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                                                                                               Salzbς dς 25 Septς: 1777
     Meine beÿde lieben!
                                                                               439


Ich erhielt des liebς Wolfgς. Schreiben heute vormittag mit gröstem Vergnügen; und nun
eben laß es auch hς: Bullinger, der sich empfehlt, und lachte von Herzen. Bin höchst vergnügt
wen ihr wohlauf seyd: ich befinde mich, Gott Lob, nun viel besser. Nachdem ihr abgereiset,
gieng ich sehr Math über die Stiege, und warf mich auf einς Sessl nieder. Ich habe mir
alle Mühe gegebς mich beÿ unserer Beuhrlaubung zurückzuhaltς, um unsern Abschied
nicht schmerzlicher zu machς, und in diesem daumel vergaß ich meinem Sohn den vätterlichς
Seegen zu geben. Ich lief zum fenster und gab ihn solchem euch beÿden nach,
sahe euch aber nicht beÿm Thor hinausfahrς, und wir musten glaubς, ihr wäret schon vorbeÿ,
weil ich vorher lange da sass ohne auf etwas zu denken. Die Nanerl weinte ganz
erstaunlich und ich muste mir alle Mühe gebς sie zu tröstς. Sie klagte Kopfwehe,
und grausen im Magen, endlich kam ihr ein Erbrechς und sie spieb dapfer, band
ihr den kopf ein, legte sich ins beth und ließ die fenster Läden zu machς, der
betrübte Pimpes lag zu ihr. Ich gieng in mein Zimer, bath mein Morgengebeth,
legte mich um halbe 9 uhr aufs beth, laß in einem Buch, beruhigte mich und
schlumerte ein. der Hund kam, ich war wache, er zeigte mir, daß ich mit ihm gehς
sollte, aus diesem verstund ich, daß es nicht weit von 12 uhr seÿn muste und er
hinab wollte. Ich stand auf, nahm meinς Belz, fand die Nanerl in tiefem schlaf,
und sahe auf der uhr, daß es halbe 1 uhr war. da ich mit dem Hund zurück
kam, weckte ich die Nanerl, und dan ließ ich das Essς bringς. Die Nanerl hatte
gar keinς Appetit; sie ass nichts, legte sich nach Tische ins Bett, und ich bracht, nachdem
hς: Bullinger weg war, meine zeit mit bethς und lesen auch auf dem Bette zu.
den Abend war die Nanerl gesund und hungerig, wir spieltς Piquet, dan assen
wir in meinem Zimer, und machtς nach dem Nachtessς noch ein paar spiel, dan
giengς wir, in Gottes nahmς, schlaffς. So vergieng dieser traurige Tag, den ich in
meinem Leben nicht zu erlebς glaubte. Am Mittwoche gieng die Nanerl frühe
in die Kirche. Nachmittag war schüssς. hς: Bullinger gewan das beste für die Sallerl,
er schoss auch für die Mama und für die Sallerl, die Mama hat also 11 Xr gewonς,
der Wolfgς: hat aber 4 Xr verlorς. der hς: Bullinger und Catherl spieltς mit uns bis
6 uhr und hiemit endigte sich dieser Tag mit dem Rosenkranz den ich täglich für
euch bethe. Heute frühe ließ ich hς: Glatz von Augspς: zu mir komς, und wir kamς

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„MOZARTEUM”
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über eins, daß ihr in Augspς: beÿm Lamb in der heil: Kreuzergasse absteigen
sollt, wo ihr Mittags die Person 30 Xr bezahlt und schöne Zimerl sind, auch
die ansehnlichsten Leute, Engelländς, Franzosς &c: einkehren. von da habt ihr
auch ganz nahe die Kirche zum hl: Kreuz, und mein Bruder Franz Aloysi
ist auch in der Nähe, nämlich in der jesuitergasse. Ihr därft also zu hς:
Albert nichts sagen: dan beÿ den 3 Mohrς ist es zu theuer, er fordert er=
staunlich für die Zimer, und iede Mahlzeit komt die Person auf 45 und
auch 48 Xr. Solltet ihr nun nach Augspς: komς; so müste der Wolfgς: sich gleich
zum hς: Orgelmacher Stein führς lassen. hς: Stein, der ihn seit seinem 7 Jahr
nicht mehr gesehen, würde ihn schwerlich mehr kenς. Er könnte ihm sagen er
wäre aus Insprugg und hätte Comission Instrumente anzusehς. Mir sagt hς:
Glatz daß hς: Stein, hς: Bioley und hς: Fingerl im Stande sind ein recht schönes
Concert zu veranstaltς. den hς: Christoph von Zabuesnig, der die schöne
deutsche Poesie in Salzbς: über dich gemacht, must du auch besuchς, er ist ein Kauf=
man, und ein Gelehrter. In Augspς: kan was schönes und nachdrückliches
durch diesen Herrn in die Zeitungς komς.
hς: Kaufman Gasser ist derienige, der
mir, ohne Kostς, meine Bücher nach Frankfort packet, und das gelöste Geld mir
zurück bringt, du mußt ihn also besuchς und sich statt meiner bedanken, es ist
eine Gefälligkeit die er mir imer erweisen kan. Mein Bruder oder seine
Tochter werden dich wohl zu ihro Gnaden den hς: Stattpfleger von Langen=
mantl führen, wo du meine unterthanigste Empfehlung ablegς kanst. die Mam
weis schon, wie gut wir mit einandς bekannt sind. wir sind mit einandς nach Salzbς: 
gereiset, wo des hς: von Hefners Vatter auch dabeÿ war. An den Höfen must
du dein Kreuz nicht tragen. aber in Augspurg must du es alle Tage nehmς;
da macht es dir Ansehς und Respect, und so an allς Ortς, wo kein regierender
Herr ist. Wen du willst die Klöster zum hl: Kreuz, und St: Ulrich besuchς,
das kanst du alles thun und ihre Orgeln probierς. hς: Stein wird dich wohl
auf seine Orgl nach den Baarfüssern führen. zu St: Ulrich ist des hς: Hilbers
Sohn im kloster
. NB in Augspς: hält sich ein gewisser Organist und Componist auf, aus dem sie vieles
                             machen. ich hab den Nahmen vergessς.

Die Hölzer wirst du wohl allzeit, wen du wo bleibst, durch den Hausknecht in die
Stifl stossς lassς? – –
der Musikpack kan allzeit vorn im Magazin bleibς, nur solltet ihr noch eine
grosse Waxleinwat kauffς, und ihn samt der altς noch einmahl damit recht
einschlagen, um ihn recht gut zu versichern.

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Ich glaube, daß ich auch erinern muß, daß die Salzbς: halbbatzς weiterhin,und
auch schon in Münchς nichts mehr nutz seÿn werdς. ihr werdet keine habς, sonst könte
es euch der Salzbς: Conducteur auswechseln. ob die Batzς gut sind, weis ich nicht,
man muß sich wegς der kleinς Münz beÿ hς: Albert erkundigς.
Ich gedachte heute schon um 9 uhr aus dem bethe zu gehen, allein hς: Glatz erwischte mich
noch und dan kahme auch der hς: Wachtmeister Clessin; so daß ich erst um 11 uhr
aufstehς konnte. Alle bewundς des Wolfgς: Portrait. hς: Clessin hat geglaubt du komst
gleich wieder zurücke, und so glaubte es auch hς: von Schiedenhofς, dς gestern abens
von 5 uhr bis 7 uhr beÿ uns war, auch alle Leute glaubς es so.
Wen ihr von München abgehen solltet, ohne es mir benachrichtς zu könen, so müst ihr
einen Zettl auf der Post in Münchς lassς. wo darauf stehet: Wen Briefe mit
folgender adresse anlangς solltς.
 à Mr: Wolfgang Amadé Mozart Maitre de Musique
so ersuche solche nach Augspurg zum Lamb=wirth in der hl: Kreu[zer=]
gasse, lauffς zu lassς.



Nun ist die Hosen zum Hechtengrauen kleid zurück gebliebς. sollte ich keine
andere Gelegenheit findς, so gieb ich sie nebst der Andretterin Musik,
einigen Contradänzς,
und dem Adagio und Rondeux die dem Brunetti gemacht wordς,
und wen mir sonst noch was in die Hände komt, dem Bothς, der, wen er euch
nicht mehr antreffς sollte, den er komt erst glaublich am Montag Mittag an,
solches an meinen Bruder nach Augspς: kan gehς lassς. Gestern war ein Lermς zwischς
dem Haydn und Capellmstr. Nach der Vesper sollte abermahl das engl: Horn Concert probiert
werdς, das doch schon einmahl gemacht wordς, und Ferlendi und Brunetti warς nicht da; Haydn
wurde böse, und sagte die Probe wäre ohnehin ohnnöthig, und sie solltς auf die welschς Esel wartς.
der Rust sagte er hätte zu befehlς &c: – das Amt hat bis 3 viertl auf 11 uhr gedauert,
und ist abermahl ein Agnus Dei vom Haydn gemacht wordς, weil Rust nicht fertig wurde.
die Sonate war von dem Wolfgς.
Vergesse nicht briefe in Münchς zu suchς. NB. vom Fürstς in Chiemsee auch.
Graf Sensheim könte dir nach Würzburg gebς, der Bischof ist seines Vatters
Brudς. Ich u die Nanerl empfς sich der Mama und Kissen dich 
und sie Million mal, addio.
                                                                  Mozart mp
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Franco             À Monsieur
Monsieur Wolfgang Amadé
Mozart Maître de Musique
                     à
Beÿ hς: Albert               Munic
abzugeben.


25 september
 
   N: 1


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