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95.
Vienne ce 19
de may 1781:
Mon trés cher Pére!
Ich weis auch nicht was ich zu erst schreibe, mein liebster vatter; de
n ich ka
n mich von
meinen Erstaunen noch nicht erhohlen, und werde es nie kö
nen, we
n sie so zu denken
und so zu schreiben fortfahren; – Ich muß ihnen gestehen, daß ich aus keinen
einzigen Zuge ihres briefes, meinen vatter erke
ne! – wohl einen vatter,
aber nicht, den Besten, liebvollsten, den für seine eigene und für die Ehre
seiner kinder besorgten vatter – mit einem Wort, nicht – meinen vatter;
doch, das war alles nur ein traum – sie sind nun erwacht – und haben
gar keine Antwort von mir auf ihre Punkte nöthig, um mehr als überzeugt
zu seÿn, daß ich –
nun mehr als Jemals – von meinem Entschluß gar nicht
abstehen ka
n. – doch muß ich, weil meine Ehre und mein karackter
beÿ einigen stellen, an empfindlichsten angegriffen ist, etwelche Punckte be=
antworten. – sie kö
nen es niemalen Gut heissen, daß ich in Wie
n
Quitirt habe; – Ich glaube, daß we
n man schon lust dazu hat |: obwohlen ich
es dermalen nicht hatte, de
n sonst würd ich es das erstemal gethan haben :|
so würde es an dem orte an vernünftigsten seÿn, wo man gut stehet,
und die schönsten aus=sichten von der Welt hat. – daß sie es im gesichte
des Erzbischofs nicht gut heissen kö
nen, ist möglich, aber mir kö
nen sie es gar
nicht anders als Gut heissen; ich ka
n meine Ehre durch nichts anders retten, als
daß ich von meinem Entschluße abstehe? – wie kö
nen sie doch so
einen Wiederspruch fassen. – sie dachten nicht, als sie dieses schrieben,
daß ich durch einen solchen zurückschritt der Niederträchtigste kerl von der
Welt würde. – ganz Wie
n weis daß ich vom Erzbischof weg bin – weis
warum! – weis daß es wegen gekränkter Ehre – und zwar zum dritten=
male gekränkter Ehre geschah – und ich sollte wieder öfentlich das gegen=
theil beweisen? – soll mich zum hundsfut, und den Erzbischof zu
einen Braven fürsten machen? – das erste ka
n kein Mensch, und
ich – am allerwenigsten, und das andere – ka
n nur Gott, we
n er ihn
erleuchten will. –
Ich habe ihnen also noch keine liebe gezeigt? – muß sie also erst itzt
zeigen? – kö
nen sie das wohl sagen? –
Ich wollte ihnen meinem vergnügen nichts aufopfern? – – –
DOM=
MUSICK=VEREIN
U.
MOZARTEUM
INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 2]
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was habe ich de
n für ein vergnügen hier? – daß ich mit Mühe und sorge
auf meinen Geldbeutl dencke! – mir scheint, sie glauben ich
schmime in
vergnügen und unterhaltungen. – O wie betrügen sie sich nicht! –
das heist dermalen! – dermalen habe ich nur so viel als ich brauche –
Nun ist die
Suscription auf 6
Sonaten im Gang, und da beko
me ich geld
– mit der
opera ist es auch schon richtig – und in
advent gebe ich ein
Concert, da
n geht es so i
mer besser fort – de
n, in Winter ist was ganz
gutes hier zu verdienen. – we
n das vergnügen heist, we
n man von
einen fürsten los ist, der einen nicht zahlt, und zu tod
Cuionirt, so
ist es wahr, ich bin vergnügt; – de
n, sollte ich von früh Morgens bis
Nachts nichts als denken und arbeiten, so würde ich es gerne thun, nur
um so einen – ich mag ihn gar beÿm rechten Na
men nicht ne
nen, nicht
um Gnade zu leben. – Ich bin dazu gezwungen worden, diesen schritt
zu thun – und da ka
n ich kein haarbreit davon mehr abweichen –
ohnmöglich – alles was ich ihnen sagen ka
n ist dieß, daß es mir |: wegen
ihnen, nur wegen ihnen, mein vatter :| sehr leid thut, daß man mich so
weit gebracht hat – und das ich Wünschte daß der Erzbischof gescheider
gehandelt hätte, nur daß ich ihnen noch meine ganze lebenszeit wied=
men kö
nte – ihnen zu gefallen, mein bester vatter, wollte ich
mein glück, meine Gesundheit, und mein leben aufopfern –
aber meine Ehre – die ist mir – und die muß ihnen über
alles seÿn. – lassen sie dieses dem Graf
Arco lesen und
ganz Salzburg. – nach dieser beleidigung – nach dieser
dreÿfachen beleidigung, dürfte mir der Erzbischof in eigener
Person 1200 fl. antragen, und ich nehme sie nicht – ich bin
kein Pursch, kein Bub – und, we
n sie nicht wären, so hätte
ich nicht das drittemal erwartet, daß er mir hätte sagen
kö
nen,
scherr er sich weiter, ohne es für beka
nt anzunehmen;
was sage ich: erwartet! – ich, ich hätte es gesagt, und nicht
er! – mich wundert nur, daß der Erzbischof so unbeso
nen, an
INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 3]
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einem ort wie Wie
n ist, so unbeso
nen hat handeln kö
nen! –
Er soll also sehen, wie er sich betrogen hat; – fürst Breiner und
Graf
Arco brauchen den Erzbischof, aber ich nicht. – und we
n es auf
das äusserste kö
mt, daß er alle Pflichten eines fürsten, eines
geistlichen
fürsten vergisst, so ko
men sie zu mir nach Wie
n; 400 fl. haben sie
überrall – was glauben sie, was er sich hier beÿm kaÿser, der ihn
ohnehin hasst, für schande machen würde, we
n er das thäte! –
Meiner schwester würde es hier auch besser anstehen
als in Salzburg – es sind vielle Herrschaftshäuser wo man
bedenken trägt, eine Mansperso
n zu nehmen – ein
frauenzi
mer aber sehr gut bezahlen würde. –
das ka
n alles noch geschehen. –
Ich werde ihnen mit nächster gelegenheit, da etwa h
ς. v:
kleinmaÿer, Beneckè, oder zetti nach Salzburg
reiset, etwas schicken um das bewuste zu bezahlen –
das dü
ntuch wird h
ς. Controleur der heute weg ist,
meiner schwester bringen. –
liebster, bester vatter, begehren sie mir was sie wollen, nur
das nicht, sonst alles – nur der gedanke macht mich schon vor
Wuth zittern –
Adieu – ich küsse ihnen 1000mal die hände
und meine schwester umarme ich von herzen und bin Ewig
dero
gehorsamste Sohn
Wolfgang Amadè Mozart
mp
DOM=
MUSICK=VEREIN
U.
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INTERNATIONALE
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1881
[S. 4]
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de Vienne.
À
Monsieur
Monsieur Leopold Mozart
maitre de la Chapelle de S: A: R:
l'archeveque de et à
Salzbourg.
N.o 13
INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881