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           Der Brief ist nicht vom 14 okt. sondern vom 14 dec.
                        und sollte also an einem spätern Plaze
                                                                 seyn
                         Wien den 14. Decembς:
                                                  1768.

     So sehr ich gewunschen und gehofft, auf
den ConsecrationsTag S:r Hochfürstlichen
Gnaden in Salzburg zu seÿn, so war es
doch unmöglich, indem wir unsere Sachen
nicht eher konnten zu Ende bringen, so sehr
ich mich beÿfert hatte. Wir werden
aber noch vor den Weÿnacht Feÿrtagen
von hier aufbrechen, und desswegen darf=
fen sie nichts mehr an uns schreiben oder
einschicken. Doch ist leicht zu erachten, daß
wir auf den Neuen JahrsTag unmöglich
eintreffen werden, indem wir beÿ Nachts
nicht fahren wollen, und es gahr nicht sicher
ist, die Täge aber sehr Kurz sind und beÿ
dieser sehr kalten Zeit es nothwendig ist, un=
sere Tagreisen etwas kürzer zu machen:
Zu dem kommt noch, daß wir eben in die
Feÿertäge kommen, wo wir etwa den
Heiligen Tag an einem guten orterl zu
bringen, und die übrigen Täge auch
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nicht weit lauffen werden.     Ich werde
nicht ermangeln an S:e hochfürstlichen Gna=
den unsern gnädigsten Herrn meinem
unterthänigsten Glückeswunsch einzusenden,
und bitte Ihro hochwürden und Gnaden dem
herrn BeichtVatter solches zu melden, und
uns alle zu Gnaden gehorsamst zu empfeh=
len.     Die Messe, so am 7. decembς:
vom Wolfgangl beÿm P: Parhamer in Ge=
genwart des Kaÿserl: Hofes aufgeführt
worden, und wobeÿ er selbst den Tact ge=
schlagen hat, dasienige, was die Feinde
durch Verhinderung der opera zu verderben
gedacht, wieder gut gemacht, und hat den
Hof und das publicum, da der Zulauf
erstaunlich war, der Bossheit unserer Wider=
sacher überführet. das umständlichere
werde mündlich melden. Nichtwe=
niger ist ein schönes present von S:r Maje=
stätt der Kaÿserin erfolget. Wir hofen
sie werden sich alle in bester Gesundheit
befinden, so wie wir, Gott lob, gesund
sind. Wenigst sagt es mein Schnei=
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der, welcher alle meine Beinkleider oben
um 4. finger, und auf den zwo seÿten
herunter beÿderseits einen daumbreit
herauslassen, die Vesten aber mehr als
eine stehende Mannshand hat erweitern
müssen, und ich meine Stifel nun unten
zusammgeschoben, wie die alten teutschen
Ritter, tragen muß, indem sie nicht mehr
über die Waden herauf zubringen sind.
Der Herr von Schittenhofer, der uns flei=
sig besuchet, hat auch ein dergleichen Schick=
saal. Er wird hier starck und dick.
das letzte Schreiben hat uns von einer
ohnmöglich zu errathenden Hochzeit Meldung
gethann. So erstaunt wir alle darob wa=
ren, so fand ich mich doch ein bischen dar=
ein, wenn es doch noch sollte zur Richtig=
keit kommen: denn wenn man so lange
sich besinnet, so ist ein sicherer Wanckelmuth
zu beförchten. Das der artige herr hoch=
zeiter eine junge gewehlt, kommt mit seinen
Reden über eins, er sagte allzeit, daß, wenn
er diesen entsetzlichen Streich, sich zu ver=
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ehelichen, unternehmen sollte, er eine junge
wie David sich zulegen werde. Selbst das
Verhängniss hat seine Pratzen in diesem
Wercke: denn als die Madaimoisselle
Braut gebohren wurde, hatte unser Breu=
tigamm just ein halbes Sæculum. Welcher
Zufahl! war dies nicht ein Vorbedeutniß?
die 2. Vestalische Jungfern im 2. Stock wer=
den sehr wohl damit zu frieden seÿn. Die
Begebenheit schmeichelt ihrer Rangssucht und
Stoltze, indem die Bruders Tochter die
älteste HofRathsfrau wird. Und sie
darf nichts bessers |: jungers :| haben, gut
genug! Eine Gnade! Sie kann zufrie=
den seÿn! ja, ja, eine Gnade, daß sie
bekommt was die andere vor 20. Jahren
nicht geachtet. Haben die 2. doch gar
nichts! Herr Verwalter wird wohl bedacht
seÿn, die Braut wo nicht zur universal
Erbin des Herrn Brauterers zu machen,
oder wenigst solche mit einer fetten Mor=
gengabe, und einem ansehnlichen Wittib=
                                                 sitze
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sitze zu versorgen. Dann ist der Con=
tract
richtig, und alles zu frieden, denn
die Madamoiss:le Cæcilia wünscht eine Frau
zu seÿn. Das arme Kind! Der
Mann wird lange leben: er liebt er=
schröcklich die Dietam. Er wird seine Ge=
sundheit genauest in allen Sticken beobach=
ten um sein goldnes Vließ lange bewah=
ren zu können. Noch eins, wissen sie
die hauptursach warum herr von Gschwendt=
ner sich zu verehlichen Entschlossen hat?
Nach 30. Jahren sahe er sich genötigt ein
neues galla Kleid anzuschaffen; allein er
wusste keine wahre Ursache dazu. Er
Entschloß sich demnach zu heÿrathen um
eine Ursach zu haben. Oder wird er
gar etwa im alten Kleid Hochzeit machen?
wir empfehlen uns alle.

     Die allerliebste Frau Hagenauerin
ist gehorsamlich gebethen uns mit Holz zu ver=
sehen, und eine dienstmagd werden wir
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auch wieder haben müssen, wenn wir an=
ders nicht selbst Feuer anmachen und p:p:
alles andere, zur Unterhaltung, selbst
thun wollen. Alles was die Frau
Hagenauerin thun wird, ist wohl gethann,
und wenn sie auch ein recht schönes Mensch
aufnehmen sollte: denn meine Frau
ist gar nicht Eÿfersichtig.