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                                                                 Manheim den 7 februar
                                                    
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                                    1778
Mein lieber Mann.                                                
Wendling

das der Wolfgang fest entschlossen ist, mit den Wlndefng nicht nach Paris
zu gehen, wirst du aus seinς vorigen brief von 4 februari ersehen habς.
die ursachen hat er dir geschriben, und es ist die wahrheit, es wehre
eine      üble Gesellschaft  wo  er   auch mit könnte verführt werden
eine h"ble glsleeocumit ws lr mhcu aft ksnntl hlriflrlt wlrdeln,
nichts desto wenige schreibe nur gleichwoll am herrn von grim.
auf disen hat er sein ganzes vertrauen, er kan dise Reise noch
alzeit nach machen, und hiere verliehrt er indessen gar nichts es
kostet ihme nichts, die witterung ist auch noch zu Rauh, under=
dessς kan er seine Composition verfertigen, und därff sie nicht
so übereillen. was die Neuigkeitς belangt, werden kinfftige woche,
widerumb die Comedi, und ball anfangen, dan die bürger
hetten einς vill zu grossς schaden, wan die trauer lenger werthe.
das es zu Salzburg so traurig zue geht glaube ich gerne, auf dise
         wird  wol               das ganze  Land    ruinirt  werden.  Ich bedaure
arth wfrd wsee nocu dmo gmnzl emnd Rhfnflrlt wlrdln. fcu bldmh=
     alle  gute  Leute, die zu  Salzburg      seyn müssen, bei einen solchen
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        Unthier
hntuflr. den herrn von schüden hofen winschen ich 1000 glick und Segen,
zu seiner heurath, er wird sie wohl brauchς. komt die freile louis
nicht mehr zu uns, und ist die Kranach nanerl noch in haus, wie ist
es dann mit den Herrn oberbreitter, bedient er noch die freile tonnerl
und der herr von Melck sein pepherl.
info
                                                     
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der hς: von schidenhofen hätte mir wohl
durch sie längst nachricht geben können, daß er in sin hat bald hochzeit zu
halten. ich hätte ihm neüe Menuett darzu Componirt. ich wünsche ihm vom
herzen glück. das ist halt wiederum eine geld heÿrath, sonst weiter nichts.
so möchte ich nicht heÿrathen; ich will meine frau glücklich machen, und nicht
mein glück durch sie machen. drum will ichs auch bleiben lassen, und meine
goldene freiheit genüssen, bis ich so gut stehe, daß ich weib und kinder ernähren

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kan. dem hς: von schidenhofen war es nothwendig sich eine reiche frau zu
wählen; das macht sein adl. Noble leüte müssen nie nach gusto und
liebe heÿrathen, sondern Nur aus interesse, und allerhand nebenabsichten;
es stünde auch solchen hohen Personen gar nicht gut wen sie ihre frau
etwa noch liebeten, nachdem sie schon ihre schuldigkeit gethan, und ihnen einen
Plumpen Majorads=herrn zur welt gebracht hat. aber wir
arme gemeine leüte, wir müssen nicht allein eine frau nehmen, die
wir und die uns liebt, sondern wir därfen, könen, und wollen
so eine nehmen, weil wir nicht noble, nicht hochgebohren und adlich,
und nicht reich sind, wohl aber niedrig, schlecht und arm, folglich
keine reiche frau brauchen, weil unser reichthum nur mit uns aus=stirbt,
den wir haben ihn im kopf; – – und diesen kan uns kein mensch nehmen,
ausgenomen man hauete uns den kopf ab, und dan – – brauchen wir
nichts mehr. wir haben ihren brief vom 2:ten feb:ro richtig erhalten.
die hauptursach warum ich mit den leüten nicht nach Paris gehe, habe schon
im vorigen brief geschrieben. die 2:te ist, weil ich recht nachgedacht habe,
was ich in Paris zu thun habe. Ich könte mich mit nichts recht fort bringen,
als mit scolaren, und zu der arbeit bin ich nicht gebohren. ich habe
hier ein lebendiges beÿspiell. ich hätte 2 scolaren haben könen; ich
bin zu jedem 3 mahl gegangen, dan habe ich einem nicht angetrofen,
mithin bin ich ausgeblieben. aus gefälligkeit will ich gern lection geben,
besonders wen ich sehe, daß eins genie, freüde, und lust zum lernen hat.
aber zu einer gewissen stund in ein haus gehen müssen, oder
zu haus auf einem warten müssen, das kan ich nicht, und sollte es mir
noch so viell eintragen. das ist mir unmöglich. das lasse ich leüten
über, die sonst nichts könen, als Clavier spiellen. ich bin ein
Componist, und bin zu einem kapellmeister gebohren. ich darf

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und kan mein Talent im Componiren, welches mir der gütige gott
so reichlich gegeben hat, | ich darf ohne hochmuth so sagen, den
ich fühle es nun mehr als jemals | nicht so vergraben; und das würde
durch die viellen scolaren, den das ist ein sehr unruhiges metier. ich
wollte lieber, so zu sagen, das Clavier als die Composition negligiren.
den das Clavier ist nur meine Nebensach, aber gott seÿ danck,
eine sehr starcke nebensach. die dritte ursach dan ist, weil ich nicht
gewis weis, ob unser freünd Grim zu Paris ist. wen der zu Paris ist,
so kan ich noch allzeit auf den Post=wagen nachkomen, dan es geht
ein charmanter Postwagen von hier über strasburg Nach Paris. wir wären
allzeit so gereist. sie gehen auch so. der hς: wendling ist untröstlich daß
ich nicht mitgehe; ich glaube aber daß die ursache mehr interesse als
freundschaft ist. ich habe ihm nebst der ursache, die ich im lezten brief
geschrieben habe, | nemlich daß ich seit meiner abwesenheit 3 brief
bekomen hätte Ec: | auch diese wegen den scolarn gesagt, und ihn ge=
beten, er möchte mir etwas gewisses zuwegen bringen, so würde ich,
wen ich anders kan, mit freüden nachkomen; absonderlich wen es
eine opera wäre. das opera schreiben steckt mir halt starck im
kopf. französisch lieber als teütsch. italienisch aber lieber als teutsch
und französisch. beÿm wendling sind sie alle der Meÿnung das meine
Composition ausserordentlich in Paris gefallen würde. das ist gewis
das mir gar nicht bang wäre, den ich kan so ziemlich, wie sie wissen,
alle art und stÿl vom Compositions anehmen und nachahmen.
Ich habe der Mad:selle gustl, | die tochter | gleich nach meiner ankunft ein
französisches lied, wozu sie mir den text gegeben hat, gemacht,
welches sie unvergleichlich singt. hier habe ich die Ehre damit aufzuwarten.
beÿm wendling wirds alle tag gesungen. sie sind völlig Narrn darauf.

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Nun folgt eine Satyre die zu München gemacht ist worden. ich weis nicht
ist sie ihnen bekant oder nicht, ich schreibe sie einmahl für allemahl her.

     die guten östereicher.
um unser gräntzen zu decken,
ganz redlich und Pflichten getreü,
schickt joseph dem Fridrich zum schrecken
uns seine soldaten herbeÿ
da sind sie die nachbarn von osten
voll freündschaf bezoh schon ein thor
hüpsch ordentlich wachen und Posten
und joseph verlangt nichts davor.
Er giebt uns nur schutz; und wir raumen
ihm alles vom herzen gern ein.
wem sollte was böses wohl traumen
wie könten wir ruhiger seÿn? – –
gesezt nun sie sollten lang bleiben
gesezt auch es wäre betrug;
die frevler von uns abzutreiben
sind wir noch stets muthig genug.
wir haben zwar wenig soldaten
das wär ein zu kostbare waar,
doch haben wir tänzer, kastraten,
und Pfaffen in zahloser schaar
geschweige der Erz=brüderschaften
leviten=schwänz, jäger und hund
ach joseph! wen diese dich straften
sie stürzten dich wahrlich zu grund.
wir haben auch viell generalen
vielleich auch noch mehr als wie du,
du müstest die zeche bezahlen,
drum lass uns ja lieber in ruh.

wir hoffens und bleiben hier still;
die Preussen lass uns nicht herein!
das ist unser baierischer will,
du sollst unser schutz=Engel seyn.

josephs resolution folgt im Copert.

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Josephs res[ol]ution
im erhabenen ton.
Baiern! seÿ ruhig! ich kome
zu schützen,
und das geschüzte zu besizen.
das gröste verdienst von der Mad:selle weber
habe ich im lezten brief vergessen. das ist, daß
sie superbe Cantabile singt. ich bitte, vergessen sie
nicht wegen italien. ich recomandiere ihnen die arme
aber brave weberin von ganzem herzen. Caldamente wie die italiener sagen.
ich habe ihr 3 arien von der de amicis, die scene von der Duschek, | ich werde ihr mit nächsten schreiben, |
und 4 arien von Re Pastore gegeben. ich habe ihr versprochen einige arien von haus komen zu lassen. ich hoffe
sie werden mir die gefälligkeit erweisen, und mir selbe schicken; aber gratis das bitte ich sie, sie thun wahrlich
ein gutes werck. die lista von den arien ist auf den französischen lied, welches ihr vatter geschrieben hat, und
das Papier ist aus ein Present von ihm. es besteht aber nicht aus den blatt. Nun muß ich schliessen. ich küsse
ihnen 1000mahl die hände, und meine schwester umarme ich von ganzen herzen. unsere Empfehlung an alle gute
freund und freunde, besonders an hς: bullinger. addio ich bin dero gehorsamste sohn wMzt mp
            ich dancke für die Sonaten auf 4 händ
            und fischers variationen.

                                             Nach 7 Febr 78
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N: 32
N: 32

À
fco Augspurg
Monsieur
Monsieur Leopold Mozart
Maitre de la Chapelle de S: A: R:
L'archeveque de salzbourg
à
Salzbourg.