[S. 1]


Munic ce 30
decembre
Mon trés cher Pére! 1780.
Glückseeliges Neues=Jahr! – verzeihen sie, wen ich ihnen dermalen sehr
wenig schreibe, – de
n, ich stecke nun über Hals und kopf in Arbeit – ich bin noch
nicht ganz fertig mit dem dritten Ackt – und habe alsda
n – weil kein
extra
Ballet, sondern nur ein zur
Opera gehöriges
Divertissement ist, auch die Ehre
die Musick dazu zu machen. – mir ist es aber sehr lieb, de
n so ist doch die Musick
von einem Meister. der dritte Ackt wird
wenigstens so gut ausfallen
als die Beÿden Ersten – ich glaube aber unendlichemal besser – und daß
man mit recht sagen kö
ne;
finis Coronat Opus. – der Churfürst war lezthin
beÿ der Probe so zufrieden, daß er wie ich ihnen letzhin geschrieben Morgens beÿm
Cercle meine
opera sehr gelobt – und da
n abends beÿ der
Cour wieder. –
und da
n weis ich es von einer sehr sichern Hand, daß er den neemlichen Abend
nach der Prob allen, Jederman der zu ihm geko
men ist, von meiner Musick geredet
hat, mit diesem aus=druck. –
ich war ganz surprenirt – noch hat mir keine
Musick den Effect gemacht; – das ist eine Magnifique Musick. – –
vorgestern haben wir eine
Recitativ Probe beÿ der Wendling gemacht – und
das
Quartett zusa
men Probirt – wir haben es 6 mal
Repetirt – izt geht
es endlich. – der Stein des Anstosses war der
Del Prato; – der Bub ka
n doch
gar nichts. – seine sti
me wäre nicht so übel, we
n er sie nicht in den hals und
in die Gurgel nehmete – übrigens hat er aber gar keine
Intonation –
keine Methode – keine Empfindung – sondern singt – wie etwa der beste
unter den Buben die sich hören lassen um in dem kapellhause aufgeno
men
zu werden –
Raaff hat sich mit vergnügen betrogen gefunden – und zweifelt
nun auch nicht an dem
Effect. – Nun bin ich wegen des
Raaffs lezter
aria in
einer verlegenheit woraus sie mir helfen müssen. – das
rinvigorir, und
ringiovenir ist dem
Raaff unverdaulich – und wegen diesen 2 Wörtern ist ihm
schon die ganze
aria verhasst. – es ist wahr das
Mostrami und
vienmi ist auch
nicht gut – aber das schlechteste sind schon die 2 Ends=Wörter – wo ich beÿ den
Ersten
rinvigorir um den triller auf dem i zu vermeiden ihn auf dem O machen
müsste. – Nun hat
Raaff ich glaub im
Natal di Giove welches freÿlich |: sehr wenig
beka
nt ist :| eine zu dieser lage Passende
aria gefunden. – ich glaube sie
ist die
Licenz aria davon; –
DOM=
MUSICK=VEREIN
U.
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INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 2]


Bell' Alme al Ciel dilette
Si Ah! respirate ormai,
già palpitaste assai
è tempo di Goder.
Creta non oda intorno
non vegga in si Bel Giorno
che accenti di Contento,
che oggetti di piacer.
und diese
aria soll ich ihm schreiben – man
kent sie nicht, sagt er, und
wir sagen nichts. – er weis halt daß es dem h
ς: Abate nicht zuzumuthen
ist, diese
aria zum drittenmale zu ändern – und wie
sie ist – will er sie –
doch nicht singen. – nun bitte ich um eine schleunige Antwort. –
Mittwoch hoffe ich antwort von ihnen. – und dort trift es mich Just
seine
aria zu schreiben. – Nun muß ich schliessen, de
n ich muß
über hals und kopf schreiben – komponirt ist schon alles – aber
geschrieben noch nicht – bitte meine Empfehlung an alle gute
freunde und freundin von mir zu machen, nebst meinem Neu=
Jahres=Wunsch – gestern habe die 15 fl: abgeno
men –
es wird mir nicht viel überbleiben – de
n es giebt doch hundert
kleinigkeiten die gleich ins geld laufen – und ich giebe gewis nichts
unöthiges aus – den schwarzen Rock zu wenden, ein Neütes un=
terfutter von tamis – in den braunen kleid den Ärmel zu
flicken, macht schon 7 fl: 24 kr: – also bittete ich schon wieder
um eine anweisung. es ist gut we
n man so was im vorath hat;
– man kann sich doch nicht ganz entblössen –
Adieu, ich küsse
ihnen 1000mal die hände und meine schwester umarme von ganzen
herzen und bin Ewig dero
gehorsamst Sohn
Wolfgang Amadè Mozart
mp
DOM=
MUSICK=VEREIN
U.
MOZARTEUM
INTERNATIONALE
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„MOZARTEUM”
1881
[S. 3]


Mein
Compliment an die liebe thresel – die magd die mich hier im hause
bedient, heist auch thresel – aber, Gott! – was für ein unterschied gegen
der linzer=thresl! – an schönheit, tugend, reitze – und tausend
anderen verdiensten! –
Sie werden schon wissen daß der gute
Castrat Marchesi –
marquesino di
Milano in Neapel ist vergiftet worden – aber wie! – er war in
eine Herzogin verliebt – und ihr rechter
amant war darüber
Jaloux
und schickte 3 oder 4 kerle zu ihm, und die liessen ihm die Wahl – ob
er aus diesem geschier trinken wolle, oder lieber Massakrirt seÿn wolle –
er wählte das erstere – weil er aber ein Welscher hasenfuß war,
so starb er
allein – und liess seine herrn Mörder in
Ruhe und frieden leben – ich hätte wenigstens |: – in meinem
zi
mer! :| ein paar mit mir in die andere Welt geno
men,
we
n es schon gestorben hätte seÿn müssen. – schäde für
einen so vortreflichen sänger! –
Adieu.
DOM=
MUSICK=VEREIN
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1881
[S. 4]


13
À
Monsieur
Monsieur Leopold Mozart
maitre de la Chapelle de S: A: R:
L'archeveque de et à
Salzbourg.
INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881