[S. 1]


63
Salzburg dς 1
octobς: 1778
Ich bin mit
Mr: Grim sehr übl zufrieden, daß er deine Abreise von Paris so gar
erstaunlich betrieben. Ich erhielt seinς
Brief vom 11tς den 29
tς Septς: wo er eine Nachricht
giebt, daß du den 26
Septς:
par les Carosses de Strasbourg abreisen wirst, da ich dir
doch eine antwort geschriebς die den 3
tς octbς: erst einlauffς wird. er sagt du werdest
10 täge
auf der Reise seÿn und den 5 odς 6
octobς in Strasburg eintreffς; – da ich nun nicht wissς
konnte, ob mein Schreibς vom 17
Septς: welches vor dem Tag deiner Abreise, nämlich vor
dem 26
tς schwerlich, ja vielleicht, ebς diesς nä
mlichς Tag erst ein lauffς wird: in diesem
aber die
addresse an den h
ς: Johan Georg Scherz in Strasbς: beÿgeschlossς ist, wo du
dich für den
nötigen Beÿstand und
für das bis Augspς: nötige Geld zu meldς hast;
so war ich sehr besorgt und muste gleich bedacht seÿn mit der heutigς Post an dich
zu schreibς, damit du versorgt wirst, und nicht mit Unköstς sitzς bleibς und dich
ohne Noth verzehrς must. zum Glück schrieb mir
M: grim, daß er dich an die
Herrn Gebrüder Frank alda
addressiert hätte. da nun auch diese
Correspondenten
vom hiesigς
Sigmund Hafnerischς Hause sind, und dieses auch eines der ansehnlichstς
Häuser in Strasburg ist, als konnte ich für Deine Sicherheit nichts bessers thun,
als augenblicklich an diese h
ς: Gebrüdς Frank schreibς, und dein Schreibς einschlüssς, damit
du dich beÿ h
ς: Johan Georg Scherz wegen dem Hafnerischς schon lange vorausgegangnς
Recomendatios und
Credits=schreibς meldς kannst. So glaube ich aller Unordnung
vorgebogς zu habς. In dem Briefe den ich dir den 24
tς Septς: schrieb, und der, we
n
du den 26 abgereiset bist, dich nicht mehr in Paris antrift, dir aber vermuthlich
wird nachgeschickt werdς, und wegς welchem, we
n du eher von Strasburg abreisen solltest,
du eine
addresse zurück lassς must
zum Exempl: Beÿ
hς: Franz Aloysi Mozart
Buchbindς in Augspς: abzugebς, odς auch im Kloster beÿm heil: kreuz, obwohl die erstere
addresse an meinς Bruder mir sicherer scheint, und welche
addressen so wohl beÿ den h
ς: Gebrüdςn
Frank als beÿ
hς: Scherz muß gelassς werdς: – In diesem meinem letztς Briefe nun
hab ich dir unter andern geschriebς, daß dein Gedanke nach Manhei
m zu reisen ohne=
hin wegfällt, weil die
Mdss:le Weber nicht nur wegς der den
4 Novembς: in Münchς aufzu=
führendς
opera Rosamund, sondς darum schon längst in Münchς seÿn wird, odς schon
itzt, da du dieses liesest da ist, weil sie graf
Seeau mit 600 f gehalt zum deutschς
Theater
engagiert hat und also dein Wunsch erfüllt ist und die weberische
Familie
mit den 400 f des Vatters 1000 f jährlich hat. Es würde mir gar nicht lieb seÿn,
we
n du mir den Verdruß machtest meine Schuldς durch eine närrische Reise zu vermehrς,
INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 2]


ja es würde der du
mste Streich seÿn; da du nach einem Aufenthalt in Augsp
ς: beÿm
heil. Kreutz ohnehin so späth nach Münchς ko
mst, daß alles längst von Manheim dort
angelangt ist. dem vernehmς nach wird im
Carnovale in Münchς eine italiänische
opera und zwar
Alceste |: vermuthlich vom Gluk :| aufgeführt werdς, ob es
wahr ist, weis ich nicht,
Becke hat mir noch nichts davon geschriebς. – Nun ko
me ich
auf deine Reise. Ich weis in der That nicht ob der Postwagς über
Donauöschingς
nach Augsp
ς: gehet, odς über
Stuttgard.
Mr. Grim schreibt, über
Stuttgard und
h
ς: Bullinger sagt es auch, und zwar als gewiß. da ich sehr zweifle, ob du in
donauöschingς beym Fürst von Fürstenberg etwas gewi
nς würdest, da seine
œconomie einge=
schrenkt wordς und er den
Sequester hat, so könntest du freilich über
Rastat,
baden
durlach odς
Carlsruhe nach Stuttgard gehς. alle diese erst benanntς Örter gehörς itzt,
so viel ich weis odς glaube, nur einem Herrn, da die Margrafς von Badς bis auf
einς
einzigς ausgestorbς sind, der Lutherisch seÿn wird und wo der gewisse
Schmidbauer
glaublich Capellmeister ist. an welchem dieser orte er aber
residiert, ist mir un=
beka
nt; sie sind aber alle von Strasburg nicht weit entfernt. von Stuttgard
ist es nicht weit nach
Dischingen, wo der Fürst Taxis seÿn wird; welches, ob
er da ist, odς nicht, am Stuttgardς Hofe bekannt seÿn wird. Von
Dischingen
könntest du nach
Kaysersheim einem grossen und sehr ansehnlichς Prelatςkloster
fahrς, und von da zum Bischof von Eÿchstett, welcher ein graf
Strasoldo ist,
und welcher durch vorschueb unseres seel: Erzbischof
Schrattenbach Fürst in
Eychstätt gewordς ist, da dς Erzbischof sich selbst zur Wahl nach Eychstätt verfiegt
hatte, der Eychstätter Fürst aber nachgehends zu Salzb
ς: war, da wir uns in
Wie
n befandς; und der Erzb
ς: so böse war, daß wir nicht da warς.
da
n geht es von Eychstätt nach Augspurg. dς Umweg ist nicht groß, und
wäre
ich beÿ dir, so sollten mir die Reise
Spesen |:
wenigst :| gut bezahlt seÿn;
ja ich wollte noch vielleicht überschuß an Geld halbς und die Reise sollte mich nichts kostς:
allein, ob du zu so etwas aufgelegt bist, – das weis ich nicht: – daß aber weis ich,
daß man seine Gedankς ganz beÿ dieser Sache, da mans unterni
mt, alleine habς muß;
daß man einς
sichern Rosslöhner von einem Orte zum andς habς,
und auch einς gutς freund aller Ort habς muß um daß fuhrlohn zu behandln. –
daß man genau die Entfernung der örter wissς muß, um beÿ diesen kurzen
tägen nicht gefahr zu lauffς in die Nacht hineinfahrς zu müssς; – daß man
sich wegen sicherheit der Strassς erkundigς muß, da itzt wegen der Preusischς
desertion
INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 3]


viele Missiggänger im Röm
ς: Reich herumschwermς werden, die sich aufs Raubς und stehlς
legen, da dem König in Preussς viele 1000
M schon durchgegangς sind, und
daß man sich
nicht länger an einem Ort aufhalte,
als es höchst nothwendig ist, sonderheitlich, we
n
die
Sache vorbeÿ ist, odς – we
n man sieht,
daß nichts zu thun ist. Ich weis auch nicht, ob –
und was du von Musikaliς beÿ dir hast. Es ko
mt vieles darauf an. wegς allem dem
obigen werden dir die h
ς: Gebrüder Frank, und h
ς: Joha
n georg Scherz nähere Auskunft
zu geben, und zu rathς wissς. das
Baden durlachische ist einmahl gewiß nicht weit von
Strasburg.
Stuttgard, odς auch
Ludwigsburg, wo etwa der Herzog von Würtemberg
seÿn wird ist nahe am badischen. der Herzog ist ein bekannter erstaunlicher
Liebhaber dς Musik und hat eine grosse
Musikschule von jungς Leutς errichtet, die
selbst der Kayser in Augenschein genomς hat, und die verdient gesehς zu werdς. da sollst
du alles
Menschenmögliche Anwendς mit S:r Durchl: dem Herzog sprechς zu könς. Die H
ςς: Frank
sollst du bittς dich dahin
zu reccomandierς und auch h
ς: Scherz. von
Stuttgard ist es
nicht weiter nach
Dischingen zum Fürst Taxis als
etwa 11 Meil, das wäre so weit als von Salzb
ς:
bis über Wasserburg hinaus. vom
Studgarder Hof
kannst du, vielleicht
vom Herzog selbst, an dς Fürst
Taxis eine
recomandation erhaltς. Briefe muß man
suchen. von
Dischingen ist es eine Spazierfarth auf
Kaysersheim und
Eychstä[tt]
Eychstätt sind nur
12 Stund auf Augspurg. aber nur i
mer um sichere Ross=
lehner gesorgt, odς mit einem Postwagς, wo mehr leute sind. Ist in Strasburg durch
ein
Concert nichts zu machς, odς sonst nicht geschwind etwas zu verdienς, so trachte weiter
und verzehre Geld und zeit nicht umsonst. h
ς: Scherz soll dir so viel Geld gebς, als er glaubt,
daß du nothwendig hast, da
n NB in Augspurg wirst du beÿ meinem Brudς schon Geld
findς, da ihm schreibς werde. Solltest du nach
Rastatt ko
mς, so soll dort ein alter
Musikus seÿn, der eine Pension hat, und des
Hautboistς, den wir aufgeno
mς h
ς: Feiners
Vatter ist: Nun weis dir nichts mehr zu schreibς, als die Gefahr in welcher das Lodronische
Hauß ist ihrς
Majoratherrn den Graf Sigmund |: Sigerl :| durch eine i
nerliche
inflamation
zu verlierς: heute hat man ihm die heil:
Sacramenta gegebς. da man noch nicht weis ob es
von seinem unordentlichς Erhitzungς und Lebensarth, odς von zweÿ Pferdstürzungς herko
mt,
so ist man zwischς furcht und Hofnung – aber i
mer in mehr furcht! ich hoffe von Strasburg
berichtet zu werdς,
was Du für einς Weeg nimst, um meine Anstaltς darnach zu machς,
wünsche dir eine glückl Reise um die ich, die Na
nerl
u h
ς: Bullinger Gott bittς,
und bin dein dich erwartender redlicher Vatter
Mozart mp
Ich und die Na
nerl küssς dich Millionmahl.
INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 4]


À Monsieur
Monsieur Wolfgang Amadé Mozart
Maître de Musique
à
Strasbourg
Nro. 589.
INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881