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                                                                                        Munic ce 1 decembre
       Mon trés chér Pére!                                                                    1780.

Die Probe ist ausserordentlich gut ausgefallen; – es waren nur in allem
6 violin, aber die gehörigen Blaßinstrumenten – von zuhörern wurde
niemand zugelassen, als die schwester vom Seeau und der Junge Graf
Sensheim. – heute acht tage wollen wir eine zweÿte machen. da
werden wir zum Ersten Ackt |: welcher unterdessen dopliret wird :| 12 Geiger
haben, und dan wird der 2te: |: wie das vorige mal der Erste :| mit=
probirt werden. – Ich kan ihnen nicht sagen wie alles voll freüde und
Erstaunen war. – ich vermuthete es aber nicht anders; den ich versichere
sie, ich gieng mit so ruhigem Herzen zu dieser Probe, als wen ich wo auf
eine collazion hin gienge. – graf sensheim sagte zu mir; – ich ver=
sichere sie daß ich mir sehr viel von ihnen erwartet habe – aber das hab
ich wahrlich nicht erwartet
. – das Canabichische hauß, und alle die, die
es frequentiren, sind doch wahre freünde von mir; – als ich nach der
Probe mit Canabich |: den wir hatten noch vieles mit den Grafen zu
sprechen :| zu ihm nach hauß kam, kam mir schon Mad:me Canabich
entgegen, und umarmte mich voll vergnügen daß die Probe so gut
ausgefallen. den, Ram und Lang kamen wie Närrisch nach hauß; –
die gute frau, die Wahre freündin von mir – hatte unterdessen, da
sie mit ihrer kranken Rose allein zu hause war, tausend Sorgen wegen
meiner. – Ram sagte mir – den, wen sie diesen kenen, werden sie
sagen, das ist ein Wahrer teütscher; – der sagt ihnen so alles ins
gesicht, wie er sich es denkt; – das kan ich ihnen wohl gestehen, sagte er,
daß mir noch keine Musique solche impression gemacht hat – und
ich versichere sie, daß ich wohl 50 mahl auf ihrem hς: vatter gedacht habe,
was dieser Man für freüde haben muß, wen er diese opera hört.

Nun genug davon; – Mein Carthar ist beÿ dieser Probe etwas – ärger
worden. – man erhitzt sich halt doch, wen Ehr und Ruhm im spielle sind,

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man mag anfangs noch so kaltblütig seÿn. – Ich hab alles gebraucht
was sie mir vorgeschrieben – langsam geht es halt, und das ist mir aber
itzt erst recht ungelegen – den, das schreiben macht dem Carthar kein
Ende – und geschrieben muß es doch seÿn. – heüte hab ich angefangen
feigelsaft, und ein wenig Mandlöhl zu nehmen, und da spühre ich schon
linderung. – und bin wieder 2 täge zu hause geblieben.
Gestern vormittag war wieder M:r Raaff beÿ mir, um die Aria im
zweÿten ackt zu hören. – der Man ist so in seine Aria verliebt,
als es nur imer ein Junger feüriger Man in seine schöne seÿn kan.
den Nachts, ehe er einschläft, und Morgens, da er erwacht, singt er sie;
er hat |: ich wusste es von einer sichern hand :| und nun weis ich es von ihm
selbst, zu hς: v: vierreck :| obrist=stallmeister, und hς: v: Castel – gesagt;
Ich war sonst imer gewohnt mir in die Rollen zu helfen, so wohl in die
Recitativ als arien – da ist aber alles geblieben, wie es war, ich wüste
keine Note, die mir nicht anständig wäre
 Etc. Enfin – er ist zufrieden
wie ein könig. – die eingeschickte aria wünschte er wohl mit mir ein
wenig verändert zu haben. – das era ist ihm auch nicht recht. – und
dan – möchten wir hier eine Ruhige – zufriedene – aria haben – wen
es auch nur ein theil wäre – desto besser; – den zweÿten muß man
so allzeit in die Mitte nehmen. und der geht mir öfters im weege
um. im Achile in Sciro ist so eine aria auf diese Art.
                      Or che mio figlio Sei,
                      sfido il destin nemico
                        sento degl' ani miei
                          il Peso à legierir.


unterdessen wird hς: Sieger beÿ ihnen gewesen seÿn, und einen
brief von mir überbracht haben? – die Sordinen bitte ich bald
zu überschicken für die horns und trompetten.
Meiner schwester danke ich vielmal für die überschickte lista der

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Comœdien – mit der Comœdie. Rache für Rache ists doch sonderbar.
hier wurde sie schon öfters mit vielem beÿfall gegeben. erst letzthin
auch – ich war aber nicht darin. –
frl: therese von Barisani Empfehle mich Ergebenst – wen ich einen
brudern hätte, so wollte ich ihn gebeten haben, ihr in tiefester
Demuth die hände zu küssen – da ich aber eine schwester habe,
ist es noch viel besser; die bitte ich also, sie recht freündschaftlich
in meinem Namen zu Embrassiren. – fr: Babette v: Mölk
bitte meine Empfehlung zu machen, und, da sie von meinen vielen
geschäften dermalen überzeugt ist, wird sie mir schon verzeihen, daß
ich meinem versprechen gemäß, ihr noch nicht geschriebn.
ich gratuliere ihr von herzen zu ihren Namenstag.
Nun adieu. ich küsse ihnen 1000mal die hände
und meine schwester umarme ich von herzen und
bi[n] Ewig dero


P: S: bitte um die art den
Sago zuzurichten – für einen
guten freünd.
                                                                          gehorsamster Sohn
1000 Compliment von allen – allen. –             Wolfgang Amadè Mozart mp
aprópos; schreiben sie doch einmal dem Canabich,
er verdient es, und es wird ihn ungemein erfreuen – was ist es den
wen er auch nicht antwortet! – er meint es nicht so, als er heraus kömt.
     er macht es allen so, man muß ihn kenen.

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À
Monsieur
Monsieur Leopold Mozart
maitre de la Chapelle de
S: A: R: l'Archeveque de et à
Salzbourg.

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