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Mein Liebes Weib, und lieber Sohn!         
23.
      Salzbς dς 4 Decembς:
                                                                                         1777.

Daß ihr dasjenige, wo von ihr mir schreibt nun habt abwartς müssς, da habe
nichts dagegen einzuwenden, auch ist von allem dem was wieder meine
Meinung und wieder unsern Nutzς, ia was zum offςbarς Schadς auf euerer
Reise vorgegangen, nichts mehr zu melden, indem es vorbeÿ, und nicht
mehr zu ändern ist. – daß du mein Sohn mir aber schreibst, daß alle
Speculationς überflüssig sind, und nichts nützς, daß wir doch nicht wissen
werdς was geschehς wird;
das ist in der That ohne alle Überlegung in den Tag
hinein gedacht – und gewiß unbesonς hingeschriebς. Daß alles nach dem Willς
Gottes gehen wird und muß,
wird kein vernünftiger Mensch, will nicht
sagen Christ, läugnς. folgt aber daraus, daß wir blind dahin han=
deln und für alles ohnbesorgt leben, keine Anstaltς treffen und nur
abwartς sollς, bis etwas oben von sich selbst beÿm Dache hereinfliegt? – –
Verlangt nicht Gott selbst und die vernünftige Welt von uns, daß
wir beÿ allen unsern Handlungς die Folgen und daß Ende nach unsern
menschlichς vernunftskräftς zu überlegς und so viel uns möglich
vorauszusehen uns bemühen sollen? – – wen dieses nun beÿ allς
unsern Handlungς nötig ist: um wie viel mehr ist es beÿ gegen=
wärtigς Umstendς, auf einer Reise nothwendig. odς hast du,
etwa nicht schon die folgen davon? – – Ist es etwa schon genug,
                         beim                Kurf. um  den   Winter da zu   bleiben
daß du den Schritt blfm Cuhrifrotln, ha dln Wfntlr dm zh belfbln,
gethan hast? – – must du nicht – odς hättest du nicht schon längst auf
den Plan denken sollς, der zu ergreiffς ist, wen die Sache nicht gehen
sollte: und hättest du nicht längst mir davon Nachricht gebς und meine
Meinung darüber hören sollς? – – Nun ja – itzt schreibst du – was?
wen wir allenfalls von hier wegreisen sollten so gehen wir schnurgerade
nach Weilburg zur Prinzessin von Nassau Weilburg |: für die du
                                                                                                            die
die Sonaten in Holland gemacht :| p: – dort bleibς wir, so lang uns dfl
officier    tafel
siifcflr=Tmile schmeckt – was für ein anectode ist diese! dieß ist die
                                                                          desperaten
Sprache, wie alles das vorhergehende, eines dloplrmtln, wodurch er sich selbst
                                                                                   hofnung
und mich trösten will. – – ja, es komt noch eine usinhng von 6 Louisd'or
dazu, und das wird alles gut machς. – Nun frage ich, ob du gewis weist,
daß die Prinzessin da ist: dan ohne Ursache kan sie nicht da seÿn, indem der
Sitz ihres Herrn, vermög seines Soldatςamts, im Haag ist. hättest du mir nicht längst
eine Meldung davon machς sollς? – eine andςe frage ist – ob du nicht besser thun
würdest nach Maynz – und dan von da über Frankfort nach Weilburg zu gehς:
dan von Manheim wird dich doch nach Weilburg der Weg über Frankfort treffς:
und da du dan doch nicht imer in Weilburg bleibς wirst, so führt dich der Weeg nach
Maynz wieder über Frankfort. Wen du aber vorher nach Maynz gehest und
dan nach Weilburg, so wirst du von Weilburg nach Coblenz einς nahς Weeg
vermuthlich über Nassau, habς. oder willst du Maynz, wo wir

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„MOZARTEUM”
1881
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so viel gute freunde haben gar vorbeygehen? wo wir doch, ohne beÿm Churfς:,
der Krank war, zu spielς in 3 Concertς 200 f eingenohmς. Sage mir, mein
lieber Sohn, sind das nun ohnnötige Speculationς? – – Die liebe gute Mama
sagte mir, ich werde dir schon fleisig Rechnung machς von unsern Ausgabς.
gut! genaue Rechnung verlang ich nicht, und dachte niemals daran solche
zu fordern: allein Beÿ eurer Ankunft in Augspς: hättet ihr mir schreibς
sollς, wir habς so viel beÿ Albert in Münchς bezahlt, durch die Reise köstς
ist uns so vieles weggegangς, daß wir noch so odς so stehς. von Augspς: schriebst
du das; nämlich daß ihr nach der Einahme des Concerts um etlich und 20 f
in Verluest stehet. Von Manheim hättet ihr in dem 2 brief wenigst schreibς
sollς, die Reise hat uns so viel gekostet, wir stehς nun so – –, folglich hätte
ich beÿ zeitς Anstaltς gemacht – – war etwa meine Anstalt dir einς Credit=
brief nach Augspς: zu verschaffς auch eine unötige Speculation? – –
glaubst du wohl hς: Herzog – der mein alter guter freund ist – würde
dir auf all dein schreibς von Manheim ein Geld angeschaft habς, wen du
nicht an ihn schon Credit mitgebracht hättest? – – keinς Gedankς! alles
was er, wens hoch kömt, würde gethan habς, wäre, daß er sich vorher beÿ
mir darüber angefragt hätte. – – muste ich dan erst dort, da ihr
                                                                          du wolltest abwarten
am spitze waret erfahrς, daß ihr geld braucht? dl wseetlot mbwmrltn
was  dir    der   Kurfürst   gab
wmo dfr dlr Cuhrifrot gmb; nicht war? um mir etwa keinς verdruß
zu machς – – allein das würde mir weniger Verdruß gemacht haben, we[n]
man mir aufrichtig alles zur rechtς zeit berichtet hätte, dan ich weis besser als
ihr, wie man auf solchς Reisen auf alle Fälle bereitet seÿn muß, um nicht
in einem Augenblicke, wo man am wenigsten daran denkt, in eine abscheu=
liche verlegenheit zu komς. – da sind in einem Augenblicke alle Freunde
verschwundς! Man muß lustig seÿn; man muß unterhaltung habς! aber
man muß auch sich zeit nehmς, ernsthaft zu denkς, und dieß muß auf Reisen
das Hauptaugenmerk seÿn, und keinς einzigen Tag zu seinem Schadς dahin gehς
lassen – – es geht imer ein tag nach dem andςς weg |: die itzt ohne hin
sehr kurz sind :| die alle im Wirtshause kostbar sind. gerechter Gott! ich soll
                                              nur wegen euch  izt         schuldig
nicht Speculierς, nachdem ich nhr wlgln lhcu fzt 450 f ocuhedfg
bin
bfn. – und du glaubst vielleicht mich dadurch in gute Laune zu bringς,
wen du mir hundert narrspossen schreibst. Ich bin zufriedς, wenn du gutes
Muths bist: allein anstatt der nach dem Alphabet hingesetztς Complimentς, wurde
ich mehr aufgemuntert gewordς seÿn, wen du mir wegen der Reise nach Weilburg
die Ursachς, und Umstände, dan was du weiter denckest, mit Vernunft ge=
schriebς und meine Meinung in allem falle gehört hättest; und dieß hätte schon
vor einem Post=tage geschehς könς, den du wirst nicht erst itzt auf den Gedanckς
verfallς seÿn, und aus dir selbst hast du auch nicht wissen könς, daß die Prinzessin da
ist, ohne daß dir iemand den Einschlag gegebς hätte. Mit einem Wort! es sind keine
überflüssigen Speculationen, wen man etwas vor hat, und sich 2 bis 3 Plan darüber formiert

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und die dazu nötigen Veranstaltung vorausmacht, um, wen eines nicht geht, ohne Verhinderung
das andere ergreiffς zu könς. Wer anders handelt, ist ein unverständiger odς ein leicht=
niger Mensch, der, sondςheitl: beÿ der heutigς Welt, beÿ aller der grösten Geschicklichkeit
imer zurück bleibς, ja unglücklich seÿn wird; da er über das von Schmeichlern,
Maulfreundς, und Neidern beständig wird hintergangς werdς; merke es dir wohl, mein sohn,
ein einziger Mensch unter 1000, der nicht aus Eigennutzς dein wahrer freund ist,
ist eines der gröstς Wundς dieser Welt. Untersuche alle, die deine freunde sich nenen odς zeigς,
du wirst die Ursach findς, warum sie es sind. habς sie gar kein interesse für sich dabeÿ, so
haben sies für einς andς ihrer freunde, der ihnς nothwendig ist; oder sie sind deine Freunde,
um einem drittς durch deine Erhebung einς verdruß zu machς. Wird aus der Sache
     Mannheim
in amnulfn nichts; so habt ihr euren Plan, nach Maynz, Frankfort,
Weilburg, Coblenz p: man muß die ort imer so nahe zusam aussuchς als möglich
ist, um kurze Reisen, wans seÿn kan zu machς, und bald wieder an ein Ort
zu einer Einahme zu komς. Trift euch dieser Brief nicht mehr in Manheim an, und
seyd ihr etwa gar schon in Weilburg: so kan ich auch nicht helfen. seÿd ihr aber noch
in Manheim und müsst fortreisen, so wird die Mama in der PostCarthe findς, daß nichts nähers
seÿn kan, als nach Maynz vorher zu gehς: sonst bleibt Maynz weg, odς ihr müsst wiedς
                                                                                                                  #
einigermassς zurückgehς. In Weilburg habt ihr zu bedenkς, daß ihr keine Cmtusefocul kfrcul
                                  Ø
findς werdet, da alles lhtulrfocu oder Cmevfnfocu fot. Ich will also daß ihr euch
da nfcut zh emngl mhfumetlt.
       nicht zu lange aufhält.
                                                               # katholische Kirche
                                                            Ø lutherisch oder calvinisch ist.

Und wer hat euch dan gesagt daß man von Würzburg nach Manheim durch den Spessarth=
wald muß, da doch der Spesshard beÿ Aschaffenburg zwischς Fulda und Franckfort
liegt? – – Dieses wird wohl wiedς hς: Becke euch aufgebundς habς. Aschaffenburg
und Würzburg sind 10 Meile von einander. – Es mag seÿn daß man dem Wald
etwa rechter Hand gegς Manheim zu auf einige Stund nahe vorbeÿ fährt. da ist
aber an Würzburg nichts gelegς, ob ihr da waret odς nicht.
NB ich habe auch noch eine andere beobachtung wegς einer Reise von Weilburg nach Coblenz
gemacht, nämlich, daß der Weg zu Lande geht, und sicherer seÿn wird als jener
von Maynz nach Coblenz zu lande, der zu nahe am Rhein gehet. Ich will nun
das weitere hörς, und ich hätte gar nicht vermuthet, daß mir mein liebes Weib
nicht von zeit zu zeit von euern Reiseunkostς eine richtige Nachricht geben
sollte, da ich doch 2 mahl wegς dem Conto vom Albert gefragt
, und solchen
auch vom Lamwirth hätte wissen sollς
 p: p: allein von allen euern Ausgaben
darf ich nichts wissς. Ich bitte mir demnach aus, die Mama möchte mir doch einmahl
einen vertraulichς Brief über diesen Punckt schreiben
Ich will keine viellς Worte,
sondern nur so beÿläuftig durch die WirtsConto sehς, wie man mit euch umgegangς,
und wo all das Geld hingekomς.
dan itzt muß man mit Ernst auf Mittl denkς
sich herauszureisen, mit möglichster Wirtschaft zu reisς, und gute Anstaltς zu
treffς, mir aber das allzeit geschwind zu berichtς, was zu unserm Schadς odς Nutzς seÿn mag.
die Chaise müsst ihr beÿ Leibe nicht verkauffς. Gott erhalte euch und mich
die Nanerl und ich küssς euch viel 100000000 mahl, und ich bin dς alte M: u V.
                                                                                                              Mzt mp

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hς: Graf Czernin hat mir ein Compt: an dich aufgegebς. Es gieng nicht nur
die Rede daß der Erzbς: dς Haydn nach Italiς schickς wird, sondς er hat ihn schon
mit dem Triendl nach Bozς fortschickς wollς. hς: Triendl hat sich aber ent=
schuldiget. Ich bitte dich mein Wolfgς: überlege doch alles, und schreib
nicht imer die Sachς, wen sie schon vorbeÿ sind. sonst sind wir alle unglücklich.


À Monsieur
Monsieur Wolfgang Amadé
Mozart Maître de Musique
im Pfälzischen         à
Hofe                    Manheim
Frcoaugς

N:o 23.