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                                                                                              13.
                                    Mon trés cher Pére!

wir haben die letzten 2 briefe, den vom 29ten: october und den vom 6:ten Nov:bre richtig
erhalten. Nun mus ich auf alles genau antworten. ich habe den brief,
                                                                                    Eltern des       Beché
in welchen steht daß ich mich erkundigen soll, um die letlrn dlo blcnl,
erst in Manheim bekomen, folglich zu spätt um dieses ins werck zu stelln;
den selbst wäre es mir gar nicht eingefallen dieses zu thun, weil
mir in der that gar nichts daran liegt. Nun, will der Papa wissen,
wie ich von ihm bin empfangen worden? – – recht gut, und sehr höflich.
er fragte wo ich hin gienge, ich sagte, glaubligerweise nach Paris. er
rathete mir dann vielles, indem er sagte, er seÿe auch erst dort
gewesen. mit lection geben werden sie sich viell machen, den das
Clavier wird in Paris sehr hochgeschäzt. er machte gleich anstalt
daß man mich zur officier taffl nahm. er machte daß ich mit den
fürsten sprechen konte. es war ihm sehr leid daß er just halswehe hatte,
|: welches aber wircklich wahr war :| und nicht selbst ausgehen könte, um mir
unterhaltung zu verschaffen. es war ihm auch leid daß er mir zu
ehren keine Musick machen lassen könte, weil die meisten diesen tag
eben aus recreation zu fuß bis was weis ich, gereiset sind. ich muste
auf sein ersuchen sein clavicord versuchen, welches sehr gut ist. er
sagte oft Bravo. ich Phantasirte und spiellte die sonata ex B und D.
mit einem wort, er war sehr höflich, und ich höflich aber ganz serieux.
wir wurden von unterschiedlichen sachen zu reden, unterandern von wien,
daß nemlich der kaÿser kein grosser liebhaber von der Musick seÿe,
er sagte, das ist wahr, ein kener ist er vom Saz, sonst weiter nichts.
ich weis mich noch zu errinern, | hier rieb er sich die stirne | daß wie ich
vor ihm spiellen muste, so wuste ich gar nicht was ich spiellen sollte, so
fieng ich den an fuguen zu spiellen, und dergleichen kindereÿen, wo ich heimlich

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U.
MOZARTEUM

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1881

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selbst darüber lachte. – – ich habe geglaubt ich kan mich nicht
halten und muß ihm sagen: mein herr, ich gebe ihnen zu daß sie
darüber gelacht haben, aber schwerlich so sehr, wie ich gelacht haben
würde, wen ich sie gehört hätte. weiters sagte er, | wie es auch wahr ist |
daß beÿm kaiser im Cabinet musick gemacht wird, daß die hunde dar=
von laufen möchten. da sagte ich halt, daß ich allzeit, wen ich
mich nicht bald aus dem staub mache, beÿ dergleichen Musicken kopfweh
bekome. O nein, das macht mir gar nichts. eine schlechte Musick greift
meine Nerven nicht an; aber eine schöne; da kan ich kopfweh be=
komen. da dachte ich mir wieder. ja, ein seichter kopf wie du bekomt freÿlich
gleich schmerzen, wen er etwas hört welches er nicht begreifen kan.
Nun etwas von hier. gestern habe ich mit Canabich zum hς: intendant
graf Savioli gehen müssen, um mein Præsent abzuholen. es war so wie
ich es mir eingebildet habe. nichts in geld. eine schöne goldene uhr.
mir wären aber iezt 10 Carolin lieber gewesen, ald die uhr, welche
man mit ketten und Devisen auf 20 Carlin schäzet. auf der Reis
braucht man geld. Nun habe ich mit dero erlaubniss 5 uhren. ich habe
auch kräftig im sin mir an jeder hosen noch ein uhrtäschl machen zu
lassen, und wen ich zu einem grossen herrn kome, beÿde uhrn zu
tragen | wie es ohnehin iezt Mode ist | damit nur keinem mehr ein=
fällt mir eine uhr zu verehren. Ich sehe aus des Papa schreiben, daß
sie des Voglers buch nicht gelesen haben. ich habe es iezt gelesen,
den ich habe es von Canabich entlihen. Nun seine histori ganz kurz.
er kam Miserable her; Producirte sich auf dem Clavier. machte einen
Ballet. man hatte mitleiden. der Churfürst schickte ihn in italien. als
der Churfürst nach Bologna kam, fragte er den P: valoti wegen den
Vogler. O altezza. questo è un grand uomo! Etcc: er fragte auch

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den P: martini. Altezza; é buono; ma à poco à poco. quando sarà
un poco più vecchio, più sodo. si farà, si farà. ma bisogna che si Cangi
molto.
als der vogler zurück kam. wurde er geistlich und gleich
Hofkaplan. Producirte ein Miserere, welches, wie mir alles sagt,
nicht zu hören ist. dan es geht alles falsch. er hörte daß man
es nicht viell lobte. er gieng also zum Churf: und beklagte
sich daß das orchestre ihm zu fleis und zu troz schlecht spiellte;
mit einem wort, er wuste es halt so gut herum zu drehen,
| spiellte auch so kleine ihm nuzbare schlechtigkeiten mit weibern |
daß er vice=kapellmeister geworden. er ist ein Narr, der sich
einbildet, daß nichts besseres und vollkomeners seÿe als er. das ganze
orchestre von oben bis unten mag ihn nicht. er hat dem Holz=
bauer viell verdruß gemacht. sein buch dienet mehr zum
Rechnen=lernen, als zum Componiren lehrnen. er sagt, er
macht in 3 wochen einen Compositeur, und in 6 Monath einen
sänger. man hat es aber noch nicht gesehen. er veracht die grösten
Meister. mir selbst hat er den bach verachtet. Bach hat hier
2 opern geschrieben, wofon die erste besser gefallen als die 2:te.
Die 2:te war lucio Silla; weil ich nun die nehmliche zu Maÿland
geschrieben habe, so wollte ich sie sehen. ich wuste vom holzbauer
daß sie vogler hat. ich begehrte sie von ihm. vom herzen gern,
Morgen werde ich sie ihnen gleich schicken. sie werden aber nicht viell
gescheütes sehen. etliche täg darauf, als er mich sah, sagte er zu
mir ganz spöttisch. Nu, haben sie was schöns gesehen, haben sie was dar=
aus gelernt? – – eine aria ist gar schön – – wie heist der text,
fragte er einen der neben ihm stund – – was fürein aria? – – Nu,
die abscheüliche aria vom Bach, die Sauereÿ – – ja, Pupille
amate
. die hat er gewis in Puntsch rausch geschrieben.

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ich habe geglaubt, ich müste ihn beÿm schopf nehmen; ich that aber als
wen ich es nicht gehört hätte, sagte nichts und gieng wek. er hat
beÿm churfürsten auch schon ausgedient. Nun ist die Sonata für die Mad:selle
Rose Canabich auch schon fertig. vergangenen Son=tag spiellte ich aus
spass die orgl in der kapelle. ich kam unter den Kyrie. spiellte das
End darvon; und nachdem der Priester das gloria angestimet, machte
ich eine Cadenz. weil sie aber gar so verschieden von den hier so ge=
wöhnlichen war, so gugte alles um, und besonders gleich der holzbauer.
er sagte zu mir: wen ich das gewust hätte, so hätte ich eine andere
Messe aufgelegt. ja, sagte ich, damit sie mich angesezt hätten! – –
der alte Toeschi und wendling stunden imer neben mir. die
leüte hatten genug zu lachen. es stund dan und wan Pizzicato. da
gab ich allzeit den tasten bazln. ich war in meinem besten
Humor. anstatt den benedictus muß man hier allzeit spiellen. ich
nahm also den gedancken vom Sanctus, und führte ihn fugirt aus.
da stunden sie alle da, und machten gesichter. auf die lezt nach dem
ita missa est, spiellte ich eine fugue. das Pedal ist anderst als beÿ
uns; das machte mich anfangs ein wenig irre, aber ich kam gleich drein.
Nun muß ich schliessen. schreib der Papa uns nur imer noch nach Manheim.
es ist sicherer. ich werde schon sorgen das wir den brief richtig bekomen.
die sonaten vom Misliwetceck weis ich wie sie sind. ich hab sie ja zu München
gespiellt. sie sind ganz leicht und gut ins gehör. mein rath wäre, meine
schwester, der ich mich unterthänigst empfehle, solle sie mit vieller ex=
pression, gusto
und feüer spiellen, und auswendig lernen. den das
sind Sonaten welche allen leüten gefallen müssen, leicht auswendig zu
lernen sind, und aufsehen machen wen man sie mit gehöriger Pre=
cision
spiellt. ich küsse dem Papa die hände und bin dero gehors= sohn
Manheim den 13 novb: 1777.                                 wolfgang Amadè Mozart mp

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info
heunt als den 13 haben wür deinen brief von 1 November erhaltς
ist also solcher um einen Posttag spätter gekomen, als der andere.
wür sind gott lob gesund, der wolfgang hat eine uhr von der schönstς
arbeith von den Cuhrfürsten bekomen, sie ist Klein aber eine
schöne fason. Vor gestern als am fest Martini haben mir
beÿ den alten herrn danner gespeist. und gestern beÿ den
Jungen, beÿ herrn Kanawich haben wir auch schon offt
gespeisset und mein Sohn gar offt, ich bin täglich beÿ
ihnen und sie erzeügen uns ville höfflichkeit. Herr danner
hat mir seine Empfehlung auf geben, und winschet nur dich
zu sehen. der Wolfganng möchte gern wissς ob der
Pischof in Ciemsee schon zu Münichen ist er möchte ihm
gern schreibς. ich mus schlüssς dan der Wolfgang mus
ausgehς, und er mus die überschrifft schreibς und
den brief auf die Post tragς, ich küsse dich und die
nanerl vill 1000 mahl, meine Empfehlung an ganz
Salzburg verbleibe dein getreues weib
                                            Maria Anna Mozart
                                                      13 Nov 77

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N: 13

À Monsieur
fco Augspurg
Monsieur Leopold Mozart
maitre de la Chapelle de S: A: R:
L'archeveque de et à
Salzbourg.

NB Diese Adresse
ist laut Innhalt
dieses Briefes
von der Hand des
berühmten W. A.
Mozart
geschrieben
                    AF