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1762
                        Linz den 3:ten Oktober 1762

Haben sie nicht geglaubt, wir wären schon in
Wien, da wir doch noch in Linz sind. Morgen,
wenn Gott will, gehen wir mit der sogenannten
Wasser ordinaire dahin ab. ja, wir wären auch
unfehlbar schon da, wenn wir nicht in Passau,
wider unsern Willen 5 ganzer Täge gewesen
wären. Diese Verzögerung, daran S:e Fürstl:
Gnaden
in Passau schuld sind, ist mir auch um
80 fl. schade, Die ich in Linz gewonnen hätte, wen
ich eher dahin gekommen wäre. Da ich mich
nun mit etlich und vierzig Gulden begnügen
muß, die mir in dem vorgestern gegebenen
Concert deductis deducendis geblieben sind.
Was aber eigentlich in Passau vorgegangen,
muß ich auf eine persöhnliche Unterredung
verschieben, da es hier zu weitläufig wäre.
Genug, der Wolfgang hatte die Gnade, sich
bei S:r fürstl: Gnaden zu produciren, das
Mädl aber nicht, und dafür bekam er einen
ganzen Dukaten, id est baare 4 f. 10 x sagen
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sie aber Niemand etwas davon; entzwischen bethen
wir nur, daß unser Erzbischof lang lebt, das Meh=
rere mündlich. Nun etwas von unserer Reise
Beschreibung.      Den 20:ten  des verflossenen Mo=
nats sind wir in Passau um 5 Uhr Abends
eingetroffen, den 26:ten  sind wir Morgens mit
          dem Domhς. Graf Herberstein von Pas=
sau abgegangen und selben Tag Abends um 5
Uhr in Linz angelangt. Wir wohnen bei einem
gewissen Kiener. Wir sind sehr wohl bedienet.
Es sind 2  Jungfern, die nach dem Tode ihrer
Aeltern die Wirthschaft fortführen, und die mei=
ne Kinder so lieben, daß sie uns alles thun, was
nur immer in ihren Kräften ist. Meine Kin=
der setzen übrigens alles in Verwunderung;
sonderheitlich der Bub. Hς. Graf Herberstein
ist nach Wien, und wird zum voraus einen
grossen Lermen dahin bringen. Und gestern
ist der hς. Graf v. Schlick allhiesiger LandsHaupt=
mann samt seiner Frau nach Wien abgegan=
gen. Beÿde waren ungemein gnädig mit uns;
Sie sagten, daß wir, sobald wir nach Wien komen,
gleich zu ihnen komen sollen; daß sie mit dem
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Hς. Grafen Durazo unterdessen sprechen, und über=
haupts unsere Ankunft in Wien bekannt machen
werden. Allem Ansehen nach soll die Sach recht gut
gehen. Gott erhalte uns nur wie bisher, gesund.
biß diese Stunde sind wir noch wohl auf. Obwohlen
ich zu zeiten da und dort kleine halb: podagrische
zwicker merke. Die Kinder sind lustig, und über=
all so, als wären sie zu Hause. Der Bub ist
mit allen Leuten, sonderheits mit den Offizie=
ren so vertraulich, als wenn er sie schon
seine Lebenszeit hindurch gekannt hätte.
Hier schliesse ich die Monatszettl für dieß
Monat bei. Lassen sie es ablangen, die Steu=
er dagegen muß mit 10 Xr 3 Pfening
erlegt werden.
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                                                        Fortsezung vom 3 Okt. 1762.
Machen sie sich damit des Hauszinses halben bezahlt, und die Frau
Gemahlin
|: der wir uns sonderheitl: gehorsamst empfehlen :| lasse
ich bitten auf unsere Intention 4 heil: Messen zu Maria Plain
zuveranstalten, und zwar sobald es möglich ist. Mein Mädl
empfehlt sich, und last der Frau Liebsten melden. daß sie zu
Maria Hilf in Passau schon ihr versprechen gehalten; ja
wir haben alle für den hς: Lorenz gebethet. Sie werden
sonst hoffentlich alle gesund seÿn? Daß wünschen wir
von Herzen. Von Wien werden ihnen bald schreiben. Vielleicht
giebt es bis dahin Neuigkeiten, bis iezt weis man Nichts.
Hier sind bis 1500 gefangene Preüssen, und vor 2. Tage
sahe ich wieder 600. ankomen. Was mir gar nich gefällt,
ist, daß man nicht nur alle Preusische Landeskinder
engagiert, sondern gar einige Viele zu unserm Diensten
zwinget; die nach der Hand zum Teufel gehen, die Mon=
tirungen mitnehmen, und noch darzu Verräther abgeben.
ich muss schliessen, leben sie wohl, wir empfehlen uns dem
ganzen Hagenauerischen Hause, und ich bin etc:

NB hier fehlt ein Brief, in welchem ich Nachricht gab
daß der geheimde Zahlmeister am Theresia Tag uns 2 Kleidς
für meinς Sohn u Tochter von S:r MstKayserin überbrachte.
NB. der Brief liegt hierin.

[... (Beginn der Abschrift des Briefes vom 19. Oktober 1762)]