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an Nemeczek
Wien am 6t May 1820
Geehrtester
Freund!
Sie haben meiner Familie, und mir,
i
mer so viele Beweise von Theilnahme,
und Wohlwollen

gegeben, daß ich mit
Zuversicht hoffen darf, das mir wider=
fahrende Gute, mache auch Ihnen, Ver=
gnügen. Ich benachrichtige Sie daher,
dß
ich vorigen Dienstage hier
Concert gege=
ben

, und
dß ich so glücklich war, die all=
gemeine Zufriedenheit, meiner Lands=
leute zu erringen, die sich so deutlich
aussprach,
dß ich zweymahl vorgerufen
wurde. Schon bey meinem Erscheinen,
gab man mir die Anhänglichkeit, an
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meinen
Vater, auf die rührendste Weise
zu erke
nen, de
n ich wurde mit so un=
geheuren
Applaus empfangen,
dß ich schon
glaubte, ich würde gar nicht zum spielen
ko
men. Darauf spielte ich mein
Concert,
welches durch ein erst hier
componirtes
Andante, sehr gewo
nen hatte. Dieses
An=
dante, machte solches Glück,
dß, was bey
einem
Clavierspieler ein seltner Fall
ist, mitten hinein geklatscht wurde. –
Humel, der König aller Klavieristen
gab gestern ein Privatkonzert, und gibt
am 14
t ein zweytes, aber öffentliches.
Ich ka
n Ihnen nicht sagen, wie erqui=
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kend es für mich war, ihn wieder ein=
mahl zu hören; ich wußte nicht, ob ich mehr
sein unbeschreiblich graziöses, zartes
Spiel, oder seine
Composition bewun=
dern sollte. – In ungefähr 14 Tagen
gehe ich von hier gerade nach Italien

, auf
wie lange, ist noch unbesti
mt, doch ist es
wahrscheinlich,
dß ich im Winter wieder das
liebe
Wien besuche, wo ich da
n schon
die liebenswürdige Sängeri
n
meiner
Lieder finden werde. Empfehlen Sie
mich Ihr gefälligst, so wie Ihrer
Fr:
Gemalin, und meinem Freunde
Franz,
und bestättigen Sie mir, we
n es die
Zeit erlaubt, den Empfang dieses
Briefes.
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Leben Sie recht wohl, bester
Herr
Professor, und eri
nern Sie sich Ihres
ergebensten
Mozart mp
Meine Empfehlung Ihrem
Schwager,
und allen Beka
nten.
Habe ich nicht Hoffnung den
Davide
noch vor meiner Abreise zu beko
men?
Meine Add: an
Hς Geymüller.
Mozart, W. A. Sohn