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   16.
                                                                    Manheim den 21 22 Nov:bre 1777
                                                                            abends oder viellmehr Nocte
                                                                            temporis Puncto und accurat
                           Mon Trés chere Pére!                   schlag 10 uhr.
                                  bald wär ich in das fœmininum komen.

das Erste ist, daß ich ihnen benachrichtige, daß mein wahrheits=voller brief
an hς: Herzog in augspurg Puncto schmalzii, sehr guten Effect gemacht hat.
er hat mir einen sehr höflichen brief zurück geschrieben, und seinen verdrus
darüber bezeügt, daß ich von detto hς: butter so spröde bin empfangen worden.
er hat mir Neüerdings einen versiegelirten brief an detto hς: Milch geschickt,
nebst einer anweisung auf 150 fl: an Detto hς: käß. sie müssen wissen,
daß ich, obwohlen den hς: Herzog ein einziges mahl gesprochen, doch nicht hab
unterlassen könen, ihn im brief zu bitten, er möchte mir doch eine anweisung
an hς: schmalz, oder butter, milch, käß, oder an wen er nur wollte,
schicken. à ça, dieser spass hatte doch gerathen; man darf nicht anklopfen,
und Condoliren. heüt den 21:ten vormittag haben wir ihren brief von 17ten er=
halten; ich war nicht zu haus, sondern beÿ Canabich, wo der M:r wendling
ein concert Probiert hat, zu welchen ich ihm die instrumenti gesezt habe.
heüte um 6 uhr war die galla=Accademie. ich hatte das vergnügen den hς:
fränzl, | welcher eine schwester von der Mad:me Canabich hat | auf der violin
ein Concert spiellen zu hören. er gefält mir sehr; sie wissen daß ich kein
grosser liebhaber von schwierigkeiten bin. er spiellt schwer, aber man
kent nicht daß es schweer ist, man glaubt, man kan es gleich nachmachen.
und das ist das wahre. er hat auch einen sehr schönen runden thon; es fählt
keine Note, man hört alles; es ist alles Marquirt. er hat ein schöns staccato,
in einen bogen, so wohl hinauf, als herab; und den dopelten triller habe
ich noch nie so gehört, wie von ihm. mit einem wort: er ist meinthalben kein
hexenmeister, aber ein sehr solider geiger. wen ich mir nur das verfluchte
quer schreiben
                        abgewöhnen könnte.

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mir ist sehr leid daß ich nicht beÿ den trauerigen zufall für die Mad:me
adlgaßerin
zu Salzburg war, damit ich sie hätte trösten können;
den das kann ich! – – voraus beÿ einer so schönen frau, wie die
                                                       Mannheim
Mad:me Nadlstraßerin. was sie wegen Amnulfa schreiben, weis ich
alles schon – – doch, ich mag niemahl gern etwas vor der zeit
schreiben; es wird sich alles geben; vielleicht kan ich ihnen im zukünftigen
brief etwas sehr gutes für ihnen, aber nur gutes für mich, oder
etwas sehr schlechtes in ihren augen, aber etwas Passables in meinen
augen, vielleicht aber auch etwas Passables für sie, und aber sehr gut,
lieb
und werth für mich, schreiben! das ist ziemlich oracl=mässig,
nicht wahr? – – es ist dunckl, aber doch zu verstehen.
an hς: bullinger meine Empfehlung, und ich schäme mich, so oft ich einen
brief von ihnen bekome, den es steht gemeiniglich etwas von ihm selbst
geschrieben darin; und wenn ich hernach bedencke, daß ich ihm, der
mein bester und wahrer freünd ist, und von dem ich so viell höflich=
keit und güte genossen habe, noch niemahlen geschrieben habe! –
doch – – ich entschuldige mich nicht! – – nein! sondern; ich bitte ihn,
er möchte mich, er selbst so viel es nur möglich ist beÿ sich entschuldigen,
mit der versicherung daß ich ihm, so bald ich einmahl ruhig seÿn kan,
schreiben werde. bis dato war ich es noch nie; den so bald ich noch weis,
daß ich gewisser als nicht, und wahrscheinlicher weise ein ort verlassen
muß, so habe ich keine ruhige stunde; und obwohlen ich iezt doch ein
wenig hofnung habe, so bin ich doch nicht ruhig, bis ich nicht weis woran
ich bin. etwas von dem oracl mus geschehen; – – – ich glaube, es wird
eintweders das mittere oder das lezte geschehen – – das ist mir
nun eins; den das ist allerweil ein ding, ob ich den dreck fresse, oder
der Papa ihn scheist – – Nu, so kan ich doch das ding nie recht sagen!
ich habe sagen wollen, es ist ein ding ob der Papa den dreck scheist,

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oder ich ihn fresse! – – iezt lasse ichs lieber seÿn. ich sehe es schon;
es ist umsonst. appropòs. haben sie dem hς: vom Ham nach München schon
geantwortet? – – nehmen sie seine Mad:selle Tochter an? – –
das habe ich ihnen ja hofentlich geschrieben, daß die grosse opera von
Holzbauer Teütsch ist! – – wo nicht, so habe ich es halt izt geschrieben.
sie war betittelt Günther von schwarzburg, und nicht der Edlveste
hς: Günther, bader und raths=herr von Salzburg. künftigen
Carneval wird Rosemunde gegeben, eine Neüe Componierte Poesie
des hς: wielands, nebst neüer Componierten Musique des hς:
schweizer. beÿde werden hieher komen. ich hab schon etwas von
der opera gesehen, und auf den clavier gespiellt, aber ich will
noch nichts darvon sagen. die scheiben die sie mir als bestgeber haben
malen lassen, ist kostbar, und die verse sind unvergleichlich.
nun bleibt mir nichts zu schreiben übrig, als daß ich allerseits eine
recht angenehme ruhe wünsche, und daß sie halt alle recht gut schlafen,
bis ich sie mit diesen gegenwärtigen brief aufwecke. Adieu. ich küsse
dem Papa 100000000 mahl die hände, und meine schwester, den lieben
Polester umarme ich von herzen, mit schmerzen, ein wenig, oder gar
nicht, und bin dero gehorsamster sohn, laufen sie doch nicht davon,


                                       wolfgang Amadé Mozart mp
                                      Ritter des goldenen sporns,
                                     und so bald ich heürath, des dopelten
                                       horns,
                                         Mittglied der grossen Accademie,
                                   von verona, Bologna, oui mon ami!

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info
                                                                      heunt als den 23
Mein lieber Mann
wür haben alle deine briefe Richtig bekomen, und sind gott lob gesund,
und freÿd mich das ihr alle beÿde gesund seÿt, noch sind wür in Manheim
und kanst du alle briefe noch hiehere schickς, wan wür soltς fort Reisς
werden wir hier schon anstalt machς das wür sie bekomς. um den
armen Martinelli ist mir recht leÿd, was wird denn iezt die lenerl
anfangen, die Erbschaft wird villeicht nicht gar gros werden. du schreibst
uns nicht vill von Salzburg, seind keine Comedianten da, wird keine
opera gespielt. ist der Doctor barisani noch in ungnaden, macht der
herr oberbreitter noch seine aufwarthungς beÿ der freile Tonnerl.
das mechte ich alles gern wissς. der Mademolle Sallel und Monsieur
bullinger lassς wir uns absonderlich empfehlen, und sagς, das wir täglich
an sie gedenckς. die nanerl soll den augςblick alles ligς und stehn lassς
und den bimperl an stat meiner auf sein fözel ein busserl geben, das
es so schmazt das ichs auf Manheim hören kan. Richte meine Empfehlung
aus am die hagenaurische, Robinische, frau vom gerlichs, barisanische,
Jungfer Mizerl, gilowziki Catherl, der lassς wür Gradulierς zu ihrς
Könfftigς Namenstag. die thresel lassen wir auch griessς. iezt glaube
ich habe ich mich allen empfohlen, und gegriesset und gedancket.
lebts fein gesund und gedenckhs an uns, wie wir an euch, so sind
wür und ihr zu friden zu gleich adio ich küsse dich und die nanerl
vill 100000000000 mahl ohne Zahl, verbleibe dein getreues weib
                                                                                 mit Sell und leib
                                                                             Maria Anna Mozartin

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