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An Joh. Jac. Lotter, Augsburg
Salzb
ς: dς 7
tς Julij 1755.
Monsieur mon tres cher amy!
Sie sind gar zu genau, daß sie sich so viele Mühe nehmς alle 3 Briefe,
und zwar in solcher Ordnung zu beantworten. Ich will ihrς Brief
vor mich nehmς, und mich ebenfals an die Ordnung haltς.
Ihr versprechς haben sie ma
nhaft gehaltς; und bedaure herzlich daß sie
eine so weite Reise fruchtloos hingeleget: denn Reisebeschwerdς aus=
stehς, und sich doch betrogς sehς, das ist einmal zu viel.
Daß ich im freÿsing
Salzbς: unterzeichnet habe, ist eine neue Marke
meines flichtigς Geistes, über welchς ich selbst i
mer klagς, und den ich
allezeit bestreittς muß. Wegen den Wörtern
Tact und
Musikal: Zeitmaaß, ist es einmal gewiss, daß zwar dς Ablativ
Tacte und
Zeitmaaße ganz richtig haben will. Allein wenn
zweene solche Ablativ zusa
mς ko
mς; so lässt es halt einmal lächerlich
Von dem Tacte odς Musikalischς Zeitmaaße zu sprechς. Wir wollen
das Miettel wählen, und setzς:
von dem Tacte odς musikς:
Zeitmaaß. Denn in der Folge meines
Mspts ist das Wort
Tacte sehr oft angebracht, wo es gut klingt;
Zeitmaaß hingegς
kö
mt seltς, und klingt auch besser ohne (e): weil die letzte
Sylbe ohnedem schon lang ist und ein neuer Anhang des (e) buchstabes
recht gezwungς lässt. wegen des
fordern odς
fodern war ich eben
aus den von ihnς beÿgebrachtς Ursachς auch ihrer Meinung; nur
der Satz hat mich verfiehret:
daß man in unserer ohnedem schon harten
sprache keine viele Consonantς einmengς, sondς selbe vielmehr ausmustern
solle; um die Aussprache zu erleichtern. übrigens bleibt es beÿm
erfordern.
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wegen dς Bücher
Comission werde schon Nachricht gebς. Was die
Tabell
anbelanget, wird alles nach ihrem Verlangς geschehς. Und wird freilich
sehr gut seÿn wenn ichs
ad Correcturς beko
me. Ja sie werdς mehr solche
sachς antreffς die ich vorher etwa werde sehς müssς. Nur das bitte
ich, sondςbar in Exempeln, im Zweifel nichtes zu lassς, sondern
mir lieber solches vorher
ad Corrigendς einzuschickς.
Der Probbogen ist zu meinem Vergnügς ausgefallς. so wohl dς
format
als die Lettern sind gut, und ich bin vollko
mς damit vergnüget.
Sie zeigen dadurch, daß man nicht nur in Leipzig und Hamburg,
sondς auch in Augsp
ς: fein arbeitς kan, und sie werden sich recht=
schaffene Ehre damit machς. fehler sind hauptsächlich nichts dari
nς.
pag. 3.
linea 8 stehet
gibt muß
giebt heissς.
linea 9. heist es
von
einandς in etwas unterschiedς. ich wollte lieber, daß hier, das
in etwas
odς völlig wegbliebe, odς anstatt dessς
ein bischen odς
ein wenig hinge=
setzet würde: weil das wörtchς
etwas zweÿmal gleich vorher
auf einandς folgt. Ich möchte es also das drittemal ausgemustert
odς etwa also abgeändert wissς.
ein bischen unterschiedς odς
ein
wenig unterschiedς. was beliebt, mir gilt es gleich.
p. 8. in
Notis. (f) l. 2. muß heissς.
dickern.
Mir gefällt sehr wohl, daß sie mir mein
derer in
deren abgeändςt habς:
de
n mir gefiehl es selbst nicht;
Gottsched hat mich verführet, da
er
p. 254. in allen Geschlechtern
derer angiebt. Allein das
deren
muß nur gebraucht werden, wenn es sich auf etwas beziehet,
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so weiblichς Geschlechtes ist, als z. E.
die Seÿten, deren p: wenn es
sich aber auf ein
Masculinς oder
Neutrς beziehet, wollte ich mir wohl
derer ausgebettς habς. z: E:
die Mäner, derer ein jeder
p: odς
im
Neutro:
so viele Häuser, derer iedes
p:
Es wäre mir Leÿd wenn daß Papier ihnς und mir den spass ver=
derbς sollte. Ich war allezeit und bin noch dς Meinung, daß man
etwas nicht ansehς müsse, um eine Sache, so sonst Mühe kostet, auch
auf schönes Papier zu bringς. kö
nς sie de
n nicht das Papier auf die
Condition ko
mς lassς, wenn es die Probe hält? Es wird wohl nicht
ein Pappiermacher alleine in dς Welt seÿn. Haben den diese
Lumpen
keinς vorrath? und müssς sie es allererst machς? Genug! wartς sie
lieber auf gut Papier; mir wäre sonst leyd vor ihre Mühe: denn ich
wollte absolute, daß es so in die Augς fallς solle, daß ich ni
mer hören
darf, was ich oft gehört hab,
daß nämlich von keinem Orte ein
schönes Buch komς kan, als von Hamburg und Leipzig,
NB der Auflage nach.
Das 14 Seiten auf den ersten Bogen aufgegangς, daß darf ihnς nicht
Bange machς, wenn ihnς nur nicht in dς Folge Bange wird: denn
erstlich
sind meine übrigen Bögen viel kleiner zusa
mengeschriebς; und de
noch hab ich
in dem itzigς
Mspt schon ein paar Bögς mehr als in dem altς.
zweÿtens ko
mς hintς beÿ dς
Strichart, Beÿ
den Triolς beÿ dς
ver=
ändςung des Striches viele, und sondςbar beÿ den
Applicaturen
hochgesetzte Exempel die man nicht enge zusa
mςrückς kan. Sie dürfen
also gar keine grossen Noten nehmς. Und letzlich ko
mς noch 2 Hauptstücke
odς
resp:tve 3 Hauptstücke dazu, die ich ohne grosse Critick nicht weglassς
kan. Diesse sind die
vorschläge und
Triller. Denn diess sind 2 Stücke,
die in der täglichς und gemeinς Spielart vor Augen ko
mς, und folglich
müssen eingeschaltet werden. Ich glaub in dem Entwurf, den ich ihnς von
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1755. dς 7 Julii aus Salzburg, von
hς. Leopold Mozart.
von Interesse
den Hauptstückς eingeschicket habe werdς das 9
te und 10
te Hauptstück die
Doppelgriffe und
Arpeggierungς seÿn. Diese ko
mς nun zusa
mς in das
9
te Hauptstücke,
das 10te sind die Vorschläge, das
11te die triller,
das
12te die Mordenten. Ich werde also mit 12 Hauptstückς schliessς,
und alles deutlich und kurz abhandeln. Es bleibt mir nichtsdesto=
weniger noch ein Anfang, ja vielmehr ein wichtiges und eigenes
Werckgς zu machς übrig, und ich hab die Warheit zu sagς so viel
Materie noch übrig zweÿ kleine tractätchς zu schreibς, eine
so wichtige Materie, die zwar hin und her ein bischς ist berieret,
aber
nec á longe ist ausgeführet wordς; die ich auch, wenn ich
sehe, daß diese meine Arbeit nicht umsonst ist, mit der Hilf Gottes
gewiss auch zusa
mς schmierς will.
NB. ich werde mich aber alsda
n
ni
mer so lang besi
nς.
Es ko
men 4 figuren in die Violinschule. 2 kleine Brustbiltchς wie man
auf zwoerleÿ Art die Violin haltς kan. und ein paar Ärme
odς auch nur Hände um die schlechte und gute Art den Bogς zu halten an=
zuzeigen. weil es nun aber nichts besonderes seÿn darf, so lasse ich es
mir gleich von einem der recht gut zeichnς kan auf Kupfer
radierς und ätzen, weil ich selbst mit diesem Spaß umgehς kan.
Oder schreiben sie mir, was ich etwa vor etwas solches dem
hς: Nilson zahlen
müßte? Nun meine ich auch mein Herz ausgelähret zu habς. Die meinige
empfehlet ihnς und dero angehörigς, und ich bin und gebleibe
dero
Ergebenster Dr
Leop: Mozart mp
Es kömt einigemal das wort biegen vor. Sie mögen, wens
ihnς besser gefällt, Beugen setzς, mir gilt es gleich.
das Wort Violin bleibt schon dabeÿ im Sing. allezeit Violin, und
im plur: allezeit violinen, wenn ich mich etwa an einem Orte sollte
geirret haben. Das Wort Strich aber declinire ich nach Stand in Gottsched p. 201.
gleichwie Violin nach flur p: 205 declinire.