↗ XML
[S. 1] increment_line_height_2decrement_line_height_2
43
                                                                          Paris le 24 di mars 1778
     Mon Trés cher Pére.
                     38


gestern Montag den 24:ten 23:ten nachmittag um 4 uhr sind wir gott lob und danck
glücklich hier angekomen; wir sind also 9 täg und 12 auf der Reise gewesen.
wir haben geglaubt wir könen es nicht aushalten. ich hab mich mein lebe=
tag niemahl so ennuirt. sie könen sich leicht vorstellen was das ist, wen
man von Manheim und von so viellen lieben und guten freünden weg=
reiset, und dan zehnthalb Täge, nicht allein ohne diese gute freünde,
sondern ohne menschen, ohne eine einzige Seele, mit der man umgehen
oder reden könte, leben muß. Nun sind wir gott lob und Danck an
ort und end. ich hoffe mit der hülfe gottes wird alles gut gehen.
heüte werden wir einen fiacre nehmen, und grim und wendling
aufsuchen. morgen frühe werde ich aber zum khur=Pfälzischen Minister
hς: v: Sückingen | welcher ein grosser kener und Passionirter
liebhaber von der Musick ist, und an den ich 2 briefe, von hς: v: gemingen
und M:r Canabich habe | gehen. ich hab vor meiner abreise zu Man=
heim dem hς: v: gemingen das Quartett welches ich zu Lodi abends im
wirthshaus gemacht habe, und dan das Quintett, und die Variationen
von fischer abschreiben lassen. er schrieb mir dan ein besonders höfliches
Billet, bezeügte sein vergnügen über das andencken so ich ihm hinter=
lasse, und schickte mir einen brief an seinen sehr guten freünd, hς:
v. Sückingen, mit den worten. ich bin versichert, daß sie mehr Em=
pfehlung für den brief seÿn werden, als er es für sie seÿn kan.
und um mir die schreibkösten zu ersezen, schickte er mir 3 Louisd'or.
Er versicherte mich seiner freündschaft und bat mich um die meinige.
ich mus sagen daß alle Cavallier, die mich kanten, hofräthe, kamerräthe,

DOM=
MUSICK=VEREIN
U.
MOZARTEUM

INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 2] increment_line_height_2decrement_line_height_2
andere Ehrliche leüte, und die ganze HofMusick sehr unwillig und betrübt
über meine abreise war. das ist gewis wahr. Samstag den 14ten: reiseten
wir ab, und donerstag vorher war noch eine accademie nachmittag beÿ
Canabich, alwo mein Concert auf 3 Clavier gespiellt wurde. Mad:selle
Rosl Canabich spiellte das Erste, Mad:selle Weber das zweÿte, und
Mad:selle Piérron | serarius unser haus=Nÿmphe, | das dritte. wir haben 3
Proben gemacht, und es ist recht gut gegangen. die Mad:selle Weber
hat 2 arien von mir gesungen, die Aer tranquillo von Rè Pastore, und
die neüe, non sò d'onde viene. mit dieser lezten hat meine liebe
weberin sich und mir unbeschreiblich Ehre gemacht. alle haben gesagt,
daß sie noch keine Aria so gerührt habe, wie diese; sie hat sie aber
auch gesungen, wie man sie singen soll. Canabich hat gleich wie
die aria aus war laut geschrien: bravobravissimo maestro. vera=
mente scritta da maestro
. hier habe ich sie das erste mahl mit den
instrumenten gehört. ich wollte wünschen sie hätten sie auch gehört,
aber so wie sie da producirt, und gesungen wurde, mit dieser
accuratesse im gusto, piano und forte. wer weis, vielleicht hören sie sie
doch noch – ich hoffe es. das orchestre hat nicht aufgehört die aria
zu loben, und davon zu sprechen. ich habe sehr vielle gute freunde zu
Manheim | und ansehnliche – vermögende – | die sehr wünscheten mich
aldort zu haben. je nu, wo man gut zahlt, dort bin ich. wer weis, viel=
leicht geschieht es. ich wünsche es; und mir ist auch imer so – ich habe
imer noch hoffnung. der Canabich ist ein Ehrlicher braver Man, und mein
sehr guter freünd; Nur den fehler hat er, das er, obwohl er nicht

INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 3] increment_line_height_2decrement_line_height_2
mehr gar jung, ein wenig flichtig und zerstreüet ist. wen man nicht imer
an ihm ist, so vergist er auf alles; aber wen von einen guten freünd
die rede, so spricht er wie ein vieh, und nimt sich gewaltig an, und
das giebt aus, den er hat credit. übrigens aber, von höflicher danck=
barkeit kan ich nichts sagen, sondern muß bekenen, daß die weberischen,
ungeachtet ihrer armuth und unvermögen, und obwohlen ich ihnen nicht
so viell gethan habe, sich mehr danckbar bezeügt haben; den die
Mad.me und M:r Canabich haben kein wort zu mir gesagt, will nicht
sagen von einem kleinen andencken, wens auch eine bagatelle wäre, nur
um ein gutes herz zu zeigen; so aber gar nichts, und nicht einmahl,
bedanck mich, wo ich doch wegen ihrer Tochter so viell zeit verlohren,
und mich so bemühet habe; sie kan sich auch izt überall ganz gewis
hören lassen. als ein frauenzimer von 14 jahren, und dilettante,
spiellt sie ganz gut; und das hat man mir zu dancken, das weis ganz
Manheim. sie hat izt gusto, triller, tempo, und bessere applicatur,
welches sie vorher nicht gehabt hat. so in 3 Monathen werde ich ihnen
starck abgehen – den ich fürchte sie wird wieder verdorben, und
sich selbst verderben; den wen sie nicht imer einen Meister, der es recht
versteht um sich hat, so ist es umsonst; den sie ist noch zu kindisch, und
flichtig, um mit ernst sich allein nutzbar zu exerciren.
die weberin hat aus guten herzen 2 paar täzeln von filét gestrickt,
und mir zum angedencken, und zu einer schwachen erkentlichkeit ver=
ehrt. Er hat mir, was ich gebraucht habe, umsonst abgeschrieben, und Noten=
Papier gegeben; und hat mir die Comœdien vom Moliere | weil er gewust
hat, daß ich sie noch niemahl gelesen, | geschenckt, mit der inschrift:

DOM=
MUSICK=VEREIN
U.
MOZARTEUM

INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 4] increment_line_height_2decrement_line_height_2
Ricevi, Amico, le opere del Moliere in segno di gratitudine, e qualche
volta ricordati di me.
und wie er beÿ meiner Mama allein war,
sagte er: izt reist halt unser bester freünd weg, unser wohl=
thäter. ja das ist gewis, wen ihr hς: sohn nicht gewesen wäre, der
hat wohl meiner tochter viell gethan, und sich um sie angenomen,
sie kan ihm auch nicht genug danckbar seÿn; den tag, ehe ich weg=
gereiset bin, haben sie mich noch beÿm abendessen haben wollen, weil ich
aber zu hause hab seÿn müssen, so hat es nicht seÿn könen. doch
habe ich ihnen 2 stunde bis zum abendessen noch schencken müssen.
Da haben sie nicht aufgehört sich zu bedancken, sie wollten nur
wünschen sie wären im stande mir ihre erkentlichkeit zu zeigen.
wie ich weg gieng, so weinten sie alle. ich bitte um verzeÿhung, aber mir
komen die thränen in die augen, wen ich daran dencke. er gieng
mit mir die treppe herab, blieb unter der hausthür stehen, bis
ich ums Eck herum war, und rief mir noch nach. Addieu.
die unkösten der reise, für Essen, trincken, schlaffen und trinckgeld
belaufen sich über 4 Louisd'or; den wie weiter wir in franckreich kamen,
wie theüerer wurde es. den augenblick erhalte ich ihren brief von 16:ten
übrigens seÿen sie ohne sorge, ich werde meine sache gewis gut machen.
Nur das bitte ich sie, das sie in ihren briefen einen guten humor
zeigen; und wen ihnen der krieg zu nahe komt, so reisen sie zu uns.
Meine Empfehlung an alle gute freünd und freündinen. ich küsse ihnen
1000mahl die hände, und meine schwester umarme ich vom ganzem herzen
und bin dero gehorsamster sohn
                                                             wolfgang Amadè Mozart mp

DOM=
MUSICK=VEREIN
U.
MOZARTEUM

INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 5] increment_line_height_2decrement_line_height_2
info
                                                                     24 März 78

Mein lieber mann, wür seind gott lob und dank gesund
und glüklich hier ankomen, wür wohnen beÿ herrn Maÿer
ihn haus wo der herr von waldburg ist gewesen was wür
bezahlen miessς wissen wür noch nicht, werden es aber
morgς erfahrς, heunt sind wir beÿ herrn baron von
grim gewesen er war aber nicht zu haus, haben aber
ein biliet dorth gelassen, damit er weis das wür
ankomς seind, morgen würd der wolfgang wider
hin fahren, und würd auch seine andere brief abgebς.
auf der Reise haben wür 8 täge das schönste wetter
gehabt, Morgens erstaunlich kalt, und nachmitag warm,
die 2 lesten täge aber hat uns der wind fast ersticket,
und der Regen ersäuffet, das wür beÿde in wagen wasch=
nass sein worden, und schür nicht mehr schnaufen gekönt.
mit den visitiern seind wir auch guth darvon komen, ausser
das der wolfgang sein kleines Nothen papier hat ab=
Mauthς müssen und 38 Sols darfür bezalt, zu Paris seind
wür gar nicht visitiert worden. den wolfgang ist die zeit
lang weill er noch kein Clavier hat, dan weill das
wetter so schlecht ist hat er noch unm keines um sehen
könnς. adio lebts beÿde gesund ich küsse eüch vill 10000
mahl und verbleibe dein getreues weib Mozartin
unsere Empfehlung an alle, an Josephi tag haben wür
den hς: bullniger sein gesundheit, Zu Clermont getrunckς


DOM=
MUSICK=VEREIN
U.
MOZARTEUM

INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 6] increment_line_height_2decrement_line_height_2
No: 39
      N. 39


PAYÈPARIS
À
Monsieur
Monsieur Leopold Mozart.
maitre de la Chapelle de S: A: R:
L'archeveque de salzbourg
à
Salzbourg

INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881