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[... (Schluss der Abschrift des Briefes vom 19. Oktober 1762)]
N. 4
Wien den 30:
tn Octobris 1762.
Glück und Glaß, wie bald bricht ein Essig Krug! ich
dachte es fast, daß wir 14 Täge hintereinander
gar zu glücklich waren, Gott hat uns ein kleines Kreuz
geschicket, und wir danken seiner unendlichen Güte,
daß es noch so abgelauffen ist, den 21. waren wir Abends
um sieben Uhr abermals beÿ der
Kaiserinς Maiestς:
unser
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Woferl war aber schon nicht recht wie sonst, und ehe wir dahin
fuhren, wie auch, da er zu Bette gieng, klagte er
s. v. den
Hintern und die Füsse. Als er im Bette war, untersuchte
ich die orte, wo er die Schmerzen zu füllen vorgab; und
ich fand etliche Flecken in der Grösse eines Kreutzers,
die sehr roth und etwas erhoben waren, auch beÿ dem Be=
rühren ihm Schmerzen verursachten. Es waren aber
nur an beÿden Schinbeinen, an beÿden Ellenbogen, und
ein paar am
Podex; auch sehr wenig. Er hatte Hitzen,
und wir gaben ihm SchwarzPulver und MargrafenPulver.
Er schlief etwas unruhig. Den folgenden Freÿtag wieder=
holten wir die Pulver in der Fruhe und Abends, und wir
fanden, daß sich die Flecken mehr ausgebreitet hatten;
sie waren obwohl grösser; doch nicht mehrer. Wir mustς
zu allen Herrschaften schicken, wohin wir schon auf 8 Täge
hinausbestellet waren, und Tag für Tag absagen
lassen. Wir fuhren fort das Margrafen Pulver zu
geben, und am Sonntag kam er in einen Schweiß, den
wir uns gewunschen, dann bishero waren die Hitzen
mehr Trucken. Ich begegnete dem
hς: Medicum der
Gräfin v Sinzendorf |: die eben nicht hier war :|
und erzählte ihm die Umstände. Er kam gleich
mit mir. Es war ihm lieb, daß wir so verfahren hatten;
er sagt: es
seine eine Art eines Scharlach=Aus=
schlags. Er verordnete
die Mixtur.
℞.
🜄:
Scabios: ℥ij
🝋 Epil: M. ℈ij
Spec: Diabrag. gr.XV.
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P: Hb.
Isl.
Syrup. diacord:
L: 🝳

Dann Nichts als Suppen oder Binadl, so wir schon ehe thaten: zu
zeiten durchpresten Gerstenschleim, zu zeiten einen Huef=
lattich Thee, und ein wenig Milch darein gegossen. vor
Schlaffen gehen gaben wir ihm ein kleines Gläsl Milch von
gestossenen
MelaunKernen, und ein gar wenig Magsaamen.
Gott Lob, nun ist er so gut, daß wir hoffen, er werde Über=
morgen, wo nicht Morgen an seinem Namens Tag, aus
dem Bethe ko
men, und das erstemal aufstehen. Er
bekam zu gleicher zeit einen Stockzahn, das ihm eine Ge=
schwulst in dem Linken Backen verursachte. Die Herrschaften
hatten nicht nur die Gnade täglich sich um die Umstände
des
Buben sich erkundigen zu lassen; sondern sie empfahlen
ihn den
Medico auf das eifrigste: so, daß der
hς: Doctor Bern=
hard |: so heist er :| unmöglich mehr besorgt seÿn könnte, als
er wirklich ist. Entzwischen ist mir diese Begebenheit ganz
gering gerechnet,
50. Dukaten schade. Doch danke ich Gott
unendlich, daß es so abgelauffen: dann diese Scharlach=
Flecken sind hier denen Kindern als eine
ModeKrank=
heit gefährlich: und ich hoffe, daß sich der
Woferl nun
naturalisirt hat; denn nur die Luftveränderung
war daran die HauptUrsache. Der
Frau Ge=
mahlin bitte nebst meiner gehorsamen Empf
ς:
zu melden, daß ich sie neuerdings plagen muß:
und zwar, möchte sie die Gnad haben, und ver=
anstalten, daß 3. heil: Messen zu Loreto beÿm
heil:
[S. 4]


heil. Kindl, und 3. heil: Messen in Bergl beÿm heil:
Francisco
de Paula gelesen werden. Ich werde alles mit Dank ersetzen.
Die Neuigkeiten sind hier sehr sparsam, und daß 9.
Postillions
Wägen wegen der
Hadickischen
Affaiere eingeritten sind,
wird ihnen was altes seÿn. Entzwischen hat es den unsrigς
auch geglücket die Katzenhauser und Nossen in Besitz
zu nehmen. Wir haben alle in Die Wiener
Lotterie
mit 5. Numern 20 Xr für alle fünf Numern gesezt.
hς: Estlinger hat einen
Ambo errathen mit 4 f. sehen
sie wie uns das Glück verfolget! es spasset sich nicht.
Wir empfehlen uns alle und ich bin sonderheitlich
p.
[... (Beginn der Abschrift des Briefes vom 6. November 1762)]
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zum Brief
zu N. 4.
zum 30tς
october 1762 /
Ich bitte Sie thun Sie alles mögliches um zu
erfahrς, was seiner
Hoch: Gnaden denn endlich
machen werden, und was Ich endlich wegen der
vicecapellmeister Stelle zu hofen habe. Ich frage
nicht vergebens. Sie sind mein Freund. Wer weis
was ich thue: we
n ich nur weis, wo es endlich hinaus will;
daß ist einmahl gewis, daß ich mich in solchen Umständς
befinde, die mir auch hier Brod verschaffen.
Ich ziehe Salzburg noch i
mer allen anderm Vortheil
vor: allein man Muß auch mich nicht zuruck setzen.
Ich bitte sie nochmahls: den sonst lasse ich mich, ich
weis selbst nicht zu was, bereden.
Eben erzehlt man etwas, daß ich eben nicht glaube,
nemlich: daß das
Corpo des
Prinz heinrichs wäre
zerstreuet wordς.
[... (Teilabschrift des Briefes vom 6. November 1762)]