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[... (Schluss der Abschrift des ersten Teils des Briefes vom 6. November 1762)]

                 N. 7.
                        Wien den 24:tn Novembris 1762.

Dero Leztes habe richtig erhalten. Ich hätte auch alles
so gethan wie sie mir und die bewuste Gute Freunde
es angerathen haben, wenn ich sogleich mit mir selbst
hätte einig werden können: und endlich habe ich den
Entschlus gefast solches auf komenden Post=Tag zu thun.
Die Ursachen, die mich in einen gewis betrübten
Stand der Unentschlossenheit gesetzet, mus ich ihnen
seiner zeit mündlich sagen, Doch wird dann auch
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Dieß nicht vergeblich seÿn? – – genug! wenn auch Dieses fehl
schlägt, so muß ich dann auf andere Gedanken verfallen.
Nun auf uns selbst zu komen; so leben wir Gott Lob gesund,
und müssen mit gedult abwarten, bis wir unsere Sache
wieder hier in den alten guten Gang bringen, denn hier
förcht sich die Noblesse vor Blattern Flecken, und allen
Gattungen des Ausschlags, folglich hat uns die Krankheit
des Buben um respective 4. Wochen zurukgeschlagen: dann
obwohl wir unterdessen, als er schon gesund ist, 21 Dukaten
eingenomen, so ist doch solches nur eine Kleinigkeit: in dem
wir täglich mit einem Dukaten genau auskomen; und
es giebt täglich Nebenbeÿ andere Ausgaben. Unter=
dessen leben wir sonst guts Muths. Die Hof. Dame Frl:
Gräfin Theresia v Lodron hat uns kürzlich grosse Ehren
erwiesen; sie hat uns in der Comedie mit einer Loge
bedienet |: die hart zu bekomen sind :| und hat meinem
Woferl SchuhSchnallen verehrt, die goldene Blattl haben,
und für ganz goldene Schnallen gehalten werden. Am
Elisabetha Tag haben wir die Galla=Tafel gesehen.
Die Ehren und Gnaden, die uns von der Noblesse alda
wiederfahren sind ausnehmend; und es wird ihnen
genug seÿn, wenn ich ihnen sage, daß Se: Maiestät
die Kaiserin mich von der Tafel weg angeruffen, ob der
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Bub nun recht gesund seÿe? Das Caecilia Fest zu beschreiben
mus ich auf eine mündliche Unterredung ersparen, dann
wir werden viele Sessiones nöthig haben, um alles ins klare
zu bringen. am Caecilia Fest haben wir beÿ dem Kaiserl: hς:
Capellmeister v Reitter zu Mittag gespeiset. Wenn wir
nach Hause komen, werde ich der Frς: Hagenauerin die
Speiß Lista recitiren. Gestern haben wir beÿ dem hς:
v Wahlau
gespeist, und Abends hat uns unser hς: Doctor
Bernhard
in die Opera in eine Loge abgehollet. So
geht halt im Namen Gottes ein Tag nach dem an=
dern weg. zum hς. Reitter und hς: v. Wahlau wären
wir, so oft wir wollten, eingeladen: allein es möchte
der Gesundheit meiner Kinder schädlich seÿn, unter
anderen kosten die Wägen mich sehr viel, denn 2.
3. auch 4 Siebenzehner des Tags ist ordinaire,
und werden wir durch Herrschafts Wägen bedient,
so fressen die Trünkgelder für Kutscher und
Laquey eben soviel. Wenn sollen wir dann nach Hause
komen? – – auf Weihnachten oder auf das Neue
Jahr? – – leben sie mit dero Frau Gemahlin
und samentl. angehörigen wohl auf, und seÿen
sie versichert, daß ich ersterbe.