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Roma dς 14
tς aprilis 1770
Den 11
tς sind wir mitags glückl: hier angelanget. Man hätte mich leichter beredς
kö
nς, daß ich nach Salzb
ς: als nach Rom ko
mς werde, da wir 5 Täge in dem ab=
scheulichstς Regen, und kaltς Winde von Florenz nach Rom zu reisen hattς. In Rom
selbst vernahm ich, daß sie seit 4 monatς i
mer Regς hattς, und wir hattς
wirklich die Probe, indem wir am Mittwoche und do
nerstage beÿ schönς
wetter nach St: Peter in die
Capellen Sixti giengς das
Miserere in der
Mettς zu hörς, und im nahe Haus gehς von einem so entsetzlichς
Platzregς überfallς wurdς, daß unsere Mäntl noch niemals so getauft
wordς, als dieses mahl. von dieser abscheulichς Reise will ich dir keine lange
Beschreibung machς. Stelle dir nur ein meistens ungebautes Land vor,
und die abscheulichstς Wirtshauser, Unflath, nichts zu Essen als zum
glück da und dort Eÿer und
Broccoli: und manchmahl mochtς sie sich ein Gewissς
daraus machς Eÿer am fasttage herzugebς. zum gutς glücke habς wir in
Viterbo noch gut zu nachtgespeiset und wohlgeschlafς. alda sahς wir die hl:
Rosa
von
Viterbo, die |: so wie die hl:
Catharina di Bologna in
Bologna :| unverwesen zu
sehς sind. von dς erstς habς wir fieberpulver und
Reliquiς, von dς zweÿtς eine
gürtl zum angedenkς mitgeno
mς. den 11
tς, da wir ankamς sind wir nach Tische in
die St: Peterskirche und da
n in die Mettς gegangς, den 12 habς wir die
Functiones, und
da der Pabst beÿ der Tafl der armς aufwartete, denselbς so nahe gesehς, daß wir
oben an nebς ihm standς. Es ist solches um so mehr zu bewundς, da wir durch
zweÿ mit geharrnischtς Schweitzern bewachtete Thürς hineinko
mς, und durch vielle
100 Menschς uns durchdringς musten, und
NB noch keine Beka
ntschaft hattς. allein
die gute Kleidung, die Teutsche sprache, meine gewöhnliche freÿheit mit welcher
ich meinς Bedientς in Teutscher sprache den schweitzern zu ruffς ließ, daß sie Platz
machς solltς, half uns aller Ortς bald durch. Sie hieltς den wolfg
ς: für einς
teutschς
Cavallier, andςe gar für einς Printzς, und der Bediente ließ sie auf dem
gutς glaubς; und ich ward als sein Hofmeister angesehς. Eben so giengς
wir zu der Tafl der
Cardinälς. da begab sich, daß der Wolfg
ς: zwischς die Sessel
zwener
Cardinalen zu stehς kam, derς einer dς
Cardinal Pallavicini war.
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dieser gab dem Wolfg
ς: einς Wink, und sprach zu ihm:
Wolltς sie nicht die güte habς
mir im vertrauς zu sagς, wer sie sind? der Wolfg
ς: sagte ihm alles.
der
Cardinal antwortete ihm mit der gröstς Verwunderung, und sagte:
Eÿ, sind
sie der berühmte Knab, von dem mir so vieles geschriebς wordς.
auf dieses fragte der wolfg
ς: sind sie nicht der Cardinal Pallavicini? – –
der
Cardinal antwortete:
ja, der bin ich, und Warum? – –
der Wolfg
ς: sagte ihm alsda
n,
daß wir Briefe an Se: Eminenz zu übergebς
habς, und unsere Aufwartung machς werdς. der
Cardinal bezeigte ein grosses
Vergnügen darüber, sagte, daß der wolfg
ς: gut italiänisch spreche, und unter
andς sagte er.
ik kan auck ein benig deutsch sprecken. p: p:
da wir weg giengς küsste ihm der wolfg
ς: die Hand, und der
Cardinal nahm
das
Biret vom Haupt und machte ihm ein sehr höfl:
Compliment.
du wirst vielleicht oft von dem berühmtς
Miserere in Rom gehört habς,
welches so hoch geachtet ist, daß den
Musicis der
Capellen unter der
excomunication verbottς ist eine sti
me davon. aus der
Capelle weg zu
tragς, zu
Copierς, odς iemandς zu gebς. Allein,
wir habς es schon.
der wolfg
ς: hat es schon aufgeschriebς, und wir würdς es in diesem Briefe
nach Salzb
ς: geschickt habς, we
n unsere Gegenwarth, es zu machς, nicht
nothwendig wäre; allein die Art der
production muß mehr dabeÿ thun, als
die
Composition selbst, folglich werdς wir es mit uns nach hause bringς, und weil
es eine der Geheimnisse von Rom ist, so wollς wir es nicht in andςe Hände lassς,
ut non incurremus mediate vel imediate in Censuram Ecclesiæ.
die St. Peters Kirche habς wir schon rechtschaffς durchsucht, und es soll gewiß nichts
unbeobachtet verbleibς, was i
mer hier zu sehς ist. Morgς werdς wir |: we
n Gott will :|
S
e: Heilligkeit
pontificirς sehen. Du kannst dir den Hochmuth der hiesigen
abbate unmöglich vorstellς. ieder, der nur daß mindeste beÿ einem
Cardinal
zu thun hat glaubt sich so gut als der
Cardinal selbst zu seÿn. da nun jeder
Cardinal mit 3 und 4 Wagς
Corteggio zu den Päbstl: Verrichtungς fährt, deren
ieder mit den
Capellanis, Secretairς und Ca
merdienern angefüllt ist, und die alle
den meistς Platz ei
nemς, so freue mich schon auf morgς, durch alle diese
Natio[...]liothek
Wien
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Stoltze Herrn durchzugehς, und sie, wer wir sind, in der unwissenheit zu lassς, da
n
wir habς uns noch nirgends
presentiert, weil itzt die
Functiones sind. am Montage
werdς wir anfangς unsere
20 Recomendationsschreibς abzugebς.
So frohe ich bin, daß ihr nicht mit uns gereiset, so leid ist es mir, daß ihr
alle die Stätte
v Italiς, sonderheitl: aber Rom nicht sehet. Es ist u
nötig, ja
unmöglich im kurzς eine Beschreibung zu machς. Ich rathe dir noch einmahl
Kaÿslers Reisebeschreibung zu lesen. Von
Bologna und v[on] Fl[oren]z habe ich
dir geschriebς. Im deutschς
Collegio sind wir im vorbeÿgehς 2 Stund nach unserer
Ankunft gewesen, und den h
ς: v Mölk in bester gesundheit, sa
mt andςς
bekanntς alda angetroffς. Ich werde in Ansehung des h
ς: v Mölk den
Wolfg
ς: dem ganzen
Collegio producierς, weil sie ihn gern hörς möchtς.
Wir sind durch h
ς: Abbate Marcobruni gleich in einem
privat Hause abge=
stiegς: weil hier aber nur ein Zi
mer ist, und wir 2 Zi
mer
habς müssς, um Leute zu empfangς, die uns besuchς, so werdς wir heute
abends in ein ansehnlichere Wohnung wandern. heute und gestern
bin ich ein wenig ein
patient, da
n ich habe 3
digestiv=pulver genohmς,
befinde mich aber |: gott Lob :| gut. der Wolfg
ς: befindet sich ebenfals
gut, und schicket hier einς
Contradance. Er wünschte, daß h
ς: Cirillus hofma
n
die Schritte dazu
Componirς möchte; und zwar möchte er, daß, we
n die
2 violin, als vorsänger spielς, auch nur 2 Personς vortantzς möchtς,
und da
n allezeit, so oft die ganze
Musique mit allen
Instrumentς
eintritt, die ganze
Compagnie zusa
mtanzς soll. am schönstς wäre
es we
n es mit 5 paar Personς gedanzt würde. das erste paar fängt das
erste
Solo an. das 2
te dantzt das 2
te und so fort, weil 5
Solo und
5
tutti sind.
Nun ko
mt die Zeit, die mir die meiste Unruhe macht, weil die Hitze ko
mt;
doch sagt mir iederman, daß
Neapl unvergleichlich mehr Luft hat, und viel
gesünder als Rom ist. Ich werde also alle mögliche vorsorge brauchς, sonderheitl:
wegen der üblς Luft odς
malaria unsere Rückreise ohne Lebensgefahr anzustellς.
National=Biblioth[ek]
[Wi]en
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da nun alles auf die Witterung
ankomt, und sonderlich auf einς Starkς
Regς und Wind, so kann nichts wedς entschlüssς; noch schreibς. H
ς: Meisner
ist in
Neapl, wir hoffς ihn in 3 bis 4 wochς dort zu sehς. Bethet fleisig
den Liebς Gott für unsere Gesundheit: an uns wird es nicht fehlς; da
n ich
ka
n dich versichern, daß wir alle möglichste Sorge habς, und dς Wolfg
ς.
auf seine Gesundheit so acht hat, als wäre er der erwachsenste Mensch.
Gott erhalte euch gleichfals gesund, machet meine Empf
ς: an alle gute
freund und freundinς und ich bin der alte
Mzt
mp.
Ich und der Wolfg
ς: Kissen dich und die Na
nerl 1000 Mahl.
Ich bin got lob und danck Samt meiner miserablen feder ge=
sund, und küsse die mama und die nanerl tausend oder 1000
mahl. nb: ich wünschte nur das meine schwester zu Rom wäre,
dan ihr wurde diese stadt gewis wohlgefahlen, indem die
peters kirchen Regulair und viele andere sachen
zu Rom Regulaire sind. die schönsten blumen tragens
iezt vorbeÿ, den augenblicke sagte es mir der papa.
Ich bin ein nar, das ist bekandt, o ich habe eine noth,
in unsern quartier ist nur ein bet, das kan die mama
sich leicht einbilden, das ich beÿm papa keine ruhe habe,
ich freÿ mich auf das neüe quartier: iezt hab ich
Just den hl: petrus mit den schlisselsamt den hl: paulus
mit den schwerdt und samt den hl: lucas mit meiner
schwester ec: ec: abgezeichnet, ich hab die ehr gehabt den
hl: petrus seinen fus zu sanct pietro zu küssen, und
weil ich das unglück habe so klein zu seÿn, so hat man
mich dan als den nehmlichen alten fechsen
Wolfgang Mozart
hinauf gehebt