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                                                          28.

                                                                     Manheim den 17
                                                                      Jener 1778
Mein lieber Mann.
heunt habe ich deinς brief von 12 datiert mit freiden erhalten
bedaure das so ville leuth kranck sein, es ist halt die schlechte
witterung schuld, hier haben wür villen Regen gehabt,
und iezt ist es für dise zeit zimlich warm, und sehr ungesund.
Von Neuigkeiten hert man hier nichts, es ist alles so still
                                                          Kaiserlichen Soldaten
man hat schon darvon geredet, das die Kmfoolrefculn
           in    Bayern marschirt  sind    aber keine rechte Gewissheit
oseeln fn bmylrn amrocuflrt olfn, mblr klfnl rlcutl glwfs=
      weiß  man nicht    ich glaube   wenn der Kaiser    was
ulft wlfo amn nfcut, fcu gemhbl wln dlr Kmfolr wmo
   wider den Kurfürsten in Sinn hätte würden sich der
wfdlr dln Khrifrotln fn sfnn ulttl, wfrdl ofcu dlr
   Kurfürst nicht   so lange  in  München  aufhalten   sondern
Khrifrot nfcut os emng fn affnfculn mhfmltln, osndlrn
                Mannheim    reisen              Baron Lehrbach
wider nach manulfa Rlfooln, das der bmrmn lfhrbmcu
    kasierlicher Gesander ist  wissen
Klfslrefculr glsmndlr fot wfooln wür schon und Kennen
                           Er ist ein brawer Herr und          hier
ihm recht gueth. lr fot lfn brmvlr ulrrn hnd ist uflr
gewesen
glwlooln, wür habe einς brief an ihm gehabt, von
                                          Lehrbach
den Salzburgerischς baron elurbmcu, der wolfgang hat
ihme hier in unsern würthshaus übergeben, gott gebe nur
das alles Ruehig bleibt, meine nach haus Reise wurde
                                      Soldaten im Lande
nicht gar lustig sein, wan osedln fn emnd wehren,
bewahr mich gott darfür, ich müste für furcht vergehen.
ich Lebe indessen in der hoffnung, das es sich in kürze zeigen
mues, wo es hinaus will.
info
                                            *
                                       
[
künftigen Mittwoch werde ich auf etliche
täge nach kircheim Poland zu der Prinzessin von oranien gehen; man hat
mir hier so viell gutes von ihr gesprochen daß ich mich endlich entschlossen habe.
Ein holländischer officier, der mein guter freünd ist, ist von ihr entsezlich
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ausgescholten worden, daß er mich, als er hinüber kam ihr das neüe jahr
anzuwünschen, nicht mitgebracht hat. auf das wenigste bekome ich doch 8
louisd'or. den, weil sie eine ausserordentliche liebhaberin von
singen ist, so habe ich ihr 4 arien abschreiben lassen, und eine sinfonien
werde ich ihr auch geben. den sie hat ein ganz niedliches orchester, und
giebt alle tag accademie. die Copiatur von den arien werden mich
auch nicht viell kosten, den die hat mir ein gewisser hς: weber,
welcher mit mir hinüber gehen wird, abgeschrieben. ich weis nicht habe ich
schon von seiner tochter geschrieben oder nicht – – sie singt halt
recht vortreflich, und hat eine schöne reine stim. es geht ihr nichts
als die action ab, dan kan sie auf jedem theater die Prima dona
machen. sie ist erst 16 jahr alt. ihr Vatter ist ein grund=ehrlicher
teütscher Man, der seine kinder gut erzieht, und das ist eben
die ursach warum das mädel hier verfolgt wird. er hat 6 kinder,
5 Mädeln und Einen sohn. er hat sich | mit frau und kinder | 14
jahr mit 200 fς: besoldung begnügen müssen, und weil er seinen
dienst allzeit gut vorgestanden, und dem Churf: eine sehr geschickte
16 jährige sängerin gestellt hat, so hat er nun – ganze 400 fς:
meine arie von der de amicis, mit den entsezlichen Pasagen, singt
sie vortreflich; sie wird sie auch zu kircheim Poland singen. sie ist im
stande sich selbst zu lehren. sie accompagnirt sich recht gut; und
spielt auch Passable galanterie. das glücklichste für sie in Manheim ist,
daß sie von allen Ehrlichen und gutdenckenden leüten gelobt wird;
der Churf: und Chur:stin selbst haben sie, wen es nur nichts kostet,
recht gern. sie kan zu der Churf. gehen wen sie will, alle tage,
und das hat sie ihrer guten auführung zu dancken.
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wissen sie um was ich sie bitten möchte? – daß sie mir nach ge=
legenheit, doch so bald möglich, so nach und nach, die 2 Sonaten auf
4 hände, und die Variationen von fischer schicken möchten! – –
ich würde sie zu Paris gut brauchen könen.
Ich glaube wir werden längstens den 15 feb:ro von hier abreisen, weil keine
opera hier ist. Nun etwas anders. vergangenen Mittwoch war in unserm hause
ein grosses tractament, und da war ich auch dazu eingeladen; es waren 15 gäste,
und die Mad:selle vom hause sollte auf den abend das Concert, welches
ich ihr gelehret, spielen. um 11 uhr vormittag kam der hς: kamer=rath mit
den hς: Vogler zu mir herein. der hς: vogler hat halt absoulument mit
mir recht bekant werden wollen. was er mich schon oft geplagt hat zu
ihm zu komen, das ist nicht zu beschreiben; Endlich hat er doch seinen
hochmuth besiegt, und hat mir die erste visite gemacht; überhaupts
sagen mir die leüte daß er izt ganz anderst seÿ, weil er dermalen
nicht mehr so bewundert wird; den die leüte haben ihn in anfang zu
einen abgott gemacht. ich gieng also mit ihm gleich hinauf; da kamen
so nach und nach die gäste, und wurd nichts als geschwäzt. nachtisch
aber liesse er 2 Clavier von ihm holen, welche zusammstimen, und auch seine
gestochene langweilige Sonaten. ich muste sie spielen, und er accom=
pagnirte
mir auf den andern clavier dazu. ich muste, auf sein so
dringendes bitten auch meine Sonaten holen lassen. NB: vor dem
Tisch hat er mein Concrt, | welches die Madselle vom haus spiellt, und
welches das von der litzau ist, Prima vista – herabgehudelt.
das erste stuck gieng Prestissimo das Andante allegro und das
Rondeau wahrlich Prestississimo. den Bass spielte er meistens anderst
als es stund, und bisweilen machte er ganz eine andere Harmonie
und auch Melodie. es ist auch nicht anderst möglich, in der geschwin=
dickeit. die augen könen es nicht sehen, und die hände nicht greifen.
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ja was ist den das? – – so ein Prima vista spiellen, und scheissen
ist beÿ mir einerleÿ. die zuhörer | ich meÿne diejenigen, die würdig
sind so genant zu werden | könen nichts sagen, als daß sie Musique
und Clavier spielen – – gesehen haben. sie hören, dencken –
und empfinden so wenig dabeÿ – als er. sie könen sich leicht
vorstellen das es nicht zum aus=stehen war, weil ich es nicht gerathen
konte ihm zu sagen. viell zu geschwind. übrigens ist es auch
viell leichter eine sache geschwind, als langsam zu spiellen.
man kan in Pasagen etliche Noten in stich lassen, ohne das es
jemand merckt; ist es aber schön? – – man kan in der ge=
schwindigkeit mit der rechten und lincken hand verändern, ohne das es
jemand sieht und hört: ist es aber schön? – – und in was
besteht die kunst, Prima vista zu lesen? in diesem: das stück
im rechten tempo wie es seÿn soll zu spiellen. alle noten,
vorschläg Etc: mit der gehörigen expression und gusto, wie es
steht auszudrücken, so, das man glaubt, derjenige
hätte es selbst Componirt, der es spiellt. seine aplicatur ist auch
Miserable, der lincke daum ist wie beÿm seeligen Adlgasser, und
alle läuffe herab mit der rechten hand, machte er mit den
ersten finger und daum. aufs nächste werde ich mehr davon
reden. den ich bin seitdem von ihm zu einer Musique eingeladen
worden. ich stehe halt doch im gnaden beÿ ihm. Addio. ich küsse
ihnen 100000mahl die hände und meine schwester umarme ich von
ganzen herzen. unsere Empfehlung an alle gute freund und freündinen
absonderlich an M:r bullinger und Madlle Salel.
ich bitte sie, schreiben sie mir doch ein schönes Abc    wolfgang Amadè Mozart.
mit gross und kleinen buchstaben; und schicken sie
mirs.