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                                   Salzburg dς 1 octobς: 1778

Ich bin mit Mr: Grim sehr übl zufrieden, daß er deine Abreise von Paris so gar
erstaunlich betrieben. Ich erhielt seinς Brief vom 11 den 29 Septς: wo er eine Nachricht
giebt, daß du den 26 Septς: par les Carosses de Strasbourg abreisen wirst, da ich dir
doch eine antwort geschriebς die den 3 octbς: erst einlauffς wird. er sagt du werdest 10 täge
auf der Reise seÿn und den 5 odς 6 octobς in Strasburg eintreffς; – da ich nun nicht wissς
konnte, ob mein Schreibς vom 17 Septς: welches vor dem Tag deiner Abreise, nämlich vor
dem 26 schwerlich, ja vielleicht, ebς diesς nämlichς Tag erst ein lauffς wird: in diesem
aber die addresse an den hς: Johan Georg Scherz in Strasbς: beÿgeschlossς ist, wo du
dich für den nötigen Beÿstand und für das bis Augspς: nötige Geld zu meldς hast;
so war ich sehr besorgt und muste gleich bedacht seÿn mit der heutigς Post an dich
zu schreibς, damit du versorgt wirst, und nicht mit Unköstς sitzς bleibς und dich
ohne Noth verzehrς must. zum Glück schrieb mir M: grim, daß er dich an die
Herrn Gebrüder Frank alda addressiert hätte. da nun auch diese Correspondenten
vom hiesigς Sigmund Hafnerischς Hause sind, und dieses auch eines der ansehnlichstς
Häuser in Strasburg ist, als konnte ich für Deine Sicherheit nichts bessers thun,
als augenblicklich an diese hς: Gebrüdς Frank schreibς, und dein Schreibς einschlüssς, damit
du dich beÿ hς: Johan Georg Scherz wegen dem Hafnerischς schon lange vorausgegangnς
Recomendatios und Credits=schreibς meldς kannst. So glaube ich aller Unordnung
vorgebogς zu habς. In dem Briefe den ich dir den 24 Septς: schrieb, und der, wen
du den 26 abgereiset bist, dich nicht mehr in Paris antrift, dir aber vermuthlich
wird nachgeschickt werdς, und wegς welchem, wen du eher von Strasburg abreisen solltest,
du eine addresse zurück lassς must zum Exempl: Beÿ hς: Franz Aloysi Mozart
Buchbindς in Augspς: abzugebς,
odς auch im Kloster beÿm heil: kreuz, obwohl die erstere
addresse an meinς Bruder mir sicherer scheint, und welche addressen so wohl beÿ den hς: Gebrüdςn
Frank
als beÿ hς: Scherz muß gelassς werdς: – In diesem meinem letztς Briefe nun
hab ich dir unter andern geschriebς, daß dein Gedanke nach Manheim zu reisen ohne=
hin wegfällt, weil die Mdss:le Weber nicht nur wegς der den 4 Novembς: in Münchς aufzu=
führendς opera Rosamund, sondς darum schon längst in Münchς seÿn wird, odς schon
itzt, da du dieses liesest da ist, weil sie graf Seeau mit 600 f gehalt zum deutschς
Theater engagiert hat und also dein Wunsch erfüllt ist und die weberische Familie
mit den 400 f des Vatters 1000 f jährlich hat. Es würde mir gar nicht lieb seÿn,
wen du mir den Verdruß machtest meine Schuldς durch eine närrische Reise zu vermehrς,

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ja es würde der dumste Streich seÿn; da du nach einem Aufenthalt in Augspς: beÿm
heil. Kreutz ohnehin so späth nach Münchς komst, daß alles längst von Manheim dort
angelangt ist. dem vernehmς nach wird im Carnovale in Münchς eine italiänische
opera und zwar Alceste |: vermuthlich vom Gluk :| aufgeführt werdς, ob es
wahr ist, weis ich nicht, Becke hat mir noch nichts davon geschriebς. – Nun kome ich
auf deine Reise. Ich weis in der That nicht ob der Postwagς über Donauöschingς
nach Augspς: gehet, odς über Stuttgard. Mr. Grim schreibt, über Stuttgard und
hς: Bullinger sagt es auch, und zwar als gewiß. da ich sehr zweifle, ob du in
donauöschingς beym Fürst von Fürstenberg etwas gewinς würdest, da seine œconomie einge=
schrenkt wordς und er den Sequester hat, so könntest du freilich über Rastat, baden
durlach
odς Carlsruhe nach Stuttgard gehς. alle diese erst benanntς Örter gehörς itzt,
so viel ich weis odς glaube, nur einem Herrn, da die Margrafς von Badς bis auf einς
einzigς
ausgestorbς sind, der Lutherisch seÿn wird und wo der gewisse Schmidbauer
glaublich Capellmeister ist. an welchem dieser orte er aber residiert, ist mir un=
bekant; sie sind aber alle von Strasburg nicht weit entfernt. von Stuttgard
ist es nicht weit nach Dischingen, wo der Fürst Taxis seÿn wird; welches, ob
er da ist, odς nicht, am Stuttgardς Hofe bekannt seÿn wird. Von Dischingen
könntest du nach Kaysersheim einem grossen und sehr ansehnlichς Prelatςkloster
fahrς, und von da zum Bischof von Eÿchstett, welcher ein graf Strasoldo ist,
und welcher durch vorschueb unseres seel: Erzbischof Schrattenbach Fürst in
Eychstätt gewordς ist, da dς Erzbischof sich selbst zur Wahl nach Eychstätt verfiegt
hatte, der Eychstätter Fürst aber nachgehends zu Salzbς: war, da wir uns in
Wien befandς; und der Erzbς: so böse war, daß wir nicht da warς.
dan geht es von Eychstätt nach Augspurg. dς Umweg ist nicht groß, und wäre
ich beÿ dir
, so sollten mir die Reise Spesen |: wenigst :| gut bezahlt seÿn;
ja ich wollte noch vielleicht überschuß an Geld halbς und die Reise sollte mich nichts kostς:
allein, ob du zu so etwas aufgelegt bist, – das weis ich nicht: – daß aber weis ich,
daß man seine Gedankς ganz beÿ dieser Sache, da mans unternimt, alleine habς muß;
daß man einς sichern Rosslöhner von einem Orte zum andς habς,
und auch einς gutς freund aller Ort habς muß um daß fuhrlohn zu behandln. –
daß man genau die Entfernung der örter wissς muß, um beÿ diesen kurzen
tägen nicht gefahr zu lauffς in die Nacht hineinfahrς zu müssς; – daß man
sich wegen sicherheit der Strassς erkundigς muß, da itzt wegen der Preusischς desertion

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viele Missiggänger im Römς: Reich herumschwermς werden, die sich aufs Raubς und stehlς
legen, da dem König in Preussς viele 1000 M schon durchgegangς sind, und daß man sich
nicht länger an einem Ort aufhalte
, als es höchst nothwendig ist, sonderheitlich, wen
die Sache vorbeÿ ist, odς – wen man sieht, daß nichts zu thun ist. Ich weis auch nicht, ob –
und was du von Musikaliς beÿ dir hast. Es komt vieles darauf an. wegς allem dem
obigen werden dir die hς: Gebrüder Frank, und hς: Johan georg Scherz nähere Auskunft
zu geben, und zu rathς wissς. das Baden durlachische ist einmahl gewiß nicht weit von
Strasburg. Stuttgard, odς auch Ludwigsburg, wo etwa der Herzog von Würtemberg
seÿn wird ist nahe am badischen. der Herzog ist ein bekannter erstaunlicher
Liebhaber dς Musik und hat eine grosse Musikschule von jungς Leutς errichtet, die
selbst der Kayser in Augenschein genomς hat, und die verdient gesehς zu werdς. da sollst
du alles Menschenmögliche Anwendς mit S:r Durchl: dem Herzog sprechς zu könς. Die Hςς: Frank
sollst du bittς dich dahin zu reccomandierς und auch hς: Scherz. von Stuttgard ist es
                             nicht weiter nach Dischingen zum Fürst Taxis als
                             etwa 11 Meil, das wäre so weit als von Salzbς:
                             bis über Wasserburg hinaus. vom Studgarder Hof
                             kannst du, vielleicht vom Herzog selbst, an dς Fürst
                             Taxis eine recomandation erhaltς. Briefe muß man
                    suchen. von Dischingen ist es eine Spazierfarth auf Kaysersheim und Eychstä[tt]
            Eychstätt sind nur 12 Stund auf Augspurg. aber nur imer um sichere Ross=
lehner gesorgt, odς mit einem Postwagς, wo mehr leute sind. Ist in Strasburg durch
ein Concert nichts zu machς, odς sonst nicht geschwind etwas zu verdienς, so trachte weiter
und verzehre Geld und zeit nicht umsonst. hς: Scherz soll dir so viel Geld gebς, als er glaubt,
daß du nothwendig hast, dan NB in Augspurg wirst du beÿ meinem Brudς schon Geld
findς, da ihm schreibς werde. Solltest du nach Rastatt komς, so soll dort ein alter
Musikus seÿn, der eine Pension hat, und des Hautboistς, den wir aufgenomς hς: Feiners
Vatter ist: Nun weis dir nichts mehr zu schreibς, als die Gefahr in welcher das Lodronische
Hauß ist ihrς Majoratherrn den Graf Sigmund |: Sigerl :| durch eine inerliche inflamation
zu verlierς: heute hat man ihm die heil: Sacramenta gegebς. da man noch nicht weis ob es
von seinem unordentlichς Erhitzungς und Lebensarth, odς von zweÿ Pferdstürzungς herkomt,
so ist man zwischς furcht und Hofnung – aber imer in mehr furcht! ich hoffe von Strasburg
berichtet zu werdς, was Du für einς Weeg nimst, um meine Anstaltς darnach zu machς,
wünsche dir eine glückl Reise um die ich, die Nanerl u hς: Bullinger Gott bittς,
und bin dein dich erwartender redlicher Vatter       Mozart mp
Ich und die Nanerl küssς dich Millionmahl.

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À Monsieur
Monsieur Wolfgang Amadé Mozart
Maître de Musique
à
Strasbourg

Nro. 589.

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