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Wohledelgebohrener Herr!

     Mit Recht mag es Sie befremdet haben,
unsere Dankerstattungen auf Ihren gütigen Brief
mit beigeschloßenem Wechsel
 note – deßen Datum anzu=
führen ich mich scheue – so lange verzögert zu sehen.

    Da früher, nach der Bekanntmachung nehmlich
des großmüthigen Zweckes welchem Euere Wohl=
geboren die neue Ausgabe des Requiems bestimmten,
mein Bruder den eben so ehrenvollen als angenehmen Auf=
trag übernommen hatte, der Verkünder unserer ge=
meinschaftlichen dankbaren Gesinnungen zu seyn, war
der Zweifel in mir entstanden ob es nicht vielleicht ein
Irrthum, wenn auch nicht in unserm persönlichen Nah=
mens doch wenigstens in jenem unseres wechselseitigen
Wohnortes sey, welcher Deren schätzbaren Brief mir

Stadt-Archiv
Offenbach am Main
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zuführte, während derselbe eigentlich meinem
Bruder bestimmt war. – Ich befragte Letztern
darüber, als aber seine Antwort anlangte, in welcher
er mich beauftragte diesmal, so wie er früher, das
Organ unserer Dankabstattungen zu seyn, befand
ich mich nach einer überstandenen Unpäßlichkeit
für längere Zeit auf dem Lande.
     Ich schmeichle mir daß diese einfache
Darstellung der Umstände, jede ungünstige
oder irrige Muthmaßung benehmen wird, zu
welcher der Anschein – ich gestehe es – Euere Wohlgς:
berechtigte.
     Wenn gleich der Erfolg Ihres großmüthig
gedachten Unternehmens die allgemeinen Er=
wartungen nicht erreicht hat, mindert dieses doch nicht
das Maaß unserer Dankschuldigkeit gegen Sie
Schätzbarster Herr! –
     Den Werken unsers Vaters klebt noch das
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Misgeschick des Landes und der Zeiten an, in welchen
sie geschaffen wurden, dem zu Folge, ganz im Gegensatze
mit den Erzeugnißen Künstler anderer Himmelstriche
und Zeiten, sie bestimmt sind ihrem Schöpfer und
deßen Angehörigen nur kargen Nutzen zu bringen.
Uebrigens dürfen wir in dieser Gelegenheit um so
weniger mit dem Geschicke hadern, indem, so beschränkt
der uns ersproßene Antheil sich auch erwährt hat, es doch
immer, wenn ich nicht irre, der größte Werth
– in pecuniärer note Hinsicht – ist, den wir Söhne von
den Talenten unseres Vaters geerndtet haben,
und dankbar werden wir stäts Desjenigen gedenken
der uns denselben zugewandt hat.

     Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung

              Dero Wohledelgebohrenen

                                    Unterthänigster Diener
Mailand 12 X:bre 1827         Carl Mozart.
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Mailand dς 12 December 1827
                     1 Januar 1828.
     C. Mozart
          Ø     
                           O. 10/7. 28

Mfo 5

An Herrn
André, Musikverleger
in
Offenbach a/m

FRANKFURT
1.
JAN
1828