[S. 1]
33
Salzb
ς dς 19 Je
ner
1777
~1778? Ja
Meine Nachrichten von München sagen folgendes:
Nun eröffnet sich der Critische Zeitpunckt für Baÿern.
der 16te vestgesetzt, daß die östereicher mit einem Corpo von 10000 Man den ganzς Inn und
Donaustrohm besetzς werden. NB in Salzb
ς habς wir Nachricht, daß die Truppen an den gränzς bis auf
weitere Befehle noch halt machς müssς. Nun weiter!
S:e Churfς: Durchl: unser Churfς: sind bisher sehr
serieux und hat ein und andere Abänderungς getroffς, die unserer Noblesse nicht recht gefahlen
wollen. Niemand darf in sein Zimer ohne geruffen zu seÿn: nachmittag darf sich niemand beÿ
Hofe sehen lassen, ausser er wird gerufft. Er will nicht imer unter dem Schwarm seÿn, wie der
vorige Herr; und kein Minister, oder wer es imer seÿ, darf zu ihm, ohne daß er ihn verlangt.
keine Tafel hielt er bis dato, ausser mit dς Churfürstin und Herzogin, und nur eine kleine
Marchaltafel für die dienendς Camerherrn. der Churfς: arbeitet mit dem Canzler alleine,
alle Expeditionς gehς nur unter diesen 2 Personς vor, kein geheimder Secretaire hat dabeÿ
etwas zu thun, und so gehς und komς Courrier über Courrier und kein Mensch weis woher, odς wohin.
da giebt es unter der Nobesse freÿlich trüebe gesichter. was aber das Publikum dazu sagt, zeigς
die kleinς Reimς die dem Churfς: beÿ seiner Ankunft ins Cabinet gelegt wordς, nämlich.
Durchlauchtigster Regent, dein Volk ist gut gesinnt:
Doch we
n der Adl auch die Oberhand gewinnt;
So wirst du, wie
Maxmilian,
des stolzen Adls Unterhan.
B: Rumling ist als erster Camerknab erklärt wordς, und den von Manheim hat
der Churfς: zum 2tς gemacht. die Begräbniß war den 4tς um 3 uhr nachmittag: die erste
Vigil den 7, dan die 3 Predigς und 3 Requiem p: den 8, 9 u 10tς, wo dς Churfς: allzeit öffentl:
mit der ganzς Hofstatt über die gassen zog. Amt und Predig in dς HofCapelle wird
Künftighin mit dem Schlag 10 uhr anfangen, – Vespern und Lytaniς um 5 uhr.
Amt und Predig darf iedes nur eine halbe stund dauern. Beÿ der Musick sind die
wochentlichς vertheilungς abgeschaft, die accessisten entlassen, und beÿ iedem Dienst muß
die ganze Musik und Capelle erscheinς. alle unsere Hofleute waren vorher freÿe Repub=
licaner, dieser Herr zeigt uns aber, daß wir diener sind: vielen will es fast nicht in
Kopf: ich finde, daß es billig, und wir nichts dabeÿ verlierς, als unsere übertriebene
Bequemlichkeit. Beÿ der Ankunft fandς S:e Chς: Dl: die Churfürstin krank und un=
tröstlich. Er sprach ihr Muth ein und sagte, sie hätte nichts verlorς als einς Gemahl,
den Churfürstin wäre sie imer und hätte in allem zu befehlς; und sollte ihr ihre
Hofstatt zu wenig seÿn, so stünde es in ihrem Beliebς auszuwehlς, wen sie nur
wollte, er wäre auch bereit ihr täglich eine Tafel von 20 und 24 Couverts anzu=
schaffς. weiters fragte er die Churfürstin, ob sie nicht iemand ihrer Verwandtς sehen
möchte? – Sie antwortete der Churfς: v Trier könnte mich in etwas tröstς. alsogleich
schrieb der Churfς: an ihn, und schickte einς Currier ab: und dς 9tς ist der Churfς von
Trier mit der Prinzς: Kunigunde schon angekomς. Graf Castelbarco
kam nach Münchς um die opera des Monza zu hörς,
dan er wars, der ihm die
Scrittura verschaft hatte. der Graf gieng nach den Exequien wiedς von hier
ab, und Monza, der für sein Geschmier 300 duccattς empfangς und doch nicht
recht zu friedς war, sollte mit ihm abreisen, bekam das fieber und
#
blieb zurück! NB der allervernünftigste h
ς: HofCapellmeister aber hält es
für eine Verstellung und
intrigue um nach dem erstς Getü
ml es durch
h
ς: Gr: Daun zu versuchς, ob er nicht nach
Bernasconi hoffnung habς könnte
Capellmstr in München zu werdς.
l'é un Italiano, e questo basta
# So nennt er sich hier im Spaße selbst, die Madam Robinig nachäffend. Siehe vorher
INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 2]
auf graf
Berghembs Todt sind die abscheulichstς Sachς geschriebς wordς. da er beÿm Lebς ohne
verschmierung seines
Favorits und oft seiner Person nicht zu sprechς war: so wurde als sein Körper
auf dem Parade Beth ausgesetzt wurde, an die Hausthüre angeheftet:
Heute ist Graf
Perghem das erste mahl gratis zu sehς. Gleich darauf kam eine andςe schrift, die
hieß. Graf Perghem lieget hier dein Geisel Bayerland,
der deines Fürsten Macht mit goldnς Fesseln band.
Ihr Bayern bittet nur des Allerhöchstς Gütte,
Daß dieses Unthiers Staub, kein zweytes Unthier brüthe.
Es ist sehr vieles Geschmier, das nicht verdient gelesς zu werdς, auf den tod des Churf
ς: heraus=
geko
mς. die beste
ode fängt an – Es Tönt, es Tönt das dumpfe Trauergeläute
Recht fürchterlich – wie der Posaunenschall
Beym Weltgericht von der vier Winde Seite
durchtönen wird die Erde siebenmal.
Sie ist gedruck, vielleicht ist sie nach Manheim geko
mς. Sie hat 17 Stroffς, folglich zum
abschreibς zu lange, der Buchhändler
Fontaine wird sie wohl vom Münchner Markt mit nach
Hause bringς. In Münchς ist diese ode verbothς wordς, weil sie die 2
Mediciner recht fürchterlich
und alt=testamentisch verflucht und ihnς Schuld giebt als hättς sie ihn aus
Interesse um das
Lebς gebracht. Dieß habe gestern den 18
tς geschriebς, aber auch abends noch
gewiß und
sicher erfahrς,
daß die öster
ς: truppς gleich wieder
ordre zum
Marche erhaltς und nun auch wirkl: in
Braunau,
Scharding &c: und allς den ortς eingerückt. gegen
Scharding sind auf einmahl 8
Battallion
folglich 4 Regimenter angeruckt, und haben sich da
n vertheilet. ferner weis ich
sicher
und gewiß, daß alle
officier zu einem weiten
Marche sich gefasst zu machς und sich leicht zu machς
die schärfeste
ordre hattς, folglich solche alles in Linz und wo sie i
mer lagς verkauft habς.
zu was nun diese vorsorge, we
n sie nur den
Inn und
Donaustrom in Baÿern nehmς und
besetzς wollς? – – Ich schrieb euch letzlich ihr sollt acht habς ob die Preussς keine Bewegung im
Clevischς
machen. de
n odς öst
ς: und Preuss
ς sind schon verstandς odς nicht? – sind sie verstandς, so ni
mt
dem König in Preussen
ieder was ihm beliebt. sind sie es nicht? so giebts schläge. ka
n es de
n dlm ksnig fn Prlfooln
nicht einfallen, den Kurfürsten Jülich wegzunehmen, wen von
nfcut lfnimeeln dln Cuhrifrotln Jh"efcu wlgzhnlhaln, wln östereich
vsn
Bayern an sich ziehen will
bmÿlrn wmo mn ofcu zfluln wfll? – – das ka
n nun beyderseits oben beÿ euch,
und hier beÿ uns grossen Lermς setzς. Manheim ist schon a
no 1689 von den Franzosς gänzlich
zugrunde gerichtet wordς.
ano 1710 hat man erst wiedς angefangς solche in den itzigς Stand zu
setzς. Gott gebe, daß alles gut und friedlich abgehe. Ich wünschte es wäre
ist der späthe Herbst,
so könnte man doch noch hoffς, daß manches mit der feder ausgefochtς würde; allein nun
ko
mt das frühejahr, wo der Soldat gleich auftrettς ka
n, und ieder gleich zum Werk schreitet,
da er weniger durch Kälte und böse Witterung gehindert wird. du schreibst mir, daß du dich
auf deine Reise nach Paris so leicht zu machς gedenkest, als i
mer möglich ist. das ist recht ge=
dacht: allein etwas in Manheim zu lassς, würde übl gethan seÿn. Ich habe es erfahrς, und
dausendmahl bereuet, we
n ich etwas zurückgelassς, dadurch ich gezwungς war, wieder
an den Ort
par force zurückzugehς oder meine Sachς mit Gefahr und vielς Unköstς ko
mς
oder gar im stich zu lassς. Ich würde niemals das zweÿte mahl von Engelland nach Paris
gegangς seÿn, we
n ich nicht viele Sachς dort gelassς hätte. Ich würde viel Geld in Holland
erspart habς, we
n ich nicht von
Callais unsere Belze und andςe Sachς nach Paris geschickt hätte,
weil ich nicht vorsehς konnte, daß meine Kindς in Holland solltς krank werdς, ich dort zu
bleibς und da
n viele Sachς um theueres Geld neu anzuschaffς
sollte gezwungς seÿn. Du must also deine Kleider mit nehmς. Und was betrift es? –
hefnerische
dein Tüchenes Goldbordiertes Kleid. das ulinlrfcul Somerkleid. das blaue mit
Silberspizς; und deinς tüchenς Rock mit Creppinς mit der Rothbordiertς Veste. die 2 Seidenς
So
merkleider nehmς fast keinς Platz ein. Es ko
mt also nur auf die 2 düchenς Kleider
an. Wenn diese 4 Kleider im
Coffre zusa
mgedrückt sind so wirst du einen
Coffre nötig
haben, der etwa 4 finger, we
ns hoch ko
mt, höher seÿn muß, als we
n etwa ein
odς 2 düchene Kleider weg bleibς, das ist alles. Ich weis es von dς Erfahrniß. deine 2 schlechte
INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 3]
So
merkleider ka
nst du in Ma
nheim verkauffς, die Judς bezahlς oft eine Sache besser und gewiß
besser als hier. wo nicht – so mags die Ma
ma mit nach Hause nehmς. die 2 schönς So
merkleider
Lilien
und das kleid vom gr:
efefln must du
absolute mit nehmς und auch das mit
Creppinς:
sollten aber die Goldbortς auf der Rothς
Veste gar zu sehr abgetragς seÿn, so ka
nst dieses
Kleid der Ma
ma mit gebς. Sie ka
n in das grosse
Coffre genug einpackς. so
nst, we
n
die
Veste noch schön ist, steht das kleid gut; wo nicht, so daugς uns die Bortς zum aus=
bre
nς. – ausgeno
mς
NB es würde euch gut bezahlt. Du must und ka
nst dich nach deinς
h
ς: Reisegefährthς nicht richtς. Euere Umstände sind sehr unterschieden. Diese Herrn
gehen nur auf eine besti
mte kurze zeit nach Paris; ihr
interesse will, daß sie nicht nur wenig
Bagage mit führen, sondern ihre schönς Kleider für Manheim zu ihrς
galla=tägς schonς; in Paris kö
nς
sie nicht in einem
ordinair=gemeinς kleid herumgehς, wie zu hause, ebς so, wie wir die kleidς, die wir
in Salzb
ς: am Sontage tragς, andς orts täglich truegς. wolltς sie in Paris ihre schönς Kleider täglich ab=
tragς, so würdς sie in die betrübte Nothwendigkeit verfahlς, andςe schöne Kleider sich wiedς anzuschaffς,
um an ihrem Hofe zu Hause mit Ehre zu erscheinς. da man nun mit einem schwarzς Kleid, und
zur Parade mit einer reichς
Veste überal in Paris |: und auch ander orts :| mit aller Ehre auf=
trettς ka
n, so ist aus allς dem, was gesagt habe, ganz richtig, daß ihre Anstaltς gut sind.
deine Umstände sind ganz anders. Es würde sehr närrisch seÿn, we
n du nur nach Paris reisen
wolltest, um dich sehς zu lassς und da
n mit diesς Herrn wiedς nach Manheim zurückzugehς.
daß alle dich wieder zurück wünschς, glaube gerne; die Ursache darf dir nicht sagς, du weist
sie. da du nun aber suchς must grössere Schritte, Rhum, Ehre, und grossς Nahmς, so viel
i
mer möglich ist, und dadurch dir auch Geld zu machς: so ist dieß kein Werk von etlichς
Monatς, noch weniger von etlichς Wochς. Mir scheint also, daß deine Hauswirthschaft erfordςt
deine Kleider mitzunehmς: du magst sie nun brauchς odς nicht |: du wirst sie aber brauchς :| so ist
es i
mer besser we
n man seine sachς beÿ sich hat, und in
seiner freyheit ist hinzureisς wo man will ohne erst für
Sachς besorgt seÿn zu müssς, die andς orts sind. Ich glaube
demnach, daß es u
nötig ist dir in Ma
nheim ein schwarzes
kleid machς zu lassen.
erstens mangelt es dir nicht an
schöner Kleidung beÿ Deiner ankunft.
zweytens beko
mst
du ein schöners schwarzes duch in Paris, und es muß
doch ebenso wohlfeil, wo nicht wohlfeiler seÿn in Paris, als in Manheim, wo |: we
n es
auch französ
ς duech ist :| der Kaufmann darauf sein
Porto wenigst gewi
nς muß.
drittens müst ihr itzt auf weniger
Geldausgabς antragen, da du und die Ma
ma zum reisς
Geld haben müsst. daß die Bordiertς Kleider nicht
mode seÿn sollς ist nicht zu glaubς. ja,
für alle täge, das gieb ich zu. Man hatte mir auch gesagt, in London därffte man weder
Degen noch
harbeutl p: tragς. Ich ließ es in Paris; muste da
n degς entlehnς und theuer
dafür bezahlς, und ließ endlich gar unsere
Degen von Paris ko
mς. durch Schadς wird man
witzig. du hast ia dein
Poucefarbes Kleid beÿ der Ankunft; findest du es nothwendig
ist da
n bald ein schwarzes Kleid gemacht: würde da
n das neue schwarze Kleid nicht
auch im
Coffre seinς Platz brauchen. und im So
mer? da
n wiedς neue Kleidς machς lassς? – –
denke nach! deine Gesellschaft und du habς ganz ein verschiedene Absichtς. Nehme du deine
schönς Kleider, und mache es wie dir obς geschriebς habe. Was die Musikaliς anbelangt, soll
ebenfals nichts in Manheim bleibς, du ka
nst was du willst, we
ns möglich um das
Copiatur=
geld in Manheim verkauffς, da odς du odς ich die Spartiturς habς; we
n auch der bogς um 8 odς
10
Xr verkauft wird, da dort 12
x schreibgeld bezahlt werdς. oder du könntest dich beÿ h
ς: Schmalz
erkundigen: es werdς wohl auch nach Paris fuhrleute gehς. man könnte alles in einς
kleinς verschlag thun
NB nur aber deine Hauptspartiturς nicht, und so nach Paris schickς,
darauf schreibς wo es abzugebς, samt deiner Adresse und das es musikaliς sind. da
n in Paris
wirst du alles gut anbringς. Geht alles dieses nicht;
NB beÿ mir müsste es gehn! so soll
die Ma
ma es nach Hauß bringς. In Manheim muß nichts bleibς. das übrige schreibe
nächstens.
Wmo dh wlgln dlo Kmyolrs dlhtoculr Spplrm ocurlfbot, umbl alsogleich
Was du wegen des Kaisers teutscher Opera schreibst, habe
INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 4]
an Heufeld geschriebς mit allen Umständς, auf das dringendste und ihn so gar gebethς
sich allsogleich durch eine Bittschaft an den Kaiser und die Kaiserin zu
ofcu meogelfcu dhrcu lfnl bfttocumit mn dln kmfolr hnd dfl kmfolrfn zh wendς.
nächstς Posttag schreibe an Oberstallmstr gr: diechtrichstein und an die
Dr: Vauggin
und andςe die ich glaube etwas thun zu kö
nς. alles empf
ς: sich euch, die
Na
nerl und ich kissς euch viel 1000 mahl
u bin alzeit dς alte Mzt
mp
war
dlr Pimperl
wmr läuffig; ist nun alles vorbeÿ.
Eben itzt ist der
Vollenhals Chorherr gestorbς.
Pinzger, Hafenedς und
Stadler
sind gestern frühe nach dem A
mt ins Stockhaus gewandert, weil sie am Samstag
zu späth zur Musik nach Hofe geko
mς. abends zur Musik wurdς sie wiedς ausgelassς.
Sgr: Rossi ist hier um
subscription zur
opera buffa zu machς, dς Erzb
ς: hat darum ge=
schriebς. was daraus wird, muß erst sehς.
Gilowsky wird die Pölzl
Compagnie
einfädlen.
Ich werde mit nächster Post wieder schreibς und etwas von der Sonaten einschliessς, dan dieser Brief
würde zu dick. bis dahin werde mehr von Krflgo mhoofcutln ocurlfbln ks"nnln.
den augenblick erfahre, daß die Kaysς: Truppς nicht unter nahmς als Kaysς: truppς, sondς unter dem
Nahmς als Reichstruppς zum Schutz des Churfς: eingerückt seyς. darüber wird wohl ein
Manifest herauskomς, wens so ist.
A Monsieur
Monsieur Wolfgang Amadé
Mozart Maître de Musique
à
Frcoaugς
Manheim
N:o 32.
INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881