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Mein lieber Sohn!
                       60
                                Salzbς: dς 10 Septς:
78.

Meine Angst die ich hatte, ein ganzes Monat von dir keinς Brief zu sehς, ist
unbeschreiblich, den 11 augς: erhielte deine 2 Brief, und heut den 10 Septς:
komt dieser von St: germain. du wirst also in Paris 4 Brief von mir
gefundς haben. Nur eine Sache bitte ich dich – überlese und überlege meine
Briefe, und meinς Plan wohl, bedächtlich und ohne alle Nebenabsichtς, so wirst
du findς, daß er dich mehr zu deinς Absichtς führt, als wen du mit Gesund=
heits und – vielleicht Lebensgefahr, in Paris hinsitzest und beÿ dem ab=
scheulichen französischς gusto mit Herumlauffς, sich demütigς, Complimentς
machς in hundert sorgς und im Schweis des angesichts müheseelig
auf gerathe wohl leben und für ieden tag sorgς must; da du
im Gegentheil hier in Ruhe zu tische gehς, dich ruhig zu bette legς, und
ruhig – sorgenlos aufstehς kannst, – wo man für dich sorget, wo wir
monatlich so viel Geld sicher einehmς, daß wir uns herrlich aufführς,
und doch alle Jahre über 300 f beÿseits legς und ersparς könnς. wo du
endlich deinem Vatter |: der dich ohnaussprechlich liebt – und den du doch
auch noch liebst :| wo du, deinem betrübtς Vatter, durch deine Gegen=
wart, wiedς das lebς giebst. Bleibst du in Paris? – so sind alle
deine Hofnungς nach Münchς vergebens. deine Hofnungς nach Italiς
sind vergebens – du bist zu weit entfernt – du wirst in Paris
bekannter – aber in Münchς und Italiς gar vergessς. Man muß
sich dort näher hinziehς, wo man seine Absichtς hin hat. Ich hab dir in
den vorigς Briefς alles deutlich erkläret. Und was mich in meinem Plan
besterkt ist folgende Lista der nach Münchς gehendς Manheimer Musik.

Sängerinς
Mad:me Wendling Sarselli
 Danzy.
 Strasser.

Sänger
Sigς: Giorgetti Sop:
         Raff – ten:
         Hartig – ten:
         Zoncka   Basso
         Weber – Basso

#       Violini
Sς: Canabich
         Toeschi
Jean Toeschi
         Fränzel
         Wendling
         Ritschel
         Winter
         Daner junior
         Schönge
         Sepp.
         Falgara
         Eck
         Hampel
         Strasser
         und es sind noch
         3 Instrumentistς
         ausgesucht.

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STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
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     Flauti
Wendling
Mezger
     oboe
Ramm, Le Brun,
und Hieber
     violetti
Danzii u Schwarz
     Contrabass:
Marconi und
Bohrer
     Fagotti
Ritter und
Holzbauer
     Corni
Lang, Eck,
Dimler und
Lang junior
     Clarinetti
Hampel, Tausch
et Tausch junior
aber kein
Capellmeister
so heist die mir
vom Becke
überschriebene
Lista.

ich finde auch keinς Clavieristς und organistς, und also auch keinς Capellmstr!
du siehest also, daß du beÿ deiner durchreise in Münchς, wo der Hof den
25 dieses anlangen wird, vielles thun kannst, darüber ich dir mit nächster
Post odς längstens in 8 tagς, wo ich das Decret unterschriebner in Handς habς
werde, das mehrere, und wie die Reise über Donaueschingς zum Fürstς von
Fürstenberg |: wo die Dilligence durchgehet :| anzustellς, berichtς und
dir Anweisungς in Strasburg gebς werde. Ich muß itzt schlüssen, die Ursache ist
folgendes. Wir habς einς recht charmantς Hautboistς als zweytς Hautboistς
aufgenomς. er blässt besser Concertς als Perwein, ein schöner grosser Höflicher
Mensch, heist Ludwig Feiner. er ist schon decretiert; Nun komt heute der
hς: Fiala, den ich verschriebς, von Münchς mit dem Postwagς, und geht am Sontag
wiedς zurück, so daß in München niemand weis, daß er abgereiset: kan er
mit dem Fürstς gleich werdς, so komt er als erster Oboist hieher. gestern
gab ich dem Erzbς: Nachricht, daß er heut komς wird, und heut bekam ich den
Befehl mit ihm also gleich nach Lauffς zu fahrς, wo wir bis Samstag abends
bleibς. die Dilligence komt um 4 uhr, und itzt ist es 2 uhr nachmittag,
ich muß also veranstaltς, daß um 4 uhr die Pferd im Hofstall bereitet
sind, damit wir gleich fortfahrς könnς. Ich muß mich auch noch anders anziehς.
du darfst übrigens gewiß seÿn, daß der Erzbς: nun seine ganze
Achtung gegen dich zeiget, und dir zeigς wird, dan vormals wars nur
um zu hindern, daß man nichts verlangt, und er glaubte nicht, daß
du weggehς würdest; nun hat er aber die Probe erfahrς. Er wünschet dich
zur direction beÿm Flügl zu sehς, und mir hat er bereits alles das übrige
übergebς; folglich braucht er keinς welschς Capellmeister mehr; er ist
zu viel angeschmiert wordς. Ceccarelli ist den erstς November hier, dan
solltς wir etwas auf dem Theater aufzuführς ausdenkς.
den 16 gehς die Münchner Comoediantς nach Salzburg. Becke schreibt

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„MOZARTEUM”
1881
[S. 3] increment_line_height_2decrement_line_height_2
mir es seÿ ein Mädl |: von recht gutem Herkomς :| dabeÿ als prima Dona
in den operetten, sie habe eine sehr gute Stime, aber wenig Musik,
sie spiele ein wenig Clavier. er bittet mich um meine Protection,
und daß sie mein Hauß frequentierς därfte. Er sagt sie seÿς alle
recht brave Leute. ich darf dir nichts mehr wiederhohlς, als daß ich
mich vor freudς kaum fasse, wen ich denke, daß ich dich bald umarmς
werde dein redlicher Vatter                     Mzt mp

info
ich hoffe mich für das preambolum selbst zu bedanken und dir zu deinem namens=
tag in Salzburg zu gratullieren. welches ich wünsche und wenn es der willen=
gottes ist, so wird es mir noch eine größere freude, vergnügen sein. nur bitte
ich dich folge dem Rath meines Vatters in allen stucken, so werde ich das
unaussprechliche Vergnügen haben, dich mit tausend freuden umarmς
zu können.
info
                           O Wie freue ich mich! welch ein entzückendes
Vergnügen wird es für mich seÿn, wen ich Sie wird in Salzburg
nen umfangen. Komen Sie bald mein bester mein liebster
freund. ich warte mit Schmerzen auf Sie. Jos. Bull.

info
daß die Mama seel: 10 Louis d'or vom hς: Gschwendner empfς. habt ihr mir
kein Wort geschriebς, ja hς: Gschwendner wurde in euern Briefς nicht einmahl
genannt, so daß ich imer glaubte, du hast ihn niemals gesprochς; Nun hatte ich

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„MOZARTEUM”
1881
[S. 4] increment_line_height_2decrement_line_height_2
die Ehre solches vor einigς tägς zu bezahlς, da mir die 2 Billets erst presentiert
                    wer gab mir das Geld
wurdς. und wlr gmb afr dmo gled? der gute hς: Bullinger. dem wir nun
           schuldig sind, der gern wartet, wenn er dich
400 f ocuhedfg ofnd, dlr glrn wmrtlt, wln lr dfcu nur wiedς siehet.
die Sache kan so – auf gerathe wohl, – nicht mehr gehς – man muß ein
                                                          dem Andern      nicht mehr helfen
sichern Ruggen habς, sonst kan eins dla mndlrn nfcut alur uleiln.
so würde ich otlrbln und vlrdlrbln.

                     sterben       verderben.

ich begreiffe wohl, daß ihr mir nichts davon geschriebς, weil ihr es
selbst mit der Zeit zu zahlς geglaubt. Mein Sohn! wen man
täglich sorgς muß, ist es zu schwer. – und wen man erkranket?
welches Elend! –

À Monsieur
Monsieur Wolfgang
Amadé Mozart maître
de Musique
à
Paris

Nro 58.

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1881