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                                              N. 13.
                                                                   Schwetzingς dς 19 Julii
                               Monsieur!                                                   1763

Da ich in Ludwigsburg schrieb; so getrauete ich mir nicht beÿzusetzς,
daß das Soldaten=wesen alda bis zur Ausschweifunge getriebς wird.
den, in der That, 12 bis 15000 Soldatς, die Täglich ganz unglaublich
nett gebuzt einhergehς, ja wegς dς von dς feinestς Leinwand gemacht haargleichς
Stiflettς und Hosen kaum gehς könnς, sind zum Ernste zu wenige und zum
Spaß zu kostbar, folglich zu viel.     den 12 haben wir endlich um 8 Uhr
morgens die uns schon um 4 uhr frühe versprochne Postpferd bekomς und
sind über Entzweiungς |: einem ganz lutherischς miserablς ort :| abends in
Bruchsal angelangt. wir habς auf dieser tag=reise angenehme Gegendς
und viel vergnügς wegς eines guten freundes, der von Augspς: aus uns
ungesehn nachkam, gehabt. die Residenz in Bruchsal ist sehenswürdig.
die Zimer sind vom allerbesten Geschmackt; nicht viele Zimer, aber so edl,
unbeschreiblich reitzend und kostbar, daß man nichts angenehmeres sehς kan.
von da sind wir nicht nach Manheim; sondern schnurgerad nach Schwezingς gegangς,
wo der Hof im Somer ist. Ausser der Reccomendation die ich von Wien an den
Music=Intendant Baron Eberstein in handς hatte, warς wir schon durch den
Prinzς v Zweÿbrückς alda angesagt, und dς Prinz Clemens von Baÿern
schickte uns noch ein eigenhändig Reccomendationsschreibς an die
Churfürstin von Manheim zu den 3 Mohrς nach augspurg nach.
Gestern ward eigens Accademie wegς uns anbefohlς. Dieß ist erst die zweyte
Accademie die seit dem May hier ist gehaltς wordς. Sie dauerte von 5 uhr
Abends bis nachts 9 uhr. Ich hatte das Vergnügς nebst guten
Sänger und Sängerinς einς bewunderungswürdigς Flutotraversistς Mr: Wendling

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zu hören, und das Orchester ist ohne widςspruch das beste in
Teutschland, und lauter Junge Leute, und durch aus Leute von
guter Lebensart, wedς Säuffer, wedς spieler, wedς liederliche Lumpς;
so, daß so wohl ihre Conduite als ihre production hochzuschätzς ist.
Meine Kindς haben ganz Schwetzingς in Bewegung gesetzet: und
die Churfς: Herrschaftς hatten ein unbeschreiblich Vergnügς, und alles
geriet in Verwunderung. So bald wir hier weg komς, gehς wir
nach Frankfurt. Wen sie mir demnach schreibς, so schreibς sie
mir nach Franckfurt. abzugeben beÿ hς: Johan Georg
Wahler auf dem Römerberg
. – – Nun hoffe ich, daß Sie wer=
thester freund sowohl als dero liebste Frau Gemahlin und samtl:
angehörigς im besten wohlseÿn sich befindς werdς: gleichwie wir alle,
Gott Lob und Dank, noch keine viertelstund krank warς.
wir sagen viellmahl: Nun soll uns die frau Hagenauerin sehen.
in gewissen Umständς nämlich, wo wir ganz besondere Landsübliche
Sachς mitmachς müssς, die von den unsern sehr unterschiedς sind, und
wie viele merkwürdige ja ganz sondςbare sachς sehς wir, die wir ihr auch zu
sehς wünschten. wir sind nun wirklich imer in ortς, wo 4
Religionen sind. nämlich Catholisch, Lutherisch, Calvinisch, und
Juden. Schwetzingς ist ausser dς Menge dς hofleute meist
Calvinisch; Es ist nur ein Dorf, hat 3 Kirchς, eine
Catholische, lutherische, und Calvinische: und so ist es durch
die ganze Pfalz. Merkwürdig ist;
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daß wir von Wasserburg aus bis itzt kein Weichbrun=
krügl nimer in unserm zimer hattς. den wen die Örter
gleich Catholisch sind, so bleibς derleÿ sachς doch schon weg, weil
viele Lutherische fremde auch durchreisς. und folglich sind
die zimer schon so eingericht, daß alle Religionς darin
wohnς könς. Man sieht auch in den schlafgemächern selten
etwas anders als ein paar Landschaftς odς das Portrait eines
altς Kaÿsers p: gar seltς ein Crucifix. die fastenspeisς
bekomt man sehr hart. sie machς solche auch sehr schlecht, den
alles frist fleisch; und wer weis was sie uns gegebς habς. Basta!
wir habς keine schuld! unser Gastgeb hier ein Calvinist. 
                      gut, daß es nicht lange dauert. 
                      Nun muß ich schlüssς, es ist zeit 
                      in die Französς: Comoedie, die sondςheitl: 
                      wegς der Ballets und Music unverbesserlich 
                      ist. ich hoffe in Franckfort etwas von 
                      ihnς zu lesς. Lebς sie alle wohl und gesund,
an alles Links, rechts, hintς und vorn meine Empfς: Specialiter
an tς: gdς hς: Beichtvatter, Madame de Robini p: u bin der alte

                                                                        Mozart mp.

In dem band dς von dς Madame Haffnerin v Nurnberg übermachtς
Musikς: sind 6 Stückς: oeuvrés melées. öffnς sie es, und geben sie
eines davon dem hς: Adlgasser nebst meinem Compliment.
Meine Frau und Kindς empfς: sich insbesonders dero ganzem Hause,
Madame v Wohlhaupt et Madmslle v Schnürer p:

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P: S: beÿ Geisslingς, Göppingς und um selbe gegend sahen wir alles getreid
vom schauer in bodς geschlagς. zwischς dem 13 und 14 hatten wir in bruchsal
ein solches erstaunliches donerwetter, daß ich mich dςgleichς keines in meinem Lebς
erinere. Meine Kindς hörtς es zum glück nicht, obwohl es nach mitternacht
anfieng, und morgens um 3 uhr am allerheftigstς war; sie schlieffς so gut.
das Wetterleuchtς war ohnausgesetzt, dan schlag auf schlag und dieß die ganze Nacht
durch: das, was mir am meistς im Kopf lag, warς die Häuser, wo man nichts
als Holz sieht, und man beÿ feuersgefahr, nur geschwinde zum fenster hinausspringς muß.
ehe wir nach Constatt kamς fuhrς wir beÿ einem in flamς anoch stehendς Hause vorbeÿ,
so vom Doner entzindet ward. sonst hat uns auf dem weeg, Gott Lob, niemals ein
donerwetter erwischt. Übrigens muß ich noch unserm Salzburger=Land zum trost
                                                                         sagς, daß auch in allς diesen
                                                                         Gegendς, so bald es geregnet hatte,
                                                                         auch eine ungewöhnliche kälte zu
                                                                         spierς ware.

Mit dem Geld ist es ganz zum erstaunς übl. schon in bruchsall
nimt man die baÿrς: thaler nicht anders als für 2 f 24 X. die 25:ger
für 24 X pp: dς duggatς gilt nur 5 f, die baÿrς: 12er will man
kaum für 10 Xr habς. da doch in augspς: der duccatς für 5 f 20 bis
24 Xr kan ausgebracht werdς. hς: Provino hat sich sondςlich distinguirt und
hat mir an verschiedene Örter die schönstς Credit brief ohngebettς mitgegebς. so daß ich
so wohl von hς: Calligari als von ihm mit allem, was nötig ist, versehς bin.

Herrn
Herrn Johann Lorenz
Hagenauer Handels=
herrn
in
Salzburg

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