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Zeit.blatt v. Mantua.
Poesie von einer Dame in M.,
Maÿland dς 26
tς Jener 1770.
Signora Sartoretti!
Dein Schreibς vom 12
tς habe von h
ς: Troger richtig empfangς. dς 23
tς Mittags
langtς wir in Maÿland an, den 24
tς kam dein Brief, und zugleich auch dein
erstes Schreibς, welches, auf mein Ersuchς, h
ς: Anton von Gu
mer auf der
Post in Botzς hat suchς lassς, und mir eingeschicket hat. Du beklagest dich,
daß du 3 wochς von mir kein Schreibς erhaltς, da ich dir doch von
Verona
und von Mantua geschriebς habe. das erste von
Verona hättest du bereits
erhaltς sollς, indem ich es dς
7tς Jener alda auf die Post gegebς. das 2
te
ko
nte noch nicht in Salzb
ς: seÿn, den ich gab es erst
den 15tς zu Mantua
auf die Post. Den 10
tς sind wir Mittags von
Verona abgereist und abends
in Mantua eingetroffς, das habe ich dir, glaublich, schon geschriebς. Ich wünschte
daß du den ort gesehς hättest, wo die
accademia war: nämlich das so genannte
Theatrino della Academia Philarmonica. Ich habe in meinem Lebς von dieser
Art nichts schöners gesehen; und da ich hoffe,
daß du alle briefe fleisig auf=
behaltς wirst, so werde dir solches seiner Zeit beschreibς. Es ist kein
Theater,
sondern ein wie die
opernHauser gebauter Saal mit
Logen; wo das
Theater stehen soll, ist eine Erhehung für die Musik, und hinter
der Musik abermahl eine, wie
Logen, gebaute
gallerie für die Zuhörer.
Die Menge dς Menschen, – – das zuruffen, klatschen, Lermς, und
Bravo
über
Bravo, – kurz, das allgemeine Zuruffς, und die Bewunderung
so die Zuhörer zeigtς ka
n ich dir nicht genug beschreibς.
Ich zweifle nicht es werdς unterdessς einige Nachrichtς so wohl von
Roveredo,
als von
Verona und
Mantova nach Salzb
ς: geko
mς seÿn. Melde, nebst
meiner unterthänigstς Empfehlung, beÿ S:
r Exς: Grafς und Gräfin
v Arco, daß
wir in dem Gräfl:
Eugenio Arcoischς hause in Mantua alle gnadς und Höflich=
keitς empf
ς: habς. Hingegς haben wir nicht das Glück gehabt beÿ T
ς: h
ς:
Fürstς von
Taxis zur
audienz zu ko
mς. daß sie nothwendig briefe zu
schreibς hatte habe dir bereits
v Mantua geschriebς. den Tag darauf giengς
wir vormittag hin. Sie warς aber beÿde in die Kirche: wir giengς ebenfals
in die Kirche; und nachdem sie nach Hause gefahrς, so folgtς wir der Kutsche
etwa auf 50 Schritte nach, so, daß, da wir im Hause warς, dς Kutscher
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im Hofe umwand. Allein, da wir uns in demselbς Augenblicke meldς
liessς, hiess es: der Fürst hätte itzt nothwendige Verrichtungς – –
und könnte uns nicht sprechς, wir müstς gleichwohl ein anders mahl
ko
mς. Das Gesicht, die zitterende Sti
me des Bedientς und seine halb=
gebrochnς Worte zeigtς mir gleich, daß der h
ς: Fürst keine Lust uns
zu sehς habe; behüte mich der Hi
mel, daß ich iemand in seinς Geschäftς stöhrς
sollte: sonderlich da ich noch über dieß desswegς weit lauffς oder einς
Lehnwagς bezahlς sollte. Zum Glücke habς wir beÿde, dadurch,
daß wir uns nicht in der Nähe gesehς, nichts verlorς |: da
n wir sahς uns
in dς
opera in dς ferne :| sondern ich ersparte das Geld hinzufahrς,
und S:
E. h
ς: Fürst die Angst, die er etwa hatte, verbundς zu seÿn uns
einige kleine Höflichkeitς, für die am Salzb
ς: Hofe und von dς Salzb
ς. Noblesse
empf
ς: Ehrς, wieder entgegς zu erweisen. Dieses schreibe dir nur zu
deiner Wissenschaft, nicht daß es mir Leÿd thut, de
n ich möchte eben auch nicht
daß iemand in Salzb
ς: glaubς sollte, als hätte ich an dς gutς Art, meinς Besuch dem
Fürstς zu machς, es ermangeln lassς.
Hier schlüsse dir abermahl eine Poësie beÿ, die von einer
Dame Sigra: Sartoretti ko
mt, beÿ der
wir in
Mantua zu Gast warς. den Tag darauf kam dς Bediente und brachte
auf einer schönς schaale einen ungemein schönς Blumenstraus, an dem untς rothe
bänder und in der Mitte der bänder eine
Medaille von 4 Duccattς einge=
flochtς lag; oben darauf war die
Pœsie so hier
Copiert folget.
Ich ka
n dich versichern, daß noch an iedem Orte durchaus die Liebstς Leute
gefundς habe, und aller Ortς fandς wir unsere besondςς Leute, die bis den
letztς Augenblick unserer Abreise beÿ uns waren, und alle ihre Kräftς ange=
wandt uns den Aufenthalt angenehm zu machς. Also war
z: E: das Grafl: Spaurische Hause
in Insprugg. der
Baron Pizzini, Graf
Lodron, Cristani, Cosmi p in Roveredo.
Il Conte Carlo Emilij,
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Marchese Carlotti, comte Justi, das Hauß
Luggiatti, und absondςl: h
ς:Locatelli
in Verona. Da
n in
Mantua das Graf
Arcoische Hauß, und absondςl:
ein gewisser
Sigr: Bettinelli, welcher samt seinem Brudς, und seines
Bruders Frau völlig zu unsern Dienstς warς. Die Frau war wirklich, wie
eine Mutter für den Wolfgangl. besorget, und wir verliessς einandς mit weinendς
Augς. hier schlüsse auch die Zeitung von
Mantua beÿ, die wir erst hier
in Mayland beko
mς. Auch findest du, die Ordnung der Musik gedruckter,
was in der
Accademia gemacht wordς. du must aber wissς, daß wedς
diese
accademia in Mantua, noch die in
Verona fürs Geld gemacht wird;
sondern alles gehet freÿ hinein. in
Verona nur die
Noblesse, weil es von
ihnς nur allein unterhaltς wird: in
Mantua aber,
Noblesse, Militaire
und ansehnliche Burgerschaft; weil es von S:
r Mayst
ς. der Kayserin
eine Stiftung hat. Du wirst aber daraus leicht schlüssς, daß wir in Italiς
nicht reich werdς, und du weist, daß genug gethan ist, we
n man seine Reiseköstς
machet. Diese habe auch allzeit gemacht: und du ka
nst versichert seÿn, daß,
ob wir gleich nur 2 Personς sind, de
noch die Reiseköstς nicht klein sind: de
n wir habς bereits
in die
70 duccattς ausgegebς. Es werdς aber auch schon |: da dieses schreibe :| 6 Wochς
vorbeÿ seÿn, daß wir Salzb
ς: verlassς habς, und we
n man gleich
à pasto Lebet, und
über dieses vielmahls, ja meistens nicht zu Hause speiset, so ist doch das Nacht=
essς, zi
mer, Holz
p: alles so theuer, daß man unter 6 duccattς aus keinem
WirthsHause ko
mt, wo man 9 bis 11 täge sich aufhält. Ich danke vielmahl
meinem Gott, daß ich euch zu Hause gelassς. Erstens würdet ihr die kälte nicht
habς ausstehς könnς. zweÿtens hätte es erstaunlich Geld gekostet, und wir hättς
die Freyheit dς wohnung nicht gehabt, die wir itzt habς: da wir itzt in Mayland
im Kloster dς Augustiner di S: Marco wohnς; nicht, daß wir etwa alda freÿ
sind, nein! sondς, daß wir alda beque
m, sicher, und nahe beÿ S:
r Exς:
Graf
Firmian wohnen kö
nς. wir habς 3 grosse Gastzi
mer. in dem erstς Zi
mer
Bre
nς wir feuer, speisen, und gebς
audienz: im Zweÿtς schlafe ich, und stehet
das
Coffre; im drittς schläft der Wolfg
ς: und die andςe kleine
bagage p:
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wir schlaffς iedς auf 4 gutς Materatzς, und alle Nacht wird das Bette eingewärmt;
so daß der Wolfg
ς: beÿm schlaffengehς allzeit in seinem Vergnügς ist. wir habς
einς aigenς Bruder
frater Alphonso zu unserer Bedienung, und wir sind hier
recht gut. wie lange wir aber hier bleibς werdς, ka
n dir nicht sagς. S
e:
Exς: h
ς:
Graf sind an einem Catharr unbässlich, und wolltς gerne eine
Accademia in
ihrem Hause gebς und dς Herzog
v Modena dazu einladς, ich konnte dem=
nach die anderς Briefe noch nicht überreichς; weil dieß zuerst geschehς muß.
die
Accademie wird aber glaublich künftigς Erchtag odς Mittwoch seÿn, indem sich
S
e:
Exς: schon etwas besser befindet. Ich hab dir geschriebς, daß der Wolfg
ς:
Rothe Hände und ein rothes Gesicht von dς Kälte und vom Feuer beko
mς hat.
alles ist wiedς gut. Die
Madame Sartoretti in
Mantua hat ihm eine
Pomade gegebς abends die Hände zu schmierς, und in 3 Tagς, war es besser:
nun sieht er wie vorhero aus.
wir warς übrigens, Gott Lob, imer gesund, und
die Luftveränderung hat dem Wolfg
ς: nur einς Strauchς verursachet, der auch
längst vorbeÿ ist. Den h
ς: Meissner werdς wir schwerlich in
Florenz recitierς sehς,
weil nicht nur hier unser Aufenthalt etwas lange seÿn wird, sondς, weil wir,
da
Torino so nahe ist, ohnfehlbar einς sprung dahin machς werdς. In Parma
und
Bologna haltς wir uns auch ein wenig auf, folglich werdς wir glaublich
erst anfangs der Fastς nach
Florenz ko
mς.
Was das Pferd anbelanget, so magst du es verkauffς wie du willst oder aus=
spielς lassς oder gar verschenkς, ich will, daß es S
r: Hochf
ς: Gnadς aus dem Stall
ko
mς solle. der alte Sattl
p: ist im Stall, dς
HofStaller muß es wissς.
We
n man es mit dem neuς Sattl und Zaum verkauffς ka
n, so kan es vielleicht
theurer verkauft werdς.
Meinς Wagς kannst du auch verkauffς lassς. Er wird
nicht besser: und keine grosse Reise machς wir ni
mermehr. verkaufe ihn so gut
du kannst, er hat seine dienste gethann. Das Riemwerk ist noch gut. er hat mich
anfangs nur
23 duccattς gekostet. Rede mit Leutς, die es verstehς. mir ist alles
recht: aber ehe man ihn feil biethet, muß er gebutzt werdς. Alle briefe so
du künftig schreibst
addressiere an Mr: Troger, so wie du letztlich gethann.
Meine Empfehlung an alle freunde und freundinς in und ausser dem hause.
ich bin dein alter redlicher
L Mzt mp
Wir küssen Euch beÿde 1000 Mahl.
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