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                                                Mon trés cher Pére!

Gestern Mittwoch den 22ten ist meine accademie in scena gangen. Graf wolfeck
war fleissig dabeÿ, und brachte etliche stiftdamen mit. ich war schon gleich
die ersten täge in seinen logement um ihm aufzuwarten, er war aber
nicht hier. vor etlichen tägen ist er wieder angelangt, und da er erfahren
daß ich hier bin, so erwartete er nicht daß ich zu ihm kam, sondern,
da ich just hut und degen nahm um ihm meine visite zu machen,
trat er eben zur thüre herein. nun muß ich eine beschreibung von den
vergangenen tägen machen, ehe ich zum Concert kome. vergangenen
samstag war ich zu s: ulrich, wie ich schon geschrieben habe. etliche täge vor=
her führte mich mein hς: Vetter zum Prælaten v: hl: kreüz, der ein rechter
brafer Ehrlicher alter Man ist. den samstag ehe ich auf S: ulrich gieng,
war ich mit meiner baase nochmahls in hl: kreüzerkloster, weil daß
erstemahl der hς: Dechant und Procurator nicht hier war, und weil mir
mein bäsle sagte daß der Procurator so lustig seÿe.
info
                                                                                  heunt als den
23 speist der wolfgang wider bey hl: Creuz, ich wahre auch eingeladς,
weill ich aber für lauter Kälte den bauch wehe habe, so bin ich
zu hause geblibς. ist es zu Salzburg auch so kalt wie hier wo
es alles zu samen gefrohren ist wie miten in winter, über morgς
als am Samstag | wan nichts darzwischς komt :| haben wür in Sinn
nacher wallerstein abzureisen, das hiesige Consert ist unvergleich=
lich ausgefahlς, das mehrer wird die Zeittung gebς, herr stein
gab sich alle müehe, und hat uns ville höfflichkeit erwisen, du
kanst dich schrifftlich bedanckς beÿ ihme. ich hofe du und die nanerl
werdς sich gesund befindς, mir ist schon Ganz bange weill wir dise
wochen keinen brief bekomen habς, ob dir etwonn nichts fehlet.
schreibe mir doch bald damit ich aus der sorge kome. mich wundert
sehr das du die duet von schuster noch – –
info
                                                                           ach er hat sie ja
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bekomen, – – Mama: Eÿ beleibe, er hat ja imer geschrieben, daß er sie
noch nicht hat – – wolf: das disputiren kan ich nicht leiden, er hat sie
gewis, und hiemit ists aus. Mama: du irrest dich wolf: Nein, ich irre mich
nicht, ich wills der Mama geschriebner zeigen. Mama: ja, und wo? wolf:
da, liest die mama nun liest sie just – – – vergangenen Sontag
war ich im Amt beÿm hl: kreüz. um 10 uhr gieng ich aber zum hς:
stein. – das war den 19:ten wir Probierten ein paar Sinfonien zum
Concert. hernach speiste ich mit meinen vettern beÿm hl: kreüz: unter
der tafel wurde Musique gemacht. so schlecht als sie geigen, ist
mir die Musique in den kloster doch lieber, als das orchestre vom Augs=
purg
. ich machte eine sinfonie, und spiellte auf der violin das Concert
ex B
von vanhall, mit algemeinem applauso. der hς: Dechant ist ein
brafer lustiger Man, er ist ein vetter vom Eberlin heist Zeschinger,
er kent den Papa ganz gut. auf die Nacht beÿm soupée spiellte ich
das strasbourger=Concert. es gieng wie öhl. alles lobte den schönen,
reinen Ton. hernach brachte man ein kleines Clavicord. ich Präludirte,
und spiellte eine sonata, und die Variazionen von fischer. dan zischerten
die andern dem hς: Dechant ins ohr, er sollte mich erst orglmässig
spiellen hören; ich sagte, er möchte mir ein thema geben, er wollte nicht,
aber einer aus den geistlichen gab mir eins. ich führte es spazieren, und
mitten darin, |: die fugue gieng ex g minor :| fieng ich major an, und ganz
was scherzhaftes, aber in nämlichen tempo, dan endlich wieder das thema,
und aber arschling; endlich fiel mir ein, ob ich das scherzhafte
wesen nicht auch zum thema der fugue brauchen könte? – – ich fragte
nicht lang, sondern machte es gleich, und es gieng so accurat, als wen es
ihm der Daser 
#
angemessen hätte. der hς: Dechant war ganz ausser sich.
das ist vorbeÿ, da nuzt nichts, sagte er, das habe ich nicht geglaubt, was ich
da gehört habe, sie sind ein ganzer Man. mir hat freÿlich mein Prelat gesagt,
daß er sein lebetag niemand so bündig und ernsthaft die orgl habe spiellen
hören. |: dan er hat mich etliche tage vorher gehört, der Dechant war aber nicht
hier :| endlich brachte einer eine Sonata her, die fugirt war. ich sollte sie spiellen.
                # So hieß ein Schneider in Salzburg.


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ich sagte aber, meine herrn, das ist zu viell; das muß ich gestehen, die
sonata werde ich nicht gleich so spiellen können. ja, das glaub ich auch, sprach
der Dechant mit viellem Eÿfer, dan er war ganz für mich. das ist zu
viell, da giebts keinen dem das möglich wäre. übrigens aber, sagte
ich, will ich es doch Probiren. da hörte ich aber imer hinter meiner
den Dechant. O Du Erzschufti. o du spizbub; o du du! – –
ich spiellte bis 11 uhr. ich wurde mit lauter fugen themata Bombardirt,
und gleichsam belagert. Neülich beÿm stein brachte er mir eine
Sonata vom Becché – – ich glaube ich habe das schon geschrieben.
appropós wegen seinen Mädl. wer sie spiellen sieht und hört,
und nicht lachen muß, der muß von stein wie ihr vatter seÿn.
Es wird völlig gegen dem Discant hinauf gesessen, beleÿbe
nicht mitten, damit man mehr gelegenheit hat, sich zu bewegen,
und grimassen zu machen. Die augen werden verdreht. es wird ge=
schmuzt. wen eine sache zweÿmahl kömt, so wird sie das 2:te mahl
langsamer gespiellt. komt sie 3 mahl, wieder längsamer. der
Arm muß in alle höhe, wen man eine Pasage macht, und wie
die Pasage marckirt wird, so muß es der arm, nicht die finger,
und das recht mit allen fleiss schweer und ungeschickt thun. das
schönste aber ist, daß wen in einer Pasage | die fortfliessen soll wie öhl :|
nothwendiger weise die finger gewechselt werden müssen, so brauchts
nicht viell acht zu geben, sondern wen es zeit ist, so läst man
aus, hebt die hand auf, und fängt ganz Comod wieder an, durch
das hat man auch eher hofnung einen falschen ton zu erwischen, und
das macht oft einen Curiosen Effect. Ich schreibe dieses nur um dem
Papa einen begrif vom Clavier spiellen und instruiren zu geben,
damit der Papa seiner Zeit einen Nuzen daraus ziehen kan.
hς: stein ist völlig in seine tochter vernart. sie ist 8 halb
jahr alt, sie lernt nur noch alles auswendig. sie kan werden.
sie hat genie. aber auf diese art wird sie nichts. sie wird niemahlen
viell geschwindickeit bekomen, weill sie sich völlig befleist die hand

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schweer zu machen. sie wird das nothwendigste und härteste und die
hauptsache in der Musique niemahlen bekomen, nämlich das tempo,
weil sie sich vom jugend auf völlig befliessen hat, nicht auf den tact
zu spiellen. hς: stein und ich haben gewis 2 stund mit einander
über diesen Punct gesprochen. ich habe ihn aber schon Ziemlich
bekehrt. er fragt mich iezt in allen um rath. er war in den
Becché völlig vernarrt. nun sieht und hört er, daß ich mehr spielle
als Becché; daß ich keine grimassen mache, und doch so expres=
sive
spielle, daß noch keiner, nach seinen bekentniss, seine Piano
forte
so gut zu tractiren gewust hat. daß ich imer accurat im
tact bleÿbe. über das verwundern sie sich alle. Das tempo
rubato
in einem Adagio, daß die lincke hand nichts darum weiß,
nen sie gar nicht begreifen. beÿ ihnen giebt die lincke hand nach.
Graf Wolfeck und mehrere, die ganz Passionirt für Beché sind,
sagten neülich öfentlich im Concert, daß ich den Becché in sack scheibe.
graf wolfeck lief immer im saal herum, und sagte. so hab ich mein
lebe tag nichts gehört. er sagte zu mir. ich muß ihnen sagen, daß
ich sie niemahlen so spiellen gehört, wie heüte. ich werde es auch ihren
vatter sagen, so bald ich auf salzbourg kome. was meÿnt der Papa
was das erste war nach der Sinfonie? – – Das Concert auf
3 Clavier: hς: Demler spiellte das Erste, ich: das zweÿte, und hς:
stein das dritte. dan spiellte ich allein, die lezte Sonata ex D fürn
Dürnitz: dan mein Concert ex B. dan wieder allein ganz orglmässig,
eine fuge ex c minor, und auf einmahl eine Prächtige sonata ex c major so
aus dem kopf mit einen Rondeau auf die lezt. es war ein rechtes
Getös und lerm. hς: stein machte nichts als gesichter und grimassen
für verwunderung. hς: Demler muste beständig lachen. das ist ein so
Curioser Mensch, das wen ihm etwas recht sehr gefällt, so mus er
ganz entsezlich lachen. beÿ mir fieng er gar zu fluchen an. addio.
ich küsse dem Papa die hände, und meine schwester umarme ich vom
ganzen herzen ich bin dero gehorsamster sohn
den 24 oct: 1777 augusta vindelicorum.                         wolfgang Amadé Mozart mp

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                                                                                        24 okt.1777.
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das Concert hat 90 fl: getragen ohne abzug der unkösten. Wir haben
also nun mit die 2 Ducaten auf der stube 100 fl: eingenomen. die
unkösten vom Concert haben nicht mehr als 16 fl: 30 kr: betragen. den
saal hatte ich freÿ. von der Musick glaube ich werden halt vielle umsonst
gegangen seÿn. wir haben nun in allem 26 oder 27 fl: verlorren.
das geht noch an. das schreibe ich den 25: samstag. heüte frühe habe
ich den brief empfangen wo die trauerige nachricht des tods der
fr. oberbereiterin darin stehet. Nun kan die frl: thonerl ein spiziges
maul machen – – – vielleicht muß sie es weit aufsperren – – und
leider leerer wieder zumachen. wegen der Mundbecken dochter habe
ich gar nichts einzuwenden. dieß hab ich alles schon lange vorher ge=
sehen. das war eben die ursach warum ich so zegerte weg zu reisen,
und warum es mir so hart ankam. ich hoffe die Historie wird doch
nicht schon in ganz Salzburg bekant seÿn? – – ich bitte den
Papa recht inständigst zu tuschen so lange es möglich ist, und in
gottes=Namen halt die unkösten die ihr vatter wegen den Prächtigen
eintritt ins kloster gehabt hat, unterdessen für mich zu ersezen,
bis ich wieder nach Salzburg kome, und das arme mädl, | wie der
P: gassner in klösterle | ganz natürlich, und ohne alle Hexereÿ,
kranck, dan wieder gesund mache, und sie völlig wieder zum kloster=
leben bringe. ich küsse dem Papa die hände, und dancke gehorsamst
für den glückwunsch zu meinem Namens=tag. lebe der Papa unbe=
sorgt. ich habe Gott imer vor augen. ich erkene seine Allmacht,
ich fürchte seinen Zorn: ich erkene aber auch seine liebe sein
mitleiden und barmherzickeit gegen seine geschöpfe. er wird seine
diener niemalen verlassen – – wen es nach seinem willen geht,
so gehet es auch – – nach meinem; mithin kan es nicht fehlen – – ich
muß glücklich und zufrieden seÿn. ich werde auch ganz gewis mich
befleissen ihren befehl und rath, den sie mir zu geben die güte
hatten, auf das genaueste nach zu leben. hς: Bullinger sage ich 1000
danck für seinem glückswunsch. ich werde ihm nächstens schreiben, und
mich selbst bedancken. unterdessen kan ich ihn nichts als versichern, daß

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ich keinen bessern, aufrichtigern und getreüern freünd weis, kenne,
und habe – – als ihn. der jungf: Sallerl, beÿ der ich mich auch
unterthänigst bedancke, werde ich verse, zur dancksagung, in den
brief des hς: bullinger einschliessen. beÿ meiner schwester be=
dancke ich mich auch, und sie soll nur die schusterischen Duetts be=
halten, und sich weiter um nichts bekümern. ich habe des=
wegen gassner (der kaufman) und nicht gasser geschrieben, weil
man ihn hier überall so nennt. der Papa schreibt mir in
erstern brief, ich hätte mich mit dem buben v: Langenmantl
gemein gemacht – – nichts wenigers. ich war halt natürlich sonst
weiter nichts; ich glaube der Papa meint er ist noch ein bub, er ist
ja schon 21 oder 22 jahr alt, und ist verheÿrathet. kan man den
noch ein bub seÿn wen man verheÿrathet ist? – – ich bin s[eit]
dem nicht mehr hinkomen. heüt trug ich 2 billiets hin zum ab[schied]
und liess mich excusiren, daß ich nicht hinauf gehe; ich hätte a[ber]
noch all zu viell notwendige gänge. iezt muß ich schliessen, den
die mama will absoulement zum tisch und einpacken. Morgen
reisen wir nach Wallerstein schnurr gerade.
ich glaub es ist am besten der Papa schliest die briefe noch imer
meinem vettern ein, bis wir einmahl in einem ort sizen bleiben.
aber nicht in Arrest, versteht sich. Mein liebs bäsle, welches sich
beÿderseits empfehlt, ist nichts wenigers als ein Pfaffenschnitzl.
gestern hat sie sich mir zu gefallen, französisch angezogen. da
ist sie um 5 p cento schöner. Nun addio. ich küsse dem papa noch=
mahlen die hände, und meine schwester umarme ich, und allen
guten freünden und freündinen empfehle ich mich, und auf das heisel
nun begieb ich mich, und einen dreck vielleicht scheisse ich, und der nähmliche
narr bleibe ich, Wolfgang et Amadeus Mozartich, augspurg den 25
octobrich, 1700 Siebenzigich.

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