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                                                                                           Wien den 24:ten Merz 1781
     Mon Trés Cher Pére!

Ich habe ihr schreiben vom 20:ten dieses richtigst erhalten, und daraus mit vergnügen
dero beÿderseitige glückliche Ankunft und gutes Wohlseÿn vernomen. – sie
müssen es meiner schlechten dinte und feder verdanken, wen sie diesen brief mehr
Buchstabieren als lesen könen. – Basta; geschrieben muß es doch seÿn – und
mein Herr federschneider |: hς: v: Lirzer, – :| hat mich dermalen angesetzt –
Ich kan ihnen diesen |: weil sie ihn vermuthlich selbst besser kenen werden :| nicht anders
beschreiben, als daß er – glaub ich ein Salzburger ist – und daß ich ihn mein lebetag
niemal als beÿm Robinig etwelchemal beÿ der sogenanten 11 uhr Musick gesehen
habe. – er hat mir aber gleich visite gemacht, und scheint mir ein sehr artiger,
und |: weil er mir meine federn geschnitten :| höflicher mensch zu seÿn – ich
halte ihn für einen Secretaire. – wer mich auch mit einem Besuche über=raschte
war der gilowsky der kahterl ihr Bruder – warum überraschte – weil ich
es ganz vergessen hatte daß dieser in Wien ist – was ein fremder ort einen
Menschen gleich bilden kan! – aus diesem wird gewis ein Rechtschafner braver
Mensch – sowohl in seinen Metièr als äusserlichen betragen. –
sie werden unterdessen die briefe vom kaÿser und fürst kaunitz erhalten
                                      Erzbischof                                                   Ehrgeiz
haben. – was sie mir vom lrzbfocusi schreiben, hat – was seinen lurglftz,
meine Person betreffend, kitzelt, in so weit seine Richtigkeit – allein
was nützt mich alles dieß? – – von diesem lebt man nicht; – glauben sie
nur sicher, daß er mir hier gleich einen lichtschirm ist – was giebt
                                    distinktion?
er mir den für dfotfnctfsn? – hς: v: kleinmaÿer, Beneckè haben mit
                                      Arco                Tafel                        distinktion
dem Erlauchten graf Mrcs eine extra=tmile; – das wäre dfotfnctfsn
                                Tafel wäre                                    Kammerdienern,
wen ich beÿ dieser tmile wm"rl – aber nicht beÿ den kmaalrdflnlrn die,
                                                  Tisch
ausser den Ersten Platz beÿm tfocu die lüster anzünden, die thür auf=
machen, und in vorzimer bleiben müssen, wen ich darin bin – und beÿ die
herrn köche. – und dan, wen wir wo hingerufen werden wo ein Concert
ist, so muß der hς: Angelbauer herauß Passen bis die hς: Salzburger kömen,
und sie dan durch einen lakaÿ weisen lassen, damit sie hinein därfen –
wie das der Brunetti so im discurs erzählte – so dachte ich, wartet nur bis ich einmal
kome; – als wir also lezthin zum fürst gallizin musten, sagte mir Brunetti,
nach seiner höflichen art; tu, bisogna che sei qui sta sera alle sette, per andare insieme
dal Prencipe gallizin. l'Angelbauer ci condurrà. – hò risposto: và bene –
ma – se in caso mai non fossi qui alle sette in punto: ci andate pure; non
serve aspettarmi – sò ben dovè stà, e ci verrò sicuro;
– Ich gieng also mit fleiß

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weil ich mich schäme mit ihnen wohin zu gehen, allein hin; – als ich hinauf kam stund
schon hς: Angelbauer da den hς: bedienten zu sagen, daß er mich hinein führen
sollte – ich gab aber weder auf den hς: leibkamerdiener noch hς: bedienten
acht, sondern gieng gerade die zimer durch in das Musick=zimer, den die
thürn warn alle offen. – und schnurgerade zum Prinzen hin und machte ihn
mein Compliment – wo ich dan stehen blieb, und imer mit ihm sprach; –
ich hatte ganz auf meine Ceccarelli und Brunetti vergessen, dan man sahe sie
nicht – die steckten ganz hinterm orchestre an die Mauer gelehnt, und traueten
sich keinen schritt hervor. – wen ein Cavalier oder dame mit dem Cecca=
relli
redet, so lacht er imer. – und redet so Jemand mit den Brunetti
so wird er roth, und giebt die trockenste antworten. – O, ich hätte viel
zu schreiben wen ich all die scenen die es schon dieweil ich hier bin und Ehe ich
                         Erzbischof
kam wegen dem lrzbfocusi und Ceccarelli und Brunetti gegeben hat,
beschreiben wollte. – mich wundert nur daß sich der – des brunetti
nicht schämt; ich schäme mich anstatt seiner. – und wie der kerl so ungern
hier ist – das ding ist ihm halt als zu Nobel – so am tisch – das
glaub ich sind seine vergnügtesten stunden – Heute hat der Prinz gallizin
den Ceccarelli zum Singen begehren lassen – das nächstemal wird es wohl
mich treffen – Ich gehe heute abends mit hς: v: kleinmaÿern zu einem
seiner guten freunde zum hofrath Braun, wo mir alle sagen daß er der
gröste liebhaber von clavier seÿe – beÿ der gräfin Thun habe schon
2 mal gespeist, und kome fast alle tage hin – das ist die charmanteste,
liebste Dame die ich in meinem leben gesehen; und ich gelte auch sehr viel
beÿ ihr – ihr herr ist noch der nemliche sonderbare – aber gutdenkende
rechtschafene Cavalier. – beÿm grafen Cobenzl habe auch gespeist, und das
                                    o
wegen der gräfin v: Rumbeck seine Muhme, die schwester vom Cobenzl in
der Pagerie, welche mit ihrem herrn in Salzburg war. –
                                                                                                          Kaiser
Nun ist meine Haupt=absicht hier daß ich mit schöner Manier zum kmÿolr
kome, den ich will absolument daß er mich kenen lernen soll. – Ich möchte
ihm mit lust meine opera durchpeitschen, und dan brav fugen spillen, den das
ist seine Sache. – O, hätte ich gewust, daß ich die fasten nach Wienmen würde,
hätte ich ein kleines oratorio geschrieben, und zu meinen vortheile im theater ge=
geben, wie es hier alles macht – ich hätte leicht vorher zu schreiben gehabt, weil ich
die stimen alle kene; – wie gerne gäb ich nicht ein öfentliches Concert wie es

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hier der Brauch ist, aber – es wird mir nicht erlaubt, das weis ich gewis, den,
stellen sie sich vor – sie wissen daß hier eine Societet ist, welche zum vortheile
der Witwen von den Musicis accademien giebt – alles was nur Musik
heist spiellt da umsonst – das orchestre ist 180 Personen stark – kein
virtuos der nur ein bischen liebe des Nächsten hat, schlägt es ab darin
zu spiellen, wen er von der Societet aus darum ersuchet wird – den, man
macht sich auch sowohl beÿm kaÿser als beÿm Publicum darum beliebt. –
starzer hatte den Auftrag mich darum zu bitten, und ich sagte es ihm gleich
zu, doch müste ich vorher meines fürsten Gutachten darüber vernehmen –
und ich hatte gar keinen zweifel weil es eine geistliche art, und unentgeldlich
nur um eines gutes Werk zu thun, ist; – er erlaubte es mir nicht; –
die ganze noblesse hier hat ihm dieses übel genomen. – mir ist es nur
wegen diesem leid; – ich hätte kein Concert, sondern |: weil der kaÿser in der
Proscen loge ist :| ganz allein |: die gräfin thun hätte mir ihr schönes steiner=
Pianforte darzu gegeben :| Preludirt, eine fuge – und dan die variationen
je suis lindor gespiellt. – wo ich noch das so öfentlich gemacht habe,
habe ich den grösten beÿfall erhalten – weil es so gut gegen einander
absticht, und weil Jeder – was hat; aber Pazienza; –
Fiala gilt nun 1000mal mehr beÿ mir daß er nicht unter einen
ducaten spiellt. – ist meine schwester noch nicht ersucht worden? –
sie wird Ja hoffentlich 2 begehren. – den mir wäre nicht lieb, wen wir
– die wir uns alle so von der ganzen hofmusick in allem unterscheiden –
nicht auch es in diesem falle thäten – den, wollen sie nicht, so sollen
sie es bleiben lassen – und wollen sie sie haben – so sollen sie im
gottes Namen zahlen. –
Ich werde diese täge zu Mad.me Rosa gehen, und sie werden gewis mit
ihrem feinen Ministre zufrieden seÿn – ich will die sache so fein an=
greifen, wie der weiser als man seiner frau ihrer Mutter die sterb=
glocke litt; –
hς: v: Zetti hat mir gleich anfangs angetragen meine briefe ihm zu
übergeben, er wird sie mit dem Paquet fortschicken. –
die 2 Quartetten brauch ich nicht, und die Baumgartische aria auch nicht.

                                                          Präsent vom Kurfürsten?
apropos; wie steht es den mit dem Prlolnt vsa Cuhr=ih"rotln – ist
             was        geschikt   worden?
schon wmo glocufckt wsrdln? – waren sie, bevor sie abgereiset sind,
beÿ dlr Bmhagmrtln? –
       der Baumgarten?

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Nun bitte ich allen guten freunden und freudin meine Empfehlung zu
machen, besonders der katherl – dem schachter, und fiala
hς: v. kleinmaÿer, zetti, ceccalli, Bruntti, Contoleur, 2 kamerdiener,
leitgeb, Ram welcher sontag abreist, empfehlen sich alle;
apropós; der Peter Vogt ist hier. – Nun leben sie recht wohl ich
küsse ihnen 1000mal die hände und meine schwester umarme ich von
herzen, und bin Ewig dero          |: Der Buffo Rossi ist auch hier.

                                                             gehorsamster Sohn
                                                       Wolfg: Amadè Mozart mp
Den 28:tn März: Ich bin mit dem briefe nicht fertig geworden, weil mich
hς: v: kleÿnmaÿer zum Concert beÿ Baron Braun in der kutsche abgehollet
                                                     Erzbischof      erlaubt hat
hat – mithin schreibe izt daß mir der lrzbfocusi lremhbt umt
                 witwenkoncert zu     spielen.
in den Wftwln Csnclrt zu opfleln. – den, starzer ist
                                     Gallizin
zur accademie beÿm Gmeefzfn gegangen, und er und
      ganze        Noblesse ihn     so gequält         er es erlaubt
die gmnzl Nsbelool haben fun os qhm"et, bis lr lo lremhbt
hat
umt. – bin ich so froh; – Ich habe dieweil ich hier bin 4 mal zu
hause gespeist; – es ist mir zu früh – und man isst gar zu schlecht. –
Nur wen es recht schlecht Wetter ist, dan bleib ich zu hause wie heute
par Exemple

schreiben sie mir doch was neues in
Salzburg passiert, den man hat
mich entsezlich darum gefragt, – die
herrn haben mehr begierde nach Salzburger
Neuekeiten als ich –
die Mara ist hier; – sie hat vergangen dienstag eine accademie
im Theater gegeben. – ihr Man hat sich nicht dürfen sehen lassen, sonst
hätte das orchestre nicht accompagnirt, weil er in die zeitungen gedruckt
hat, in ganz Wien seÿe kein Mensch im stande ihm zu accompagniren.
Adieu.
                                    Hr: v: Moll hat mir heute eine visite gemacht – ich werde
Morgen oder übermorgen auf ein frühstück zu ihm gehen, und die opera mitnehmen.
– er läst sich ihnen beÿderseits empfehlen – zum hς: v: Auerhamer und dessen
dicken frl. tochter werde so bald das Wetter besser ist, gehen – aus diesen
sehen sie, daß ich ihren lezten von 24:ten auch erhalten. der alte fürst Colloredo
|: beÿ dem wir Musick hatten :| hat Jedem von uns 5 duckaten gegeben – die
gräfin Rumbeck habe zur schüllerin – hς: v: Mesmer |: der Normalschul In=
spector
: :| samt seiner gnädigen frau und sohn, empfiehl sich. – seÿn sohn spiellt magni=
fique
– Nur, daß er aus Einbildung schon genug zu könen, faul ist – hat auch
viel genie zur Composition – ist aber zu träg sich damit abzugeben – das ist seinem
                     vatter nicht recht. Adieu.

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