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                               Mon très cher Fils!                                    Salzbς dς 12 octobς: 1777

Ich hoffe die Mama und du werden sich beÿde recht wohl befindς und meinς Brief, den
ich an meinς bruder Franz Aloysi eingeschlossς, richtig erhaltς habς. Wir befindς uns beyde,
Gott Lob, gesund. der Sago thut mir sehr wohl anschlagς, und ich hoffe es wird imer besser
werden, wir gehen, da das Wetter gut ist beÿ Zeitς, mit unserm getreuς Pimperl täglich spazierς,
welcher recht lustig und nur alsdan sehr traurig und recht sichtbarlich in der gröstς
Beängstigung ist, wen wir beÿde nicht zu Hause sind, den da glaubt er, weil er euch
verlorς, er werde nun uns auch verlierς: so daß, als wir auf den Ball gegangς, er
von der Mizerl nicht mehr weg wollte, weil er uns in der Maske gesehς; und da
wir zurück gekomς, war er so voll der Freude, daß ich geglaubt er werde ersticken.
Er ist auch, da wir aus warς, nicht im Zimer auf seinem Bette gebliebς, sondς beÿm
Menschς beÿ der thür auf dem bodς liegς bliebς, und hat nicht geschlaffς, sondς imer
gespehnt, ob wir nicht wiedς komς. Eben itzt komt die Nanerl von der Gratulation
beÿ dς Obersthofmeisterin, die ihr aufgetragς euch ihr Compliment zu vermeldς,
wie auch der Obersthofmeister und Oberststallmeister. Heut nachmittag wird
hς: Bullinger das beste geben. Beÿ hς: v Schiedenhofς muß alles in vollς flamς
seÿn, den es heist, er hätte bereits um den HaÿratsConsens eingegebς; das ist
richtig, daß, als er sich erkläret, daß er so lange nicht wartς könnte, die Eltern
sich entschlossς habς sie ihm zu gebς. wie sie aber wegς dem Hayratgut auseinander
gekomς, weis man noch nicht. Hier ist ein Geschwätz entstandς unter den Leutς,
du hättest vom Churfürstς ein so grosses Regal bekomς, daß du auf ein ganzes
Jahr zur Reise genug hättest, und daß der Churfς: beÿ der erstς Vaccatur dich
in seine dienste nehmς werde. Nun ist es mir lieber die Leute sagen etwas gutes
und vortheilhaftes, als etwas schlimes, und zwar wegς dem Erzbischof!
Ich vermuthe die Leute des Fürstς in Chiemsee werdς, dem Erzbisς: zum trotz solche sachen
aussprengen. Ich wünschte das Wetter blieb imer so schön, als es itzt ist, wegς euerer Reise.
den 13 octobς: Wir haben dein Schreibς |: nicht aus Augspς: wie wir hoftς :|, sondς abermahl aus München
erhaltς, wo es heist: daß ihr den 11, das wäre Samstags nach Augspς: gehen werdet: und aus
verstos habt ihr beÿde den Brief vom 11 datiert, das wird heissen sollς den 10 abends p:
um des Himels willen, wen ihr in München so lange gebliebς, wo doch gar kein kreuzer Einnahm
zu hoffen, und zwar fast 3 wochς, dan werdet ihr weit komς. Daß der Fürst Taxis in Dischingς
und nicht in Regenspurg ist, das ist was altes: allein ihr müst euch in Augspς: beÿ der
Post=Direction, wo meines Bruders Tochter sehr wohl bekannt ist, erkundigen, wie lang
der Fürst in Dischingς verbleibt, dan bis nach Regenspurg wäre wiedς ein starker ab=
weeg. vermuthlich wird er bald nach aller Heiligen wiedς nach Regenspς: gehς. Ihr müst
euch wegς eueres Aufenthalt in Augspς: darnach richten. ohnweit dischingς ist gleich
beÿ Donauwerth das berühmte Reichskloster Kaysersheim, wo der hς: Reichs Prelat, wie
ich höre ein grosser Liebhaber von Virtuosen ist, und wo man euch alle Ehrς erweisς wird,
Man muß sich aber imer Ehre gebς und sich ein bischen kostbar machς, in Augspς: wirst
du alles dieses erfahrς, und hς: Stein wird dir viel Anleitung geben und dir auch
Briefe an verschiedene Ort verschaffς könnς. Ich weis nicht ob du besser vorher nach
Wallerstein odς nach Kaysersheim gehς kanst: das versteht sich, nach dem du beÿm Fürst

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Taxis gewesen. Kaysersheim liegt rechter hand, und Wallerstein Linkerhand,
folglich glaube vorher nach Kaysersheim, dan soll dich der hς: Prelat mit seinς
Pferdς nach Wallerstein führς lassς. der Fürst von Ötting Wallerstein wird
vielleicht auf seinem Schloß Hochenaltheim seÿn, welches gleich beÿ wallerstein
liegt. das kanst du alles in Augspς, und dan in Dischingς erfahrς. Du wirst dich
erinern, daß dich der Fürst ein junger schöner Herr in Neapel eingeladς, daß du ihn besuchς
möchtest
; daß kan auch die Ursache seÿn, daß du ihm aufwartest. Nun war vormals
in Anspach beÿ dem Margrafen, dan in Mergentheim odς Mergenthall beÿ S:r Exς: dem
LandComandeur etwas zu thun, und dies wäre mit einem kleinς abweeg von Anspach
nach Mergentheim der Weeg nach Würzburg. Ob aber diese Ort noch gut sind, wirst
du aller Orten leicht erfahrς; doch darf man ebς nicht iedem Esel glaubς: den, wen
manche da und dort nicht viel geacht werdς, und desswegς unzufriedς sind, so werdς grosse
Virtuosen ganz anderst angesehς. Wen an solchς Ort die ganze Musik NB ich sage die
ganze Musik
abgedankt wordς; dan ist es freilich ein Zeichς, daß kein geld mehr da
ist: und wen kein accompagnement mehr da ist, – kan man sich freilich nicht mehr
producierς. Von Würzbς: gieng der Weeg über Heidlberg nach Manheim.
dan ist Darmstatt, Frankfort, Maynz und Coblenz.
Weil es mir eben einfalt, so muß dir erinern |: dan du giebst auf solche sachς wenig
acht :| daß der Pabst, von dem du den Orden hast der berühmte und grosse Pabst
Ganganelli, Clemens der 14te war.
Zu Kaÿsersheim must du dein Kreuz tragς.
Was du wegen der opera in Neapl schreibst, war alles ohnehin längst mein Gedankς.
hat dir hς: Missliwς: auch die addresse an den Don Santoro gegeben? du magst
nun den Brief von Augspς: aus wegschickς, oder mir einschlüssς, das ist alles eins, wen
er nur gut und deutlich geschriebς ist. hast du die addresse nicht, so must du mir den
Brief schickς, ich werde mit Misliwetς: Correspondierς, und alles in Gang bringς,
dan an der addresse ist alles gelegen. Wie, odς was hätte ich dem Missliwς: unter=
dessς schreibς könnς, da ich nicht wuste ob du beÿ ihm warest odς nicht? Ich konnte
auch dir meine Meinung über die ganze Sache nicht schreibς, weil ich nicht wuste,
was unter dieser Sache stecken möchte, weil ich sicher glaubς muste, daß Misslς: weis
das du in Münchς bist: dan ihr waret schon den 22 in München, und er schrieb
mir erst den 28. Was die ganze Historie seiner Krankheit betrift, werde mich
ein anders mahl umständlicher erklerς. Er ist halt freÿlich zu bedauern!
dein Schröcken, dein Angst p: da du ihn sahest ist mir mehr als zu begreiflich, es
würde mir eben so seÿn, du kenst mein Herz!
Die Mama schreibt wegen der freul: Tochter des Kriegs Secretaire von Hamm. Nun
möchte es leicht seÿn, daß er mir zuschrieb: ich würde dan in der gröstς Verlegenheit
seÿn. Erstlich wist ihr, daß wir sehr sparsam lebς: und diese Leute sind gewohnt gut

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zu fressς. doch dieß ist nicht die Hauptsache. die Mama und du schreibς, daß sie
sehr einfältig erzogς ist, folglich vermuthe, daß sie auch wenig Talente zur Musick
habς wird. wäre dieses, so kan ich mir keine Ehre machen. wegς der schlechtς position
der Hände hat es nichts zu sagς, da lässt sich helfen; wens aber an den Ohrς fehlt,
und folglich kein tempo zu hoffen, dan muß ich mir die Ehre gehorsς: verbittς.
du hättest also über diesen Punckt eine kleine Probe mit ihr machς sollς: und diese
ist bald gemacht. man darf nur ein paar leichte täcte vorspielς, und sehς ob
sie es à tempo nachspielς könς. – ob ihnς, wen sie einmal die Nottς der 2 täckte
wissen auch das Tempo treffς. Schreibe mir also mit nächster Post, ob sie ein
gehör hat oder nicht? – – sonst kan ich mich nicht entschliessς.
hς: Freisinger hat mit mir studiert, das hat seine Richtigkeit, daß er mich aber zu
Kloster Wessobrun so vortrefflich die Orgl hat spielς hören, das habe ich nicht gewust.
so kan doch nichts geheim bleibς: du weist wie oft ich dir gesagt habe: nicht ist so klein
gesponen; es komt noch an die Sonς.
Ob ich den HofRath Öfelene? – – das glaube!
ich hab als discantist im Kloster St: Ulrich in Augspς: unter der Messe eine Cantate gesungς,
als er mit der schönen Lepin einer Kaufmanstochter, die schön sang und Clavier spielte,
und mit der er über 30000 f erheÿrathet, in der Capelle des Prelatς vom hς: Prelatς
selbst zusam gegebς wurde. Ich sahe ihn dan nach der Hand ia auch öfter in Münchς
als er schon Hofrath war. Sic transit gloria mundi! alles versoffς vor dem End, macht
ein richtigs testament! die übertriebene Musickliebhabereÿ hat getreulich dazu geholfς.


Daß der lieben Mama das einpackς beschwerlich fällt, will von Herzς gern glaubς! o wie
gern wollte ich es statt ihrer thun, und sie gänzlich überhebς. Ich kisse sie viel 1000000
mahl und wünsche ihr Gesundheit und Gedult. Meine Gedult ist schwerer!
die Nanerl bedankt sich für die Præambula. gestern hat die Catherl das beste und ich
das 2te gewonς. die Schidenhς: Louis und Kronach Nanerl warς auch da, über 8 täge wollς
beÿde auch mit schüssς. wir sind dan mit einandς bis halbe 6 uhr spazierς gegangς, und dan
habς wir bis 8 uhr geschmirbt, um 8 uhr gegessς, um 3 viertl auf 9 uhr mit den 2
Freul nach Haus und dan zum Hagenauer, um halbe 11 uhr nach Hauß und schlaffς
gegangς. Heut ist die Hochzeit vom Pergerbreu auf dem Rathshause. die ganze
SchützςCompagς: Hagenauerς: Schiedenhofς: p: Mitzerl und ganz Salzbς: empfς: sich
wir Kissen euch beÿde von Grund des Herzς, und bin dς alte
                                                                                                             Mozart mp
Ob wir die Duetto vom Schuster erhaltς? – – gar nichts! hättest du nicht dazu
setzς könnς, die ich durch Peter odς Paul geschickt habe. wo sollen wir itzt nachfragς?
wer soll sie uns nun einhändigen? – – zu zeitς fehlts halt noch am Ellebogς!

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Allerbester! Ich wünsche, daß Ihnen mein Vater-
land recht wohl gefallen möge. Nun werden ihnen
die Ohren wehe thun von lauter a. Ich empfehle
mich der liebsten Mama unterthänig.   Jos. Bull.


À Monsieur
Monsieur Wolfgang Amadé
Mozart Maitre de Musique

                     à
Beÿm Lam=wirth            Augspourg
in der heil: Kreuzer
gasse.
Franco

N: 8.

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