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Nebst Gedicht von der Corilla (Linley)
Roma dς 21
aprilis 1770.
Dein Schreibς vom 2
tς und das vom 6
tς sind, so viel ich vermuthe die Beantwortung
meiner Beÿdς schreibς aus
Bologna. Entzwischς wirst du eines aus Florenz und mein
erstes aus Rom bereits in handς habς, in welchem letztern ich dir in Eÿle unsere schlechte
Witterung und müheseelige Reise beschriebς, aber zu meldς vergessς habe, daß wir
unter Blitz und Do
ner um Mittagszeit angelanget sind, und das Wetter
eine gute Stunde ausser Rom so, wie man die grossς Herrn mit abfeurung
des schwerς Geschützes, uns mit Krachς und Blitzς empfangς, und nach Rom begleitet
hat. Bis itzt war i
mer Regenwetter, und heute ist der erste tag, an welchem wir
sicher ein und andere Sachς besehς konntς. Wir habς hier erstaunlich viel Engel=
ländς angetroffς, unter andςς den
Mister Beckfort, der uns beÿ der
Lady Effingham
in
London kannte, und mit welchem wir heute frühe in Geßellschaft andςer Engelländς
in dem Gartς
de Villa Medici, so dem Grossherzog von Florenz zu gehört, ein paar
Stund spatzierς giengς. Wir habς unsere erste Wohnung verändςt, und h
ς: Marcobruni,
der sich dir entgegς empfehlt, hat uns
Sulla Piazza del Clementino in das Hauß
des Päbstl:
Curriers
Sgr: Uslenghi gebracht. Hier sind wir sehr gut: und die
Frau und Tochter wissen nicht wie sie uns genug bedienς sollς. der h
ς: ist ein
Portugall,
und sie sehς uns als herr vom Hause an, wir speisen zusa
m, habς ein grosses zi
mer,
welches wegς dς Morgenso
ne sehr gesund ist. ko
mς freunde zu uns, so
sind wir h
ς: von allς andςς Zi
mern, und da die tochter eine Anfängerin
vom
Clavier ist, so sind wir auch nicht ohne flügl. Es sind bereits einige
Nachrichtς von unserer Gegenwart in
Bologna u fl
orenz
p: zu lesς,
alleine ich mag dergleichς sachς ni
mer einschickς. Gestern habe das schreibς von
S
r:
Excς: Obersthofmeister empfangς. Es ist demnach solches noch vor dem
Schreibς angelanget, welches S
r: Hochf
ς: Gdς an mich abzulassς ggst befohlς
habς, welches noch nicht gesehς, und mich beÿ h
ς: Agenten Crivelli vergebens
desswegς erkundiget habe. Du kannst beÿ Gelegenheit dich beÿ S:
r Exς: nebst
unserer gehorsambstς Empfehlung bedankς. Das T
ς: h
ς: HofCanzler sich wiedς besser
befindet vergnüget mich so sehr, als dessς schwere und gefährliche unbässlichkeit
mich betrübt hatte. dem h
ς: HofRath
v Mölk melde nebst meiner Empfehlung,
daß ich gar nicht zweifle, er werde beÿ diesς traurigς umständς ein paar
mahl sich meiner Worte eri
nert habς. dem h
ς: v Schiedenhofς empfehle
mich absonderlich, und bin ihm sehr verbundς, daß er die Na
nerl
öfter auf dem Flügl spielς macht. ich werde ihm sicher nächstens selbst
DOM=
MUSICK=VEREIN
U.
MOZARTEUM
INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
[S. 2]


schreibς. Von unsern Sachς mag ich dir nichts schreibς, dann ich bin müde:
ie tiefer wir in Italiς kamς, ie mehr wuchs die Verwundςung. der
Wolfg
ς: bleibt mit seiner Wissenschaft auch nicht stehς, sondς wächst
von tage zu tage, so, daß die gröstς Ke
ner und Meister nicht worte
genug findς ihre Bewundςung auszudrückς und an tag zu gebς. Vor 2
tagς warς wir beÿ einem
Neapolitς: Prinzς
St: Angelo. Gestern beÿm
Principe Ghigi, wo unter andςς der so gena
nte
Re d'Ingilterra
oder
Pretendent, und der
Secretario di Stato Cardinal Pallavicini
zugegς warς. Wir werdς bald S
r: Heilligkeit vorgeführt werdς.
Bevor ich schlüsse, muß ich dir eine artige Begebenheit schreibς.
In
Florenz fandς wir einς jungς Engelländς, welcher ein Schüler des Berühmtς
Violinisten Nardini ist. dieser knab, welcher
wunderschön spielt, in des
Wolfg
ς: Grösse und alter ist, kam in das Hauß der gelehrtς Poetin
Sgra
Corilla, wo wir uns aus
recomendation des
Mr: Laugier befandς. diese
2 knabς
produciertς sich wechselweise den ganzς abend unter beständigen
umarmungς. den andςς tag Ließ der kleine Engelländς, ein allerliebster
Knab, seine Violin zu uns bringς, und spielte den ganzς nachmittag, der
Wolfg
ς. accompagnierte ihm auf dς Violin. den tag darauf speistς wir
beÿ
Mr: Gavard dem
Administratore der Grossherzogl:
Finanzen,
und diese 2 knabς spieltς den ganzς nachmittag wechselsweise, nicht als
knabς, sondς als mä
ner! der kleine
Tomaso begleitete uns nach Hause,
und weinte die bitterstς Thrä
nς, weil wir den tag Darauf abreisetς.
da er aber vernahm, daß unsere Abreise erst auf den Mittag vestge=
stellt seye, so ka
m er morgens um 9 uhr, und gab dem Wolfg
ς: unter
vielς Umarmungς folgende
Poesie, die die
Sgra Corilla den Abend
vorhero ihm noch machς muste, und da
n begleitete er unsern wagς
bis zum Stattthore. Ich wünschte, daß du diese
Scene gesehς hättest
ich schlüsse hiemit nebst geh
ς: Empf
ς: an alle freunde
u bin dς alte
Mzt
mp
Wir küssς euch beÿde 1000 Mahl.
INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
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10. Von W. A. M. Rom 21 April 1770. 31
Cara sorella mia,
Ich bitte dich, du wirst die Künste von der Rechenkunst finden, denn du
hast sie selbst aufgeschrieben, und ich habe sie verloren, und weiß also
Nichts mehr davon. Also bitte ich dich, sie mir zu kopiren, nebst andern
Rechenexempeln und mir sie her zu schicken.
Manzuoli steht im Kontrakt mit den Mailändern, bei meiner Oper zu
singen. Er hat mir auch dessentwegen in Florenz 4 oder 5 Arien gesungen,
auch von mir einige, welche ich in Mailand komponiren habe müssen,
weil man gar nichts von theatralischen Sachen von mir gehört hatte,
um daraus zu sehen, daß ich fähig bin eine Oper zu schreiben. Manzuoli
begehrt 1000 Ducaten. Man weiß auch nicht, ob die Gabrielli
sicher kommen wird. Einige sagen, es wird die
De Amicis singen, welche
wir in Neapel sehen werden. Ich wünschte, daß sie und Manzuoli
recitirten. Da wären nun zwei gute Bekannte und Freunde von uns.
Man weiß auch noch nicht das Buch. Eins von Metastasio habe ich dem
Don Ferdinando und dem Herrn von Troger rekomandirt.
Jetzt habe ich just die Arie:
se ardire e speranza in der Arbeit.
[... (Briefabschriften)]