[S. 1]


Neapel dς 5
tς Junij 1770
Dein Schreibς vom 18
tς Maÿ habe richtig heut dς 5
tς Junij erst empfangς.
Nun wird dein Catharr wohl hofentl: vorbeÿ seÿn. Es ni
mt nücht sehr
wunder, da
n erst seit 8 tägς habe angefangς das dicke fla
nel=Leibl
abzulegς und ein di
neres mit dem Barchetς Ermeln zu nehmς, und trage
noch 2 Hemdς: und den 3
tς Junij habe angefangς zu fusse in einem
seidenς Kleide auszugehς. Es war auch hier noch i
mer Morgens und
Abends sehr kalt, und den 2
tς Junij ein erschrecklicher Regς und Risel=
wetter, diese Witterung ist für Neapl etwas sehr fremdes.
Nun wirst du auch meine 4 vorigς Briefe aus Neapl in Händς
habς. Unser
Concert ist sehr gut abgeloffς; von Hof ka
n dir noch
nichts schreibς. die
Principessa da Francavilla hat uns auch ein schönes
present gemacht, und wir habς zu noch ein paar kleinigkeitς Hoffnung.
du wirst übl zufriedς seÿn, daß ich dir unsere Ei
nahme nicht
umständlicher schreibe. Ich thue es darum nicht, weil man in Salzb
ς:
nur die Ei
nahm ansiehet, und auf die Ausgaabe nicht denket,
ja wenige, und sehr wenige sind die wissς was Reisen kostet.
Es wird dir genug seÿn, daß wir an nichts, Gott lob, mangel habς,
was i
mer uns nothwendig ist unsere Reisς mit aller Ehre fortzusetzς.
Eines der schönsten sachς ist der tägliche
passeggio, wo die
Nobesse in einigς hundert Kutschς
alla Strada nuova e al Molo
abends bis nach
Ave Maria spatzirς fährt. die Königin fährt
öfters mit, aber alle Sontage und feyrtägs gewiß. da diese
spazierfarth am Meer ist; so schiesset man auf den
schiffς, we
n die Königin mitfährt, und rechts und Links haltς
die Kutschς stille, und grüssς die Königin, we
n sie durchfärth.
DOM=
MUSICK=VEREIN
U.
MOZARTEUM
INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 2]


so bald es ein wenig abend ist, werdς beÿ allς Kutschς die
Flambos
angezindet, um eine Art von
Illumination zu machς. da wir
täglich mitfahrς und allezeit durch einς Herrschaftl: Wagς bedienet
werdς, so habe allezeit 2
Flambos, namlich der bedient von dς
Herrschaft, so uns bedient, hat seine
Flambo und der unser seine.
das ist aber kein grosser unkostς, indem die
Flambo hier
sehr wohlfeil sind und manche Kutsche mit 4
Flambos so
4 lauffer tragς bedient wird. S:
e M
ς: die Königin grüsset
uns allezeit mit ganz besondςer freundlichkeit. Am Pfingst=
sontage warς wir beÿm grossς Ball den der Französ
ς:
Gesandte, wegς dς Vermehlung des
Dauphin gabe. Wir warς
durch 2
Billets dazu eingeladς. Mein Entschluß ist noch
i
mer dς 16 mit dem
Procaccio, odς glaublicher, we
n ich eine
gewisse
Sedia beko
me, dς 20 mit S.
r E: dem Kaÿs
ς gesandtς
gr:
Kaunitz per posta nach Rom zu gehς.
Was den h
ς: Otto in
Franckfort betrift, hättest du aus meiner
Nota, die ich in Salzb
ς: dir zurückgelassς, ersehς kö
nς, daß
ich ihm mehr nicht als 12 Bücher der Violinschule geschicket
habe. und aus seinem Briefe, und der dari
n stehendς Be=
rechnung hättest du sehς kö
nς, daß er beÿ Einsendung der
18
f 26
xr die 12 bücher bezahlt hat, folglich ist kein Anstand
ihm 15 bis 20 St
ς: zu schickς. Allein wie? das weis ich
nicht. herr Wallner ka
n einige 12 St
ς: vielleicht
unter der Zeit packς
p: odς we
n er ko
mendς herbst reiset.
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„MOZARTEUM”
1881
[S. 3]


Es ist aber in dieser kleinς Berechnung ein fehler von 2
f,
die h
ς: Otto mir noch zahlς muß. mit nächstς werde ein klein
briefl an ihn beÿschlüssς. Ich kisse dich und die Na
nerl
1000 mahl und bin dein alter
Mzt
mp
An alle in und ausserm Hause alles erdenkliches!
Ich glaube gern daß es dir Lustiger beÿ uns wäre, und
ka
n mich nicht genug wundern, daß in Salzb
ς: alles Theuerer
wird. Man denkt halt in Salzb
ς: gar nicht daran, daß,
we
n sich das
Sÿstema in einer Sach ändert, man darauf
bedacht seÿn muß auf einer andern Seite ein
Systema zu
formirς, so das ganze in seinem nötigς
gleichgewicht erhält. Es läst sich auf einς kleinς fleck
Papier nicht schreibς. und was würde es helfen?
DOM=
MUSICK=VEREIN
U.
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1881
[S. 4]


À Madame
Madame Marie Ane
Mozart
à
pr: Mantova Salzbourg
N: 25 aus Neapel.
DOM=
MUSICK=VEREIN
U.
MOZARTEUM
INTERNATIONALE
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„MOZARTEUM”
1881
[S. 5]



Cara sorella mia.
Heünt raucht der
vesuvius starck, poz bliz und ka nent
aini. haid ho
ma gfresn beÿm h
ς: Doll, des is a deü=
tscha
Compositeur, und a brawa mo. anjezo begin=
ne ich meinen lebenslauf zu beschreiben.
alle 9 ore,
qualche volta anche alle Dieci mi sveglio, e poi an=
diamo fuor di casa, e poi pransiamo d'un tra=
tore, e Dopo pranzo scriviamo e di poi sortia=
mo e indi ceniamo, ma che cosa? – – – –
Al giono di grasso, un mezzo pullo, overo un
piccolo boccone d'un arosto, al giorno di magro,
un piccolo pesce, e di poi andiamo à Dormire.
est ce que vous avez compris? redma dofia
Soisburgarisch don as is geschaida. wia sand
got lob gsund, do Voda und i, ich hoffe
du wirst dich wohl auch wohl befinden, wie auch die
mama.
se viene un altra volta la sig: alouisia
de scitenhofen fatte da parte mia il mio com=
plimento. neapel und
Rom sind zweÿ schlaff=
stätte, a scheni schrift, net wor? schreibe mir,
und seÿ nicht so faul,
altrimenti averete qual=
che bastonate di me. quel plaisir! Je te casserai
la tête. Ich freue mich schon auf die
portrait,
und i bi
corios wias da glaich siecht, wons ma
gfoin, so los i mi unden Vodan a so mocha.
mädle, las da saga, wo bist dan gwesa, he!
[S. 6]


gestern waren wir in der
compagnie mit den
h
ς: meuricofre, welcher sich dir und der mama
empfehlt. Die
opera dahier ist von
Jomelli,
sie ist schön, aber viel zu gescheid, und zu alt=
vätterisch fürs
theatro, die
De amicis singt
unvergleichlich, wie auch der
aprile, welcher
zu mailand gesungen hat, die tänze sind
Miserabl pompos, das theatter ist schön,
der könig ist grob
neapolitanisch auferzohen,
und steht in der
opera allkeizt auf einen
schämerl, damit er ein bissel grösser als
die königin scheint, die königin ist schön
und höflich, indem sie mich gewis sechsmahl
in molo (das ist eine spazierfahrt) auf das
freündlichste gegrüsset hat. die herschaften
geben uns alle abend ihren wagen mit ihnen
in den
molo zu fahren. sontag sind wir auf
den ball eingeladen worden, den der französisch
gesandte gegeben hat. mehr kan ich nicht schreiben,
an alle gutte freünd und freündinen mein
Compliment, leb wohl
p:s: kus
meinen handschus an die
mama.
Wolfgang Mozart mp
den 5
Juni 1770