem Jungen Marschad meine
Empfehlug. an die katherl, an alle
gute freund und freundinen.

                                                                                    gehorsamste Sohn
                                                                              Wolfgang Amadè Mozart mp

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de vienne
À Monsieur
Monsieur Leopold Mozart
Maitre de Chapelle de S: A:
R: L'archeveque de et
à
Salsbourg

N. 18

13tς Juni
1781.

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