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Mein Liebes Weib!                                                               
39
                    Salzbς: dς 9 febrς:
                                                                                                                                     1778

Itzt wird man wohl von denς Umständς des Beyerlandes in Manheim genug wissς, nachdem die
östς: Manifeste bereits in den Zeitungς sind. Nun sollte der Wolfgς: in Münchς seÿn, so hätte er
mit dem Baron Zehmen sprechς könς. dieser war, und ist vielleicht noch als abgesandter von Sachsen alda,
es würde zu lange seÿn die ganze Sache umständlich zu schreibς, überhaupts betrift seine Gesandtschaft
ein Anforderung von 11 Millionς, odς wieviel es seÿn mag, und dan eine Anfordςung auf alles Haus=
geschmuck – mobiliς und allodialgütter, welches alles die verwittibte Churfürstin von Sachsen,
die Schwester des seel: Churfς: anspricht, und solche Anforderung dem Churfürstς von Sachsς überlassς,
und für ihre Person den Schutz des Königs in Preussς angeruffς hat. Es ist an deme, daß, da noch
Bayern vertheilt war, durch einς dς Bayerς Herzogς, welcher das Straubingische in besitz hatte,
dieses an einς Herzog von österς: gekomς, aber auch nach der Hand wegς einer Anfordςung
von 11, odς was weis ich von wie viel Millionς, und wegς dem Herzog von Österς geleistetς Beystand
und aufgewandtς Kriegsunköstς, an die Herzogς von Bayern auf ewig wieder überlassς wordς,
so zwar, daß nachdem hinach beÿ sich ereigneter Gelegenheit, daß Hauß Österς abermahl
solches an sich zu bringς  |: nur mit der feder NB :| bemühet war, solches ihm vom Reichs=
gericht für allzeit abgesprochς wordς. da es nun aber itzt mit bewafneter Hand in Besitz ge=
nomς wird, so macht die Schwester des verstorbnς Churf: die Ansprüche auf die besagtς Millionς,
und auf die allodialiς und anderen Hausmobilien, davon sie sich als Erbin erkläret.
Ich habe eine vermuthung, die vielleicht einς Grund habς kan. Es fällt mir nicht geschwind beÿ,
wie iener Herzog von Wirtemberg hieß, welcher aus dem Lande fliehς muste, in die
Reichsacht erkläret wurde, und auch nicht mehr zur Regierung kahm. sein Land erhielt der
Nachfolger aus den Händς des Kaysers, dem es heimgefallς ware, mit dem Vorbehalt, daß
nach dem Aussterbς des Würtembergς: Hauses, das Herzogsthum an Östereich zurükfalle. Wie wäre
es nun wen Österς: und Preussς schon lange mit einandς verstandς wären? – – Österς: hat nun den
gröstς Theil; und NB den einträglichstς und wegς der Donau für Österς den nützlichstς Theil Baÿerns
in Besitz genommς. könntς diese 2 Mächte nicht mit einandς verstandς seÿn, daß nach dem Ableben
ohne Erbς des Churfς: von der Pfalz, das Hauß Osterς: ganz Baÿern nehmς, und dem König in
Preussς, nach absterbς des Würtenbς: Hauses, das Herzogthum Würtemberg überlassς, und dan
auch nicht entgegς seÿn wollte, wen Preussς auch Jülich und Berge zu sich nehmς wollte, wo den
die Herzogς von Zweybrückς sich mit der Pfalz allein begnügς müsstς. – Es sind freilich nichts
als leere vermuthungς, die, ob sie |: Gott gebe es daß ich es nicht errathe :| ob sie leer sind,
das Betragς des Preusischς Hofes beÿ den itzigς Umständς zeigς muß. Mir schwindelt so etwas,
weil es bereits über ein Monat ist, daß der Churfς: gestorbς, und was höret man den von
Preusischen Bewegungen? – – der ist sonst nicht der letzte! Unterdessς ist auch sicher, daß
der Kaÿser die Lehengüter, die er unterdessς in Obsorg genomς, und da und dort auch
in Bayern zerstreuet liegen, gegen andere wird zu vertauschς und auf andςe
Gütter das Lehenrecht wird zu übertragς suchen. alles dieses will seine lange Zeit, und
die Regierung in Bayern ist so beschaffς, daß, solche Einzurichtς, eine geraume Zeit die
Gegenwart des Churfς: wird nötig seÿn. Es ist unterdessς richtig, daß nicht nur das Rent=
amt Straubing,
sondς auch Scharding, Ried, p: und viele andςe Orte in Bayern mit östrς:
Truppς besetzt und alda die Kaÿserin                                         als Landsfrau erkennt ist.
das war doch in bayern ganz erstaunlich                                     der Churς: hat 30 Generalς,
38 Obersten. 25 Oberstlieutenς:
                                               und 20 Majors, folglich 113
Stabsofficier zu etwa 4000 Man
                                            in Münchς gefundς. ist das nicht
erstaunlich lächerlich! Genug hiervon!
Bis anhero habe noch nichts von deinς Reiseanstaltς gehört. vielleicht sagt mir dein künftiger
Brief etwas. hier ist noch ein blath an den Wolfgang, ich hoffe es wird ihn noch antreffς: sollte
er aber schon weg seÿn, so magst du das blath beÿ dir behaltς, bis du weist wo man die Briefe
in Paris an ihn addressierς muß. vielleicht weis es die Md:me Wendling. dan kannst du einς
Brief dazu schreibς. Ich hoffe aber er wird noch beÿ dem Empfang dieses nicht schon fort seÿn.

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„MOZARTEUM”
1881
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Empfehle dem hς: Wendlich noch mahls unsern Sohn aufs beste; Gott seÿe sein Schutz! ich gedachte gewiß etwas durch deinς letztς
Brief zu hörς, allein da er dir ebς von Worms schrieb, so konntest du mir freilich auch nichts andςes berichtς. gestern war die 2te Redout, u
100 Personς darauf. heut ist die Schiedenhofς: Hochzeit, die Cronach Nanerl ist 8 täg vorhero nach Hause geschickt wordς. der Wolfgς: hätte doch nicht übel gethan,
wen er eine Gelegenheit gesucht hätte, sich durch iemand beÿm Churfürstς im Angedenkς zu erhaltς: doch, dazu ist es noch zeit genug. Lebts wohl wir küssς
euch beÿde millionmahl u bin dς alte Mzt mp

info
der papa läst mir niemals so viel Plaz das ich der mama und dir schreiben Könnte. die mama hofe ich bald zu sehen, und ich bitte
die mama mich nicht zu vergessen wenn sie von Manheim fortreist. und dir wünsche ich eine glukliche Reiß nach paris. und wünsche dir
gesundheit. vor allem das ich dich nur bald wiedr umarmen könte welches gott weiß es allein wenn es geschiehet. wir alle beÿde sehnen
uns sehr das du bald dein glük möchtest machen. da ich hernach gewiß weiß das unser aller glük gemacht ist der mama küsse ich
die hände und dich umarme ich und hofe du wirst dich unser aller stetzt erinern und auf uns denken. doch zu der zeit wenn du von
deinen componirn und scolaren eine viertl stunde übrig hast.


À Monsieur
Monsieur Wolfgang Amadé
Mozart Maître de Musique

frcoAugς.
   à
Manheim

N:° 37.

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info
                                                                                            
39
                        Salzbς: dς 9 febrς:
Mein lieber Sohn!                                                                                                               1778.

Die kleinς Sparten, die ich sehr nett besorgt habe, und dan mein Schreiben mit dem Verzeichniß unserς
Pariser Bekanntschaftς wirst du richtig erhaltς haben. die Hauptpersonς sind imer Mr Grim,
Mad:me La Duchesse de Bourbon, die ehemalige Mademoiselle d'Orleans, wo Paisible beÿ ihr war
als wir sie 2 mahl im Kloster sahς; und die dir ein kleines Clavierstückl, so sie Componiert hatte,
dir dediciert hat. Ihr Herr ist der Sohn des Prinz Condé, er ist erst 22 Jahr, sie aber 28
              sie ist    nicht sehr vergnügt                  sie     leben gar nicht
Jahr alt. ofl fot nfcut olur vlrgnh"gt: ich glaube ofl elbln gmr nfcut beÿsamen.
der Duc de Chartres ihr Bruder ein Herr von 31 Jahrς. er ist derjenige, welcher gemacht hat
daß wir vom Mr: de Sartine dem damahligς Lieutenant de la Police die Erlaubniß erhieltς, die
2 so einträglichς Concertς zu machen. Mad:me la Comtesse de Tessé, der du die Sonaten
dediciert, eine grosse Beschützerin der Wissenschaftς p: die dich sehr liebte und dir die kleine
Uhr, deiner Schwester das Goldene Zahnstiererbüchsel gab. Ich hoffe sie wird nun in Paris zu=
rück angelangt seÿn, Sie und ihr Herr warς letzhin in Italiς, sie habς grosse Reisς gemacht,
und glaube sie waren auch gar in SicilienNB vor allem must du eÿferig dich erkundigς,
ob der Duca di Braganza nicht etwa noch in Paris ist? – Er hat vergangenς Herbst Wien
verlassen, um beÿ dieser, nach dem Tod des seel: Königs von Portugal, ihm nun günstigern
Regierung in sein Vatterland nach Lisabon zurück zu kehrς. Er hielt sich in Paris auf,
das weis ich, es komt nun darauf an, ob er schon weg ist? – Dieser wäre ein guter Man
für dich. die Mad:me d'Epinay eine sehr vertraute Freundin des Mr: Grim, von welcher
die Mama das schöne Waderl hat. NB die Comtesse de Tessé würde dir sondς zweifl durch
ihren Vatter dem Duc d'Ayas, der uns nach Versailles gebracht, Gelegenheit verschaffς
daß du der Mad:me Victoire vorgestellt wurdest, die dich nun nicht ungerne sehen würde,
da sie dir als einem Kinde, so gnädig und freundlich begegnete. die Mad:me La Ducesse
D'Enville. – La Ducesse AEguillon. – La Ducesse de Mazarin. La Comtesse de
Lillbonne. M:dme de St: Julien. Md:me La Princesse de Robeck. Md:me La Comtesse de Wall.
Kurz! alle die Personς, die du auf dem Verzeichnisse hast, sind Personς vom Stande, die
sich deiner erinern werdς, und denς du dich zeigen und ihnς ohne Scheue aufwartς darfst,
und sie mit einer edlen freyheit und Anstand um ihrς Schutz bittς darfst. Es ist, ich
versichere dich, keine kleine Arbeit, dan man komt nicht allzeit vor, um mit diesς Per=
sonς sprechς zu könς: allein es ist alles daran gelegς, diese Politesse nimt die franzosen
erstaunlich ein, und macht dir auf einmahl alle diese grossen Personς und alle ihre Be=
kannte zu freunde. NB dieß muß aber itzt gleich geschehς: und du must dich von nichts
abhaltς lassen, dan du komst späth nach Paris, und zu späth; im Somer geht alles aufs
Land. Ist Mr: Grim da, so wird er mir recht, und dir alle Anleitung gebς, du kanst
ihm alles sagen, was ich dir geschriebς habe. Ist er nicht da, so wird dir die Md:me D'Epinay
in allem Beystehen, oder dich an einς ihrer Freunde anweisen, wen du nur diese
ausfindig machst und bald zu sehς bekomst. Unterdessς wird dir auch hς: Baron
Bach vermuthlich ein und andςe Personς zu sagς wissς, wo sie wohnς. Was man für

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die Fiacres bezahlt wird dir hς: Wendling und iedermann sagς: wen man ihn länger, als nur
auf ein Ort allein zu fahrς, nämlich auf langere zeit braucht; so zeigt man dem Fiacre
beÿm Einsitzς die uhr, und sagt wie viel es ist, dan zahlt man, so viel mich erinere, für die
erste Stund 24 Sols, und dann für iede der übrigς stundς 12 Sols: auf diese Art kan
man ihn einige Stunde behaltς und vor dem Hause, wo man sich aufhält wartς lassς.
ieder Fiacre hat seine Numero, die man sich merkt; und man zahlt ihn, wen der Curs
vorbeÿ ist. wen du zu fuß gehest, must du dich in obacht nehmς, beÿ nassem wetter sind
die rundlecht ins viereckgehende Pflastersteiner in Paris sehr schlüpferig, daß man imer
ausglitschet. Nun will ich dir noch einige Nähmς von andς Personς unserer damaligς
bekanntς Personς hersetzς. nämlich Mr: L'Abbé Causargue Capellmeister in dς Königl. Hof=
Capelle zu Versailles, ein brafer Man, beÿ dem wir gespeiset habς. Mr. Eckard Clavierist.
Mr. Gaviniés Violino. Hochbrucker, Harfenist; er ist, wie du weist, ein lustiger Narr, aber
seinen Umgang must du meidς, dan er ist wegς seinem liederlichς Lebς, in dem schlechtestς Ruef,
ein grober Kerl und Schuldςmacher. Mr: Du Borde ein sehr hochmütthiger Violonzellist.
Mr: Tournere Organist von Hof. Mr: Molitor waldhornist in Versailles. Mr: Harand violino.
Mr: Besson, violino. Mr: Le Grand Clavierist, Mr: Jeliote chanteur au Theatre p:
Mr: Mayer Harfenist. Mr: Heno waldhornist beÿm Prinz Conti: Mr: Duni Maitre de
chapelle, hat einige opera Comique geschriebς. Mr: Canevas Violonzellist, dessς dochter den
hς: Cramer geheÿratet hatte und in Manheim gestorbς ist. Mr: Le Duc violino. Mdsse: Fel
alte Sängerin vom franzς: Theater. Mr. Cahaut jouer de la Liute chez Prince Conti.
Mr: Hanauer Clavecin. Mr: Philidor Compositeur. p: Ich darf dirs aber nicht sagς, du weist
ohnehin, daß der Umgang mit diesen Leutς von keinem Nutzς, sondς eine vertraulich=
keit mit dem mehrern Theil dieser Leute nur zum Schadς ist: nur etliche wenige aus=
genomen =. Sollte Gluck, Piccini da seÿn, so wirst du ihrς Umgang möglichst meidς,
und so auch mit Gretry keine Freundschaft machς. de la politesse, et pas d'autre chose.
Mit hohen Standspersonen kanst du imer ganz natürlich seÿn, aber mit allς andς
mache einς Engelländς, das bitte ich dich. seÿ nicht so aufrichtig! lasse vor keinem
Friseur odς andς domestiquen geld, ring odς uhrς sehς, noch weniger so da liegen.
                    vor deinen Freunden Nichts merken          Geld bekömmst.         wie viel
lasse auch vsr dlfnln irlhndln nfcut alrkln, wan du gled blksaaot, odς wfl vfle
     du hast          du Geld
dh umot. Hast dh gled so mache Bekanntschaft mit den Baquiers Tourton et Baur,
ich behielt nur das nothwendigste in Handς, das übrige gab ich ihnς aufzuhebς, sie gabς mir
einς Schein darüber, und so war ich sicher, daß es mir nicht gestohlς wurde, und wollte ie=
mand etwas entlehnς, so konnte ich mich entschuldigς, ich hätte es nach Salzbς: geschickt.
beÿ der Nacht gehe niemals zu fuß. und endlich denke Täglich, was du Gott, der dir so ausser=
ordentl: Talente gegebς, schuldig bist. Nehme mirs nicht übl, daß ich dir es so
oft erinere, du weist, was ich als dein Vatter schuldig bin. Es verdroß dich, daß ich letzlich
                                    des Beichten
ein Erinerung wegen dla bflcutln machte. Setze dich an meine Stelle, und sage dan, ob
ich es zu thun nicht schuldig bin – – ? Gott! wen sehe ich dich wiedς! ich küsse dich millionmahl
                                             und bin dein gewissester wahrer Freund und Vatter L: Mzt mp

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