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                                                                                                5 Febr 78
     Mein Liebes Weib!
Da ihr diesen Brief dς 11 oder 12 erhaltς werdet, und ich zweiflς muß ob noch ein schreibς den Wolfgς: in
Manheim antreffς wird; so will ich mich durch diesen Einschluß beÿ ihm Beurlaubς! ich schreibe dieses
mit weinendς Augen. Die Nanerl Küsset den Wolfgς: ihrς liebς Brudς millionmahl. Sie hätte etwas
in meinς Brief hineingeschriebς und sich beurlaubt: allein, dς Brief war zu voll geschriebς, und
ich hab ihn ihr auch nicht lesen lassen. wir bittς den Wolfgς: auf seine gesundheit obacht zu gebς,
und beÿ seiner zu Hause gewohntς diäte zu bleibς;
sonst heist in Paris gleich Aderlassς, alles hitzige
ist ohne hin sein feind. Er wird das grosse lateinische Gebettbuch wohl mitnehmς wo alle Psalmς
in dem grossen unser liebς Frauς Officio darin sind. wen er das deutsche unser liebς Frauς officium in
Manheim kaufen wollte, um es auch deutsch zu habς, so müsste er den aller kleinstς format zu
bekomς suchen, den die lateinischς Psalmς sind hart zu verstehς; damit ers auch deutsch hätte. in dem
Concert Spirituelle werden auch Künstlich geschriebene ConatrapunctPsalmς produciert; womit man sich in
grossen Ruef bringen kan = vielleicht würde er da auch sein Misericordias aufführς könnς. die operisten
komς nicht; sie sind dafür nach Straubing zu den österς: officierς gegangς. der fürst hat dem Magistrat abermahl 9 bälle
aufgedrungς, gestern war der erste und hatte 30 Personς; dauerte bis halbe 2 uhr, und es war um halbe 10 uhr noch keine
Seele, man fieng erst um 10 uhr zu danzς an: 1 Capaun und 6 Kandl wein wurdς verzehrt. hoffe ihr habt die 2 Sonatς
auf 4 Hände, die Fischerischς Variatς: und das Rondò in einem Briefpaquet erhaltς? – – der hς: Adlgasser seel: hat in
der Ewigkeit keinς gutς Calcantς gefunden: der alte DomCalcant der 80jahrige Thomas ist ihm auch in die Ewigkeit
nachgefolgt. die grösste Neuigkeit ist, daß M:me Barisani mit ihrem ehrlichς altς Man
in eine erstaunliche Eifersucht gerathς, weil er und
der Checco einige mahl abends zum schönς Freysauf, dς
die hüpschere, aber geistlose frau hat, auf ein
spiel gegangς. Es war ein erstaunl: Lermς.
lebe wohl wir Kissen euch Millionmahl
                                                               Mzt mp
alles empfς: sich, sondhς: hς: Bullinger &c
und die wachtmeister Clessirin, Mölk=Waberl &c:

INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
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À Monsieur
Monsieur Wolfgang Amadé
Mozart Maître de Musique

Frcoaugς
   à
Manheim

N:o 36.

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1881
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info
Mein Lieber Sohn!                                                            
38
        Salzbς dς 5 febrς:
                                                                                                                     1778

Da allem vermuthen nach dieser der letzte Brief seÿn kan, den du von mir gewiß noch in
Manheim erhaltς wirst; so ist er an dich allein gerichtet. Wie schwer es mir fällt, daß
nun weis, daß du dich noch weiter von mir entfernest, kannst du zwar dir in etwas
vorstellen, aber mit derienigen Empfindlichkeit nicht fühlen, mit der es mir auf dem Herzς
liegt. Wen du dir die Mühe nehmς willst bedächtlich nachzudenkς, was ich mit euch zweÿ Kindς
in euerer zartς Jugend unternohmς habe; so wirst du mich keiner Zaghaftigkeit beschuldigς,
sondern mir, mit allen andern, das Recht wiederfahrς lassen, daß ich ein Man bin und
allzeit war, der das Herz hatte alles zu wagen. Nur that ich alles mit der menschen=
möglichstς Vorsichtigkeit, und Nachdenkς: – wider die Zufalle kan man dan nicht; den
nur Gott sieht die Zukunft voraus. Wir waren freilich bisanhero weder glüklich noch
unglücklich, es war so, Gott seÿe es gedankt, so mitten durch. Wir habς alles versucht, um
dich, und auch uns durch dich glücklicher zu machς und wenigst deine Bestimung auf einς
vestern Fuß zu setzς; allein das Schicksaal wollte, daß wir nicht zum Zweck kahmς. Ich bin
aber, wie es dir bekannt, durch unsern letztς Schritt, tief hineingesunckς, und du weist,
                                         schuldig  bin                             monatlichen Einnahmen
daß ich nun gegen 700 f ocuedfg bfn, und mit meinem asnmtefculn lfnnmal
                               mich die Mama und deine Schwester  unterhalten
nicht weis wie nun afcu, dfl amam hnd dfnl ocuwlotlr hntlrumetln werde, da
                                               dem fürsten     keinen Kreuzer  zu
itzt gar in meinem Leben von dla ifrotln nicht lfnln Krlhzlr zh usiiln umbl. 
hoffen habe

du siehest also sonenklar ein, daß deiner alten Eltern, und gewiß gutς dich von ganzem Herzen
liebendς Schwester zukünftiges Schicksaal lediglich in deinς Händς ist. Ich habe seit euerer Geburth
und auch schon vorhero, seit dem ich verheurathet bin mir es gewis sauς genug werdς lassen,
um nach und nach einer frau und 7 Kindς 2 Ehehaltς und der Mama Mutter mit etlich und
        monatlichem gewissen Einkommen      unterhalt zu verschaffen
20 f asnmtefculm glwfooln lfnksaaln hntlrumet zh vlrocumiiln, Kindbettς,
                                       auszuhalten
todfälle und Krankheitς mhozhumetln, welche unköstς, wen du sie überlegst,
dich überzeugς werdς, daß ich nicht nur allein nicht einς Kreuzer auch nur zu meinem mindestς
vergnügς angewendet, sondς ohne sondςbare Gnade Gottes, beÿ aller meiner Spekulation und
                                                                                            Schulden zu leben
sauern Mühe es niemals hätte dahin Bringς könς ohne ocuhedln zh elbln: und denoch war
ich niemals in Schulden    als ist
fcu nflameo fn ocuhedln meo fzt. Ich habe dan alle meine Stundς euch 2 aufgeopfert,
in der Hofnung es sicher dahin zu bringς, nicht nur daß ihr beÿde seiner Zeit auf euer
versorgung rechnung machen könntet, sondς auch mir ein geruhiges alter zu verschaffς,
Gott für die Erziehung meiner Kindς Rechenschaft gebς zu könς, ohne fernere Sorge, nur
für mein Seelenheil sorgen und mit Ruhe meinem Todt entgegς sehς zu könς.
Allein die Fügung und der Wille Gottes hat es so geordnet, daß ich nun erst von
neuem der gewiß sauern Arbeit Lecktion zu gebς mich unterziehς muß, und zwar an
einem Ort, wo diese schwere Bemühung so schlecht bezahlt wird, daß man doch alle monate
seinen       der seinigen Unterhalt   nicht   herausbringt
olfnln und dlr olfnigln hntlrumet nfcut ulrmhobrfngt. und denoch muß man
noch frohe seÿn,                                                     und sich eine Brustkrankheit an Hals
                                                                                               etwas einzunehmen
reden, um wenigst                                                 doch ltwmao lfnzhnlualn. Ich habe
nun in dich, mein                                                    lieber Wolfgang, nicht nur allein kein,
auch nur das                                                          geringste Misstrauς, sondς ich setze in
deine kindliche Liebe                                             alles vertrauς und alle Hofnung: Es
komt nur auf                                                          dein gesunde vernunft, die du gewiß
hast, wen du sie                                                    hörς willst, und auf glückliche Umstände
an. das letzte                                                        lässt sich nicht zwingen; deine Vernunft
aber wirst du imer zu rathe ziehen, das hoffe ich, und das bitte ich dich.
du komst nun in eine ganz andere Welt: und du must nicht glaubς, daß ich aus Voruhrtheil Paris
für einς so gefährlichς Ort, au Contraire – ich hab, aus meiner aigenς Erfarniß, gar keine Ursache

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1881
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Paris für garso gefährlich anzusehς.
Allein meine damaligen, und deine
dermaligen Umstände sind himelweit
unterschieden. Wir waren in dem
Hause eines Gesandtς, und das zweyte mahl in einer geschlossenς Wohnung;
ich war ein gestandener Man, und ihr waret Kinder; ich vermied alle bekanntschaft, und
NB sonderheitlich mit Leutς von unserer Profession flohe ich alle familiarität; denke nach
ob ich nicht das nämliche in Italiς that. Ich machte nur Bekantschaft und suchte nur die
freundschaft mit Personς höhern Standes – und auch unter diesen nur mit gestandenς Leutς,
und nicht mit jungen Burschen, und
wärς sie auch vom erstς Range.
Ich Lued niemand ein mich in meiner
Wohnung öfters zu besuchς, um in
meiner Freyheit zu bleibς, und hielt
es imer für vernünftiger andςe,
wens mir gelegς zu besuchς. dan
gefällt mir der Man nicht, odς ich hab
arbeit und verrichtungς, so kan ich
weg bleibς. – im Gegentheil, komς
die Leute zu mir, und sind von schlechter
Aufführung, so weis ich nicht, wie ich
sie los werde; und oft ein mir sonst
nicht unangenehme Person hindert mich
an meiner nothwendigς Arbeit.
du bist ein junger Mensch von 22 Jahrς;
hier ist also keine Ernsthaftigkeit des
Alters, die einς jungς Bursche, wessen
Standes er auch imer seÿn mag, –
einς avanturier, einς schwenkmacher, –
einς Betrüger – er mag alt odς jung
seÿn abhaltς könnte deine freund=
schaft und Bekanntschaft zu suchς, um dich in seine Gesellschaft, und dan nach
und nach in seine Absichtς zu ziehς. Man komt so ganz ohnvermerkt hinein, und weis
alsdan nicht mehr zurück. Vom Frauenzimer will ich gar nicht einmal sprechς, den
da braucht es die grösste Zurückhaltung und alle Vernunft, da die Natur selbst unser
feind ist, und wer da zur nötigen Zurückhaltung nicht aller seiner Vernunft auf=
biethet, wird sie alsdan umsonst anstrengς sich aus dem Labirinth herauszuhelfen;
ein Unglück, das sich meistens erst mit dem Todt endet. Wie Blind man aber oft
durch anfangs nichts zu bedeuten habende Scherze, Schmeicheleÿen, Spasse pp: anlauffen
kan, darüber sich die nach der Hand erwachende                                  vernunft schämt,
magst du vielleicht selbst schon ein wenig                                            erfahrn habς; ich will
dir keinς Vorwurff machς. Ich weis, daß du mich                                    nicht allein als deinς Vatter,
sondς auch als deinς gewissesten und sicherstς Freund                         liebest; daß du weist
und einsiehest, daß unser Glück und Unglück, ja                                  mein Längeres Lebς,
oder auch mein baldiger Todt, nächst Gott                                           so zu sagς in deinς
Händς ist. Wen ich dich kene; so hab ich nichts                                    als Vergnügς zu hoffς:
welches mich in deiner Abwesenheit, da ich der vätterl: freude dich zu hörς, dich zu sehen
und zu umarmς beraubet bin, alleine noch tröstς muß. Lebe als ein guter Catholischer Christ,
Liebe und förchte Gott, Bethe mit Andacht und Vertrauς zu ihm mit voller Inbrunst, und
führe einς so Christς: Lebenswandl, daß, wen ich dich nicht mehr sehς sollte, meine Todes=
stund nicht angstvoll seÿn möge. Ich gieb dir von Herzς den vätterl: Seegen, und
bin bis in Todt dein getreuer vatter und sicherster freund                    Leopold Mozart mp

Hier sind unsere Pariser Bekanntschaftς, die dich
alle mit freudς sehς werdς. sonderheitl: must du der M:me
la Ducesse de Bourbon, ehemaligς Mademoiselle aufwartς.

Meinem Lieben Sohn
Wolfgς: Amade
Mozart.

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[... (Briefabschrift)]

Verzeichniß unserer damahligς bekanntς, und ihrer
damaligen Wohnplätze.
Mr Grim. Ruë neuve Luxembourg.
Mr de Bourgade. Ruë St Honorè, prez la place Vendome. Dieser
     war uns sehr gut, gab uns viel Louisd'or, da er
     uns oft zu seinς kleinς Musicken komς ließ. er ist
     ein Fermier gewesen: Er hat Brüder die uns auch
     sehr gut gewesen, einer derselben hatte eine hüpsche
     frau, die euch sehr liebte.
Mr: L'Abbé de Lorÿ Evéque. Gott weis, wo dieser seyn wird.
Mr: Le Comte Rhohan de chabau et son Epouse. au Place Royale. er
hatte damals eine Bande Blasinstrς:
Mr. de la Bove, conseiller du Parlement. Ruë Louis le Grand.
Mdme La Marquise de Calvisson, et Mdme de Caze sa Soeur – bey diesen
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                             deine schwester                     einen kleinen
2 Damen wars wo dlfnl ocuwlotlr beÿm Soupé lfnln kelfnln
farz
imrz hören ließ.
Mr. De la Live, Introducteur des Ambassadeurs. zwischen den obigen 2
     Damen und diesem de la Live finde geschriebς: au chateau
     du Coq prez la Chaussée d'Antin. ich weiss nur nicht ist
     diese Wohnung für die erstς, oder den letztς gemeint. ich
     glaub für die Damen.
Mr. de la Ferté, Intendant de Menu de plaisir du Roy. Ruë Louis le Grand.
Mr. de Civrac et Madame à l'Hotel de Mortemart Rue St: Guillaume
     Fauxbourg St Germain.
Mr. de Glatigny, Conseiller du Parlement et sa Feme.
Mdme de Manchon, Feme du President du Parlement.
Mdme de Champagne.
Mr de Moutblin, conseiller du Parlement.
Mr de Sauvigny, Intendant du Paris et son Fils: Ruë de Vendome au Ma=
                                                                                              rais.
Mdme La Duchesse d'Enville. Mr: Le Vicomte chabo e sa Feme la Fille
     de la Ducesse d'Enville,
Mdme de Boulogne, Ruë St Honore, vis à vis les Jacobins.
Mr. Pernon Tresorier.
Mr: de Sartine, dortmals Lieutenant general de Police. itzt ist er
     erster Minister von der Marine. seine Frau und er liebtς
     uns sehr, er erlaubte die 2 Concert. gab uns sein
     Portrait in Kupfer. sie spielt Clavier.
Mr: Le Duc de Chartre. Fils de Mgr le Duc D'orleans, der uns zweymal
     zu seiner Schwester der Mademoiselle D'orleans ins
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Kloster geführt, bey der Paisible als ein Knab Violinspieler war. die
Mademoiselle d'Orleans ist itzt Madame la Ducesse de Bourbon. Sie
hat dir dort ein kleines Clavierstück dediciert.
Mr: de Lugeac, Lieutenant general des Armées du Roy. Ruë Tourene.
Mr. et Mdme de la Requiere.
Mr: Le Comte de Montrevel.
Mr: de Bussy.
Mr. de Carmontel. der eure Portrait gemahlt hat, die in Kupfer sind.
Mr: de Bentheim. Dieser war öfter bey Baron Bache.
Mr: D'Epersenne Maître des Requetes.
Mr: D'Hebert Tresorier de Menu plaisir de Roy et sa Feme. dieser
     hat dir die goldene Tabattier und die 50 Louisd'or vom
     König eingehändiget. wir habς ihn auch auf seinen Land=
     haus und Gartς besucht, wo Ringelstechς, Schützς und aller=
     hand Spiel warς.
Mr: Le Comte de L'aigle et sa Feme.
Mr: Le President de Ronay. Ruë Culturne St: Catharine. vis à vis les
     filles bleus
Mr: Le Duc D'aumon.
Mr Le Marquis de Durfort.
Madme D'Epinay et sa fille. Ruë Richelieu.
Messrs Taerton et Baur. Banquiers au Place de Victorie
Prince Louis de Rohan Coadiuteur de Strasbourg.
Prince de Condé
Marquis de Castries
Le Prince Conti.
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Mdme La Comtesse de Tessé à son Epouse
Le Duc d'ayas son Pere.
La Princesse Carrignon.
La Princesse de Brancars.
Le Comte Dansivillier.
Msgr Le Prince Contj. au Temple.
Mdme La Duchesse d'aguillon. Ruë del'universite Fauxbourg St Germain.
Mdme La Comtesse d'Egmont. en son Hôtel Ruë de Louis le Grand.
Mdme La Comtesse de Lillebone. Ruë de l'université.
Mdme de St Julien. Ruë neuve de petit Champ
Mr: Le Comte de Maillebois. ruë Richelieu prez la ruë Sme Marc.
Mdme La Ducesse de Mazarin. fille de Duc Duras. ruë de Bourbon
     fauxbourg St Germain.
Mdme La Princesse de Robeck, Le Prince son Mary et son frere.
     ruë de regard faubourg St: Germain.

Mdme La Comtesse de Wall. ruë vaugirard.
Prince de Jurene e la Princesse.
Mr: Le General Montacette.