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          7.
                                                                   Augspurg den 14
                                                                                     octoberis 1777

Wür sind den 11 Mitags um 12 uhr von Münichς abgereiset,
und abends um 9 uhr glicklich in augspurg angelanget,
und habς also dise Reise in 9 stundς mit einς Rosselehner
gemacht, welcher noch darzue eine stunde gefuethert hat.
info
Mithin haben wir uns nicht im Dato geirret, den wir haben noch vor
Mittag geschrieben; und wir werden glaube ich künftigen freÿtag als über=
morgen wieder weg; dan hören sie nur wie schön, generos die
Hr: Augspurger sind! ich bin noch in keinem ort mit so viellen
Ehrenbezeügungen überhäüffet worden, wie hier. Mein erster
Gang war zum hr: stadtpfleger Longotabaro; Mein hr: vetter,
der ein rechter brafer, lieber Man, und ein Ehrlicher burger ist,
hat mich hin begleitet, und hatte die Ehre oben im vorhause
wie ein laquais zu warten, bis ich von dem Erz=stadtpfleger
heraus komen würde. ich ermangelte nicht, gleich vom anfang die
unterthänigste Empfehelung vom Papa auszurichten. Er errinnerte
sich allergnädigst auf alles, und fragte mich: wie ists dem
herrn imer gegangen?
ich sagte gleich darauf. gott lob
und danck recht gut, und ihnen hoffe ich wird es auch ganz
gut gegangen seÿn? – – Er wurde hernach höfflicher
und sagte sie, und ich sagte Euer gnaden wie ich es gleich vom
Anfang gethan hatte. er gab mir keinen fried, ich muste
mit ihm hinauf zu seinem schwiegersohn |: im 2:ten stock :| und
mein hr: Vetter hatte die Ehre unterdessen über eine stiege im
Pflez zu warten. ich muste mich zurückhalten, mit allem

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MUSICK=VEREIN
U.
MOZARTEUM
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gewalt, sonst hätte ich mit der grösten höfflichkeit etwas ge=
sagt. ich hatte oben die Ehre in gegenwart des gestarzten
hς: sohn, und der langhachsigten gnädigen jungen frau,
und der Einfältigen alten frau so beÿläufig 3/4 stunde auf
einen guten Clavicord von stein zu spiellen. ich spiellte
Phantasien, und endlich alles was er hatte Prima vista.
unterandern sehr hübsche stücke von einem gewissen Edlman.
da war alles in der grösten höfflichkeit, und ich war auch
sehr höfflich. dan meine gewohnheit ist mit den leüten so
zu seÿn, wie sie sind; so kömt man am besten hinaus.
ich sagte daß ich nach dem Essen zum stein gehen würde.
der junge hς: trug sich alsogleich selbst an mich hinzuführen.
ich danckte ihm für seine güte, und versprach nach Mittag
um 2 uhr zu komen. ich kam. wir giengen mit einander
in gesellschaft seines hς: schwagers, der einen völligen studenten
gleich sieht. obwohlen ich gebeten hatte still zu halten wer ich
seÿ, so war hς: v. langenMantel doch so unvorsichtig, und sagte
zum hς: stein. hier habe ich die Ehre ihnen einen virtuosen
auf dem Clavier aufzuführen, und schmuzte darzu; ich Protes=
tierte
gleich, und sagte ich wäre nur ein unwürdiger scolar
von hς: Sigl in München, von dem ich ihm vielle 1000 Complim:
ausgerichtet habe. – – Er sagte Nein mit dem kopf – –
und endlich – – sollte ich wol die Ehre haben den hς: Mozart

INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
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vor meiner zu haben? – – O Nein, sprach ich, ich nene
mich trazom, ich habe auch hier einen brief an sie. er nahm
den brief und wollte ihn gleich erbrechen. ich liesse ihm aber nicht
Zeit, und sagte, was wollen sie den iezt da den brief lesen,
machen sie dafür auf, daß wir im saal hinein können; ich
bin so begierig ihre Piano forte zu sehen. Nu, meintwegen,
Es seÿe wie es wolle; ich glaube aber ich betriege mich nicht.
er machte auf. ich lief gleich zum einen von den 3 Claviern
die im Zimer stunden. ich spiellte, er konnte kaum den
brief auf bringen, vor begierde überwiesen zu seÿn, er
laß nur die unterschrift. O schrie er, und umarmte mich.
er verkreüzigte sich, machte gesichter, und war halt
sehr zufrieden. wegen seinen Claviern werde ich nachgehends
sprechen. Er führte mich hernach gleich in ein Cofféhaus. –
wo ich, wie ich hinein trat, glaubte, ich müste wieder zurück=
fallen, für gestanck und Rauch vom taback. ich muste halt
in gottes Namen eine stunde aushalten. ich ließ mir auch
alles gefallen; obwohlen ich in der türkeÿ zu seÿn glaubte.
er machte mir dan viell wesens mit einen gewissen Graf,
Compositeur. | doch nichts als von flutenconcerts :| er sagte mir, daß
ist ganz was besonderes. und was man halt übertriebenes sagen
kan. ich schwizte im kopf, händ, und ganzem leibe vor angst.
dieser graf ist ein bruder zu die zweÿ, wo einer im Haag,
und der andere zu zürch ist. er gab nicht nach und führte

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MUSICK=VEREIN
U.
MOZARTEUM
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mich gleich zu ihm. Daß ist ein ganz Nobler Man. er hatte
einen schaffrock an, wo ich mich nicht schämete, auf der gasse
ihn zu tragen. er sezt alle wörter auf stölzen; und macht
gemeiniglich das maul ehender auf als er nur weis was
er sagen will; – – manchmahl fällt es auch zu,
ohne etwas zu thun gehabt zu haben. Er Producirte
nach viellen Complimenten ein Concert auf 2 fluten. ich
muste die Erste violin spiellen. daß Concert ist so. gar
nicht gut ins gehöre. nicht natürlich. er marschirt oft in
die töne gar zu – – Plump; und dieß alles ohne
die mindeste hexereÿ. wie es vorbeÿ war, so lobte ich
ihn recht sehr; dan er verdient es auch. der arme Man
wird mühe genug gehabt haben. er wird genug stu=
dieret haben. Endlich brachte man ein Clavicord aus
dem Cabinet heraus, |: von hς: stein seiner arbeit :| recht
gut, nur voll mist und staub. hς: graf, welcher
Director hier ist, stund da wie einer der imer geglaubt
hat ganz besonder in seiner Reise durch die töne zu
seÿn, und nun findet, daß man noch besonderer
seÿn kan, und ohne dem ohr wehe zu thun. mit einem
wort, es war halt alles in Verwunderung. Nun muß ich
schliessen, sonst versäume ich die Post die um 4 uhr schon
weg=gehet. nächstens die ganze Augspurgerische historie.
ich küsse 1000 mahl die hände und bin          wolfgang Mozart mp

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STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
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Von W. A. Mozarts Hand
                                          Vor 17 Okt
                                          14 Okt. 1777.

die schusterischen Duetts habe ich
den hς: von kleinmaÿern mit
gegeben. ich habe auch einen brief
darzu geschrieben; und da habe
ich eben darein geschrieben, daß
es der hς: von kleinmaÿer mit
sich nimt; an alle gute freund,
und freündinen Meine Empfehlung.
absonderlich an hς: Bullinger.
info
und von mir auch alles erdenckliches
an alle guette freind und
freindinς                 Marianna Mozart

Diese 3 Zeilen von der Hand
          seiner Mutter.

info
ich bitte mir die Adresse vom bischof im
Chiemseé zu schicken! aber nicht vergessen!

Die vollkomne Aechtheit beider
Originalhandschriften verbürgt
Wien im July 1839.               Aloÿs Fuchs in Wien.
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N. 6     N. 6

daugsbς
À Monsieur
Monsieur Leopold Mozart
maitre de la Chapelle
de S: A: R: L'archeveque
de
à
Salzbourg