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      Meine Liebe Ehegattin!                                                        Salzbς: dς 23 octbς: 1777

Das erste was ich dir, da ich eben aus dem PfingstagAmt nach Hause kome, berichtς muß, ist, daß
die Fr: Oberbereiterin heute frühe nach 8 uhr unverhoft in die Ewigkeit gegangς. Gestern Lude sie
ihre Hebame auf heute zum Frühstück ein, weil heute der fr: Oberbereuterin Hochzeittag ist.
Sie kam um halb 8 uhr und fand die Fr: Oberbς: schneeweis angekleidet im bestς humor, die
ihr sagte, daß sie heut besseres Muths wäre als an ihrem wirkl: Hochzeittage, wo sie dortmals
voll der Angst war: dann zeigte sie ihr ein ganzes kistl voll Wienerschue, die sie erst er=
haltς, und sagte: davon werde ich kein paar zerreißς, meine Nachfahrerin wird frohe seÿn
ein ganzes küstl Schue zu findς. auf einmahl klagte sie einς Schmerzς im Bauch und gieng auf
den Nachtstuehl, da überfiel sie unter einem Laxierς eine Ohnmacht, man schickte zum Dr.
Barisani
und barbς: Gilowsky. hς: Dr. Barisani ist in Lauffς, seine Frau kam mit dem jungς
Dr: Steinhauser, der ebς aufs Pferd sitzς wollte dς 2 Barisani, die um 8 uhr mit dem Postwagς
nach wien gegangς, das Geleit zu gebς, und fandς sie in der zweÿtς Ohnmacht, der iunge Leker
Steinhauser ordinierte eine Aderlass, hς: Gilowsky glaubte, man sollte sie eher recht warm haltς
und erstaunlich frottierς, allein der Dr: Steinhauser bestand auf der Aderlass. Man schlug ihr
die Ader – ein bischen Blut, – ein paar schupfer – da war sie weg! – – Nun hat man
also gleich mit der schönς Neuigkeit einς Klepper nach Lauffς geschickt. Nun eine andςe Historie!
Sage dem Wolfgang, die gros=augete Mundbecken dochter, die mit ihm beÿm Stern gedanzt, und ihm
oft so freundliche Complimentς gemacht, dan endlich nach Loretto ins kloster gegangς, ist wieder in
ihr vatterliches Haus zurückgekehrt. Sie hat gehört daß er von Salzbς: wegreisen will, sie wird
geglaubt habς ihn noch zu sehς und ihn abzuhaltς; er wird also die Güttehabς dem Vatter die Unköstς
zu ersetzς die der Pomp und alle die schönς zubereitungς des kloster Eintrittes gekostet habς.
Ihr seyd also noch in Augspς:? – bravissimo! ich habe schon meinem Brudς den vorigς Brief ein=
geschlossen, weil ich glaubte ihr möchtet über Stöck und Staudς weg seÿn; nun sehe daß ihr
vor dem 24 odς 25 nicht weg komt, folglich 14 Täge in Augspς: bleibt. freÿlich muß man, wen
man ein Concert gebς will, solches viele täge vorher bekannt machς. Ich wünsche nur, daß es
einträglich seÿn möchte! doch vermuthe, es wird nicht gar viel austragς. die Person wird wohl
1 fl 12 xr bezahlς. Ob aber viel komς. Ich bin begierig solches zu hörς. daß das orchester
sehr traurig – weis ohnehin; das ist freilich betrübt! Diesen augenblick schickt mir hς: Hagenauer
das intelligenz=blat, und in ebς der Minute die Fr: v gerlichs die Zeitungen, weil in beÿdς das
Concert angekündigt ist.
Es ist gut das 2 Einlagplätze sind. Die ankündigung ist sehr gut
gemacht. Ihr werdet also das ClavierConcert a 3 Clavecin spielς? und da wird vielleicht hς: Steins
kleine Tochter mit spielen? vielleicht gar das 1st Clavier, du das 2te, und etwa vatter Stein das 3te? – --
so liesse sich etwas vermuthς! – – Nun, da du dieses liesest, ist alles vorbeÿ, und ich hoffe
darüber ein paar Worte Nachricht, wie es abgelauffς.
Mir ist Lieb, daß hς: Steins Pianforte
so gut sind. Sie sind aber freilich auch theuer. hς: Gasser |: nicht Gassner :| hat erst seine
junge schöne Frau verloren, ich laas es in einem schreibς, vor einiger Zeit, an hς: Hagenauer.
Er hat euch also kostbar tractiert. Er ist in der That ein ungemein dienstbarer höflicher
Man. Ihr waret auch beÿ hς: v Zabursnek. Er schrieb es an hς: Johanes Hage=
nauer, und setzte beÿ, daß er euch gerne eingeladς hätte, allein seine Frau seÿ in Kindbette,
er werde aber mit freude im Concert erscheinς. – – Nun vergesst so dan das Abreisen nicht:
die kälte wird imer eindringender. am Sontage und Montage fieng es hier an zimlich kalt zu
werdς. am Dienstag, Mittwoch und heute, war die kälte, durch einς ohnausgesetztς Wind und
dem allerschönstς Wetter so heftig, daß die Pferde und Figurς des Hofbruns gänzlich mit Eys
und Eyszäpfen überzogς sind, und aller Ortς man gezwungen war ein wenig feuer in Ofen
zu machς. Die weinrebς Läuber sind alle so eingeschrumpft als wärς sie im Schmalz gebackς,
und etliche Kayserbirn, die noch am Baum warς, sind gefrohrn. – Ich befinde mich, Gott Lob,

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„MOZARTEUM”
1881
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gesund, habe weder Brustschmerzς, noch Husten, und hab mich recht gut erhohlt. Du wirst nun
wohl das gehen besser in Gewohnheit gebracht habς, als in Salzbς: da du nun Viertlstundς
und fast halbe Stundς weit gehest, wie zum Beyspiel, zu hς: Stein, wen er noch draussen
am Lech wohnet, und nach St: Ulrich &c: Du wirst beÿ der Bewegung, hoffe, ganz
gesund seÿn, Gott erhalte euch beyde ich bin euer alter                    Mozart mp.

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     Mon très cher Fils!

Ich soll dir zu deinem Nahmenstage Glück wünschς! aber was kan ich dir itzt wünschς,
was ich dir nicht imer wünsche? – – Ich wünsche dir die Gnade Gottes, die dich
aller Ort begleite, die dich niemals verlassς wolle, und niemals verlassς wird,
wen du die Schuldigkeitς eines wahrς Catholischς Christς auszuübς beflissς bist.
du kenest mich. – Ich bin kein Pedant, kein Bettbruder, noch weniger ein
Scheinheiliger: allein deinem Vatter wirst du wohl eine Bitte nicht abschlagς? --
Diese ist: daß du für deine Seele besorgt seÿn wollest, daß du deinem
Vatter keine Beängstigung in seiner Todesstund verursachest, damit er in
ienem schweren augenblick sich keinς Vorwurff machς darf als hätte er an der
Sorge für dein SeelςHeil etwas vernachlässiget. Lebe wohl! Lebe glücklich!
lebe vernünftig! Ehre und schätze dein Mutter, die in ihrem Alter nun viele
Mühe hat, Liebe mich wie ich dich liebe als dein wahrhaft sorgfältiger
                                                                                      Vatter Leopς: Mozart mp

info
                                  Allerliebster Freund!

Die Aufrichtigste Wünsche mache ich Ihnen zu ihrem h: Namensfest,
die imer der wärmste Freunde machen kan. Vergnügen, Zufriedenheit,
Glücke p sind zwar solche Dinge, die ich Ihnen daher sagen kan, aber sie
sind noch nicht das, was ich Ihnen gern sagen möchte, und doch nicht auszu-
drücken fähig bin. Bester Freund Sie kenen mein Herz, lassen Sie Ihnen
dieses gefallen. Ich bin gar nicht wohl zufrieden mit den verteufelten
Schwaben; Ihr neuliches Betragen macht Ihnen wenig Ehre. Doch es sind
nicht alle von diesem Gelichter. Leben Sie wohl bester Freund. Ich bin ihr
Jos. Bullinger


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1881
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                                Liebster bruder!

ich wünsche dir alles glük und Segen das gott dich stetts gesund erhalte,
und denke wenn es dir gut oder auch übel geht auch an uns, die wir hier
so Traurig die zeit durchleben müssen, und von ihnen getrennt.
und ich wünschte nur das dieses wegen welchem hr: cassel um
uns zu gratulieren zu uns gekomen ist wahr wäre. nehmlich
du und der papa wären mit 1600 gulden in München aufgenohmς.
solche lügen glaube ich bringt die Haidin und ihr geschlamp auf.
den sie wünschen meinen papa von hier wek um gewiß zu seÿn,
das ihr Mann capellmeister wird.
gilovsky katerl läst sich der mama empfehlen, und dir zu deinem
namens Tag gratulieren. sie hat die ganze woche, ausgenohmς
den Sontag nicht die zeit zu uns zu komen. weil der camerd[iener]
wieder hier ist. die Tresel und der Pimperl lassen dir auch gratu[lier]ς.
lebe wohl, und gesund ich küsse der mama die Hände und dich küsse
ich mit einem schmatzerl.

die Seide wird die mama wohl in münchen vergessen haben zu kaufen?
es ist nur eine frage, und darauf bitte ich eine antwort.

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N:° 11

À Monsieur
Monsieur Le Chevalier Wolfgang Amadè
Mozart Maître de Musique
à

120
 
     58


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info
Wolfgang Mein liebster freint, dein NamensTag ist heunt,
drum wünsch ich dir darzue, du allerbester bue;
So viell alls du nur wilst, und dir gebürt zu haben,
beglükt solst alzeit sein, nich freßen dich die schaben,
das glük, was dir hat hier, nur stetts den arsch gezeigt,
Sey dir in ferneren orth, gedopelter geneigt,
das wünsch ich herzlich dir, So wahr ich hab das leben,
und wan es Möglich wer, wolt ich statt wünschen geben,
Sag deiner Mutter doch, die ich So sehr verehr,
das ich sie alzeit lieb, und offt zu sehn begehr,
Sie Soll ihr freundschafft mir, nur noch So lang erhalten,
So lang sie haben werd an ihren arsch Ein spalten,
bleibts gsund, geliebte Freünt, in Freiden und in spaß,
und Machts zu weillς auch Ein kleins duet mit schaß

                                                                     Rosalia Joly

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