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Paris le 1
may. 1778
Mon Trés cher Pére!
wir haben ihren brief von 12
ten Aprill richtig erhalten, das war eben die ursache warum
ich ihnen so lange nicht geschrieben, weil ich auf einen brief von ihnen hab warten
wollen; und sie müssen mir nicht übel nehmen, we
n ich sie bisweilen lang auf einen
brief warten lass; die briefe ko
men hier gar theüer, und we
n man nicht gar was
nothwendiges zu schreiben hat, so ist es ja nicht der mühe wehrt 24 ja auch öfters
mehr
sous auszugeben. ich habe i
mer geglaubt ich will so lange das schreiben verziehen,
bis ich ihnen etwas neües, und mehr von unsern umständen schreiben kan; allein
nun bin ich doch gezwungen, ihnen, von wenigen und noch zweifelhaften sachen
nachricht zu geben. der kleine
violoncellist zygmontofscky und sein schlechter vatter
ist hier, das werde ich ihnen vielleicht schon geschrieben haben – – ich thue es
nur im vorbeÿ gehen, weil ich just darauf gedacht habe, daß ich ihn in jenen
ort gesehen habe, wovon ich ihnen nun meldung thun will; daß ist, nehmlich
beÿ der
Mad: La Duchesse de chabot. M:
r Grim gab mir einen brief an sie, und
da fuhr ich hin. der inhalt dieses briefs war hauptsächlich, mich beÿ der
Duchesse
de Bourbon | die damals im kloster war | zu
recomandiren, und mich neüerdings
beÿ ihr wieder bekant zu machen, und sich meiner erinern zu machen. da giengen
8 täg vorbeÿ ohne mindester nachricht; sie hatte mich dort schon auf über 8 täg be=
stellt, und also hielte ich mein wort, und ka
me. da muste ich ein halbe stund
in einen Eiskalten, ungeheizten, und ohne
mit Camin versehenen grossen Zi
mer
warten. Endlich kam die
D: chabot, mit gröster höflichkeit, und bat mich mit den
clavier verlieb zu nehmen, indeme keins von den ihrigen zugericht seÿe; ich
möchte es versuchen. ich sagte: ich wollte von herzen gern etwas spiellen,
aber izt seÿe es ohnmöglich, inde
me ich meine finger nicht empfinde für kälte;
und bat sie, sie möchte mich doch aufs wenigste in ein Zi
mer wo ein
Camin
mit feüer ist, führen lassen.
O oui Monsieur,
vous avés raison. das war
die ganze antwort. da
n sezte sie sich nieder, und fieng an eine ganze stunde
zu zeichnen
en compagnie anderer herrn, die alle in einen Circkel um
einen grossen tisch herumsassen. da hatte ich die Ehre eine ganze stunde zu warten.
fenster und thürn waren off. ich hatte nicht allein in händen, sonder in
ganzen leib und füsse kalt; und der kopf fieng mir auch gleich an wehe zu thun.
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da war also
altum silentium. und ich wuste nicht was ich so lange für kälte, kopfweh,
und langeweile anfangen sollte. oft dacht ich mir. we
ns mir nicht um
M:r Grim wäre, so gieng ich den augenblick wieder weg. Endlich, um kurz
zu seÿn, spiellte ich, auf den
miserablen Elenden
Pianforte. was aber das
ärgste war, daß die
Mad:me und alle die herrn ihr zeichnen keinen augen=
blick unterliessen, sondern i
mer fortmachten, und ich also für die sessel,
tisch und mäüern spiellen muste. beÿ diesen so übel bewandten umständen
vergieng mir die gedult – ich fieng also die fischerischen
Variationen an.
spiellte die hälfte und stund auf. da warn menge
Eloges. ich aber sagte
was zu sagen ist, nemlich daß ich mir mit diesen
Clavier keine Ehre machen
kö
nte, und mir sehr lieb seÿe, einen andern tag zu wählen, wo ein bessers
Clavier da wäre. sie gab aber nicht nach, ich muste noch eine halbe stunde warten,
bis ihr herr kam. der aber sezte sich zu mir, und hörte mit aller auf=
mercksamkeit zu, und ich – ich vergas darüber alle kälte, kopfwehe,
und spiellte ungeachtet den Elenden
clavier so – wie ich spielle we
n ich
gut in laune bin. geben sie mir das beste
clavier von
Europa, und aber
leüte zu zuhörer die nichts verstehen, oder die nichts verstehen wollen, und
die mit mir nicht Empfinden was ich spielle, so werde ich alle freüde ver=
lieren. ich hab den
M:r grim nach der hand alles erzehlt. sie schreiben mir
daß ich braf
visiten machen werde, um bekandtschaften zu machen, und die
alten wieder zu erneüern. daß ist aber nicht möglich. zu fuß ist es überall
zu weit – oder zu kothicht, de
n in
Paris ist ein unbeschreiblicher dreck.
in wagen zu fahren – hat man die Ehre gleich des tags 4 bis 5
livres
zu verfahren, und
umsonst. de
n die leüte machen halt
Complimenten und
da
n ists aus. bestellen mich auf den und den tag; da spiell ich, dan
heists.
O c'est un Prodige,
c'est inconcevable, c'est étonant. und hiemit
addieu. ich hab hier so anfangs geld genug verfahren – und oft umsonst,
daß ich die leüte nicht angetrofen habe. wer nicht hier ist, der glaubt nicht
wie fatal das es ist. überhaubt hat sich
Paris viell geändert. die franzosen
haben lang nicht mehr so viell
Politesse, als vor 15 jahren. sie gränzen
izt starck an die grobheit. und hofärtig sind sie abscheülich.
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Nun muß ich ihnen eine beschreibung vom
Concert Spirituel machen. das muß ich
ihnen geschwind im vorbeÿ gehen sagen, daß meine Chör=arbeit so zu sagen
umsonst war. de
n das
miserere von holzbauer ist ohnedieß lang, und hat
nicht gefallen, mithin hat man anstatt 4
nur 2 Chör von mir gemacht.
und folglich das beste ausgelassen. das hat aber nicht viell zu sagen gehabt,
den vielle haben nicht gewust, daß etwas von mir dabeÿ ist, und vielle haben
mich auch gar nicht geka
nt. übrigens war aber beÿ der Prob ein grosser beÿ=
fall; und ich selbst | de
n auf das
Pariser=lob rechne ich nicht | bin sehr
mit meinen Chören zufrieden. Nun aber mit der
Sinfonie Concertante hat es
wieder ein Hickl=hackl. da aber glaube ich ist wieder was anders dar=
zwischen. ich hab halt hier auch wieder meine feinde. wo habe ich sie
aber nicht gehabt? – das ist aber ein gutes zeichen. ich habe die
Sinfonie machen müssen, in gröster Eÿl, habe mich sehr befliessen, und
die 4
Concertanten waren und sind noch ganz darein verliebt.
Le gros
hat sie 4 täg zum abschreiben. ich finde sie aber noch i
mer an ne
mlichen
Plaz liegen. Endlich den vorlezten tag finde ich sie nicht – suche aber
recht unter den Musikalien – und finde sie versteckt. thue nichts dar=
gleichen. frage den
Le gros. apropós. haben sie die
Sinf: Concertant schon
zum schreiben geben? – nein – ich habs vergessen. weil ich ihm natürlicher
weise nicht befehlen kan daß er sie abschreiben und machen lassen soll, so sagte
ich nichts. gieng die 2 täg wo sie hätte
executirt werden sollen ins
Concert.
da ka
m Ram und
Punto im grösten feüer zu mir, und fragten mich,
warum den meine
Sinfoni Concert: nicht gemacht wird? – das weis ich nicht.
das ist das erste was ich höre. ich weis von nichts. der
Ram ist fuchswild
worden, und hat in den
Musique Zi
mer französisch über den
Le gros ge=
schmält, daß das von ihm nicht schön seÿe
etce: was mich beÿ der gantzen
sache am meisten verdriest, ist, daß der
Le gros mir gar kein wort davon
gesagt hat, nur ich hab nichts darvon wissen därfen – we
n er doch eine
excuse gemacht hätte, daß ihm die zeit zu kurz wäre, oder dergleichen, aber
gar nichts – ich glaub aber, da ist der
Cambini ein welscher
Maestro hier,
ursache, da
n den habe ich, unschuldigerweis die augen in der ersten
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zusamenkunft beÿm
le gros, ausgelöscht. er hat
quartetti gemacht, wovon ich
eins zu Ma
nheim gehört habe; die recht hüpsch sind; und die lobte ich
ihm dan; und spiellte ihm den anfang; da war aber der Ritter,
Ram
und
Punto, und liessen mir keinen fried, ich möchte fortfahren, und was
ich nicht weis, selbst dazu machen. da machte ich es den also so. und
Cambini war ganz ausser sich; und ko
nte sich nicht enthalten zu sagen,
questa è una gran Testa! Nu, das wird ihm halt nicht geschmeckt haben.
we
n hier ein ort wäre, wo die leüte ohren hätten, herz zum empfinden,
und nur ein wenig etwas von der
Musique verstünden, und
gusto hätten,
so würde ich von herzen zu allen diesen sachen lachen, aber so bin ich unter
lauter vieher und
bestien | was die
Musique anbelangt | wie ka
n es aber
anderst seÿn, sie sind ja in allen ihren handlungen, leidenschaften und
Passionen auch nichts anders – es giebt ja kein ort in der welt wie
Paris.
sie därfen nicht glauben, daß ich ausschweife, we
n ich von der hiesigen
Musique
so rede. wenden sie sich an wem sie wollen – nur an keinen gebohrnen
franzosen – so wird man ihnen | wens jemand ist an dem man sich wenden
kan | das nemliche sagen. Nun bin ich hier. ich mus aushalten, und das
ihnen zu lieb. ich danck gott dem allmächtigen we
n ich mit gesunden
gusto davon ko
me. ich bette alle tag gott, daß er mir die gnade giebt,
daß ich hier standhaft aushalten kan; daß ich mir und der gantzen
teütschen
Nation Ehre mache, inde
me alles zu seiner grösten Ehr und gloÿ
ist, und das er zuläst daß ich mein glück mache, braf geld mache,
damit ich im stande bin ihnen dadurch aus ihren dermalen betrübten umständen
zu helfen, und zuwegen zu bringen daß wir bald zusa
men ko
men, und
glücklich und vergnügt mit einander leben kö
nen. übrigens sein willen geschehe
wie in hi
mel also auch auf Erden. ihnen, liebster Papa bitte ich aber, sich zu
impegniren unterdessen, daß ich
bald italien zu sehen beko
me. damit ich doch hernach
wieder aufleben kan. machen sie mir doch diese freüde, ich bitte sie darum.
Nun bitte ich sie aber recht lustig zu seÿn – ich werde mich hinaushauen wie ich
ka
n. we
n ich nur ganz davon ko
me.
addieu. ich küsse ihnen 1000mahl
die hände, und meine schwester umarme ich von ganzen herzen und bin
dero gehorsamster sohn wolfgang Amadè Mozart
mp
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1 Mai 78
Mein lieber mann, ich hoffe du und die nanerl werden sich wohl befindς
ich bin der Zeit her beÿ 3 wochς mit zahn wehe, Kopf, hals, und
ohrς schmerzς geblagt gewesς, iezt gott lob ist es wider besser
ich kome zwahr nicht vill aus, allein die zimer sind gleich wohl
kalt wan schan ein feür brind, man mues es erst wider
gewohnen. wan etwan der graff wolfegg nacher Paris
solte Reisen und könnte mir ein schwarzes pulfer und
ein digestdiv pulfer mit bringς das wehre mir sehr
lieb, dan ich habe fast ganz damit aufgezehrt.
Richte mich beÿ allem bekantς aus, der Monsieur
Henna und seine frau last sich auch befehlen,
er komt öffters zu mir, adio lebts beÿde
gesund ich küsse euch vill 100000 mahl und verbleibe
dein getreues weib
Maria Anna Mozartin
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Fr:co
À
Monsieur
Monsieur Leopold Mozart
maitre de la Chapelle de S: A: R:
L'archeveque de salzbourg
à
par straßbourg
Augspurg Salzbourg.
PAYÉ PARIS
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