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No 35
Lieber
Karl! Wienn am 7
Maj 1810
Ich eille dir zu sagen: daß ich so eben von
Bridi ko
me und
5 # für dich Bezahlt haben, damit du das
Piano-Forte deines
Vaters so gleich bekomst. Es gehet noch diese Woche
mit dem
Vetturino christofferus Christofforetti ab. Auch Bath ich Briedi dir bey
seynem Freund
credit zu verschaffen damit du, we
n du
nicht soltest können, nicht so gleich Bezahlen darfst
dir Bleiben also nur noch 10.
# Ducaten und das
embaliren zu
bezahlen. du sihest daß ich Mütterlich mit dir verfahre
und daß ich dir noch das glück verschaffe dein
P: F: so
geschwind wie möchlich in die Hände suche zu Bringen –
wenn du es nur auch schon hettest, ich glaube es nicht mehr
erleben zu können, so sehr wünsche ich es, weil ich weiß
wie lieb es dir sey muß, und wie hart ich es, wenn
es nicht für
dich ware verließ, we
n du es nur halb
so lieb hast als ich es hatte so läßt du es
nie von
dir. – dein Bruder wird wohl ein wenig Eyfer=
sichtig daruber werden, um so mehr da er mir so
oft schrieb daß er ein so schlechtes habe worauf er
in gefahr sey die Finger zu Brechen; allein dies
rührte mich nicht, indem er mehr geld als du hast
hat und sich eins schaffen kan. indesen ist es nicht nöthig
daß er etwas davon weiß, den er wird fest glauben
daß ich es mit nach Dännemarck nehme, und dabei laßen
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wir ihn so lange wie möchlich – die
corallen haben mir
viele freude gemacht, ich wünschte doch zu wißen wie
theüer sie komen. und ersuche dich mir es im nachsten
Briefe zu sagen. wegen dem schönen kleit wird dir
Nissen wohl schon gesagt haben: daß ietzt gar keine aus
[=]sicht ist hier so etwas anzubringen, indem man ietzt
gar zu theüer leben muß, es ist unbegreiflich theüer
zu leben; ich schrieb dir vor einem jahr wo es schon
theüer war, allein ietz darfst du die Preiß die ich
dir damahlen mittheilte gut mit 2
Moltepliciren
und das meiste davon mit 3. so zum Beyspiel
salz war zu deiner zeit 4
1⁄4 ietz 12
x Butter 3
fl 48
zu deiner zeit 48 x schweinenschmalz 1
fl 57
x Erdäpfel
sonst 10. 15. auch 20 um ein kreuzer ietz 2 um einen
kroschen in diesem Verhaltniß sind linzen arwes Bo
nen
mehl kriß, holz licht, kurz alles ist so, ich ka
n nicht
begreifen wie die armen mit dem leben davon
komen. Es ist aber auch wahr daß die sterblich=
keit unter den armen sehr groß ist, ich mach
gar nicht mehr davon reden den es thut mir zu
wehe, und ich ka
n leider auch nicht helfen. were ich
Wittwe geblieben, so hatte ich schon lange vor hunger
[S. 3]


sterben müßen, so hat aber der liebe Gott, so wie i
mer
mir auch hierinen geholfen, und nun gehe ich recht
gerne von hier wo ich sonst so gerne war. – dein
Bruder klagt in iedem Briefe, daß er keinen von Dir
hat. schreibe ihm doch. adieu lebe wohl und schreibe
mir bald damit ich deinen Brief in Wien er
[=]halten kann. dein Vater der dich und deinen Bruder
so wie i
mer zährlich lieb, und mir auch diesmahl
die 5 # für dich gab welche ich sonsten wie du leicht dencken
kanst nicht geben konnte; wir beyde küßen dich zahrlich
und hoffen bald auf Nachricht von dir.
CNissen
Leben Sie wohl, mein lieber Carl,
[Sie] bekommen noch Brief, ehe wir von hier reisen.
Ihr Vater Nissen
Was wir für die Clemenza, für die Kiste mit Musicalien
und sonst für Sie ausgelegt hatten, dafür ist Ihre
Schuld durch die gesandten Corallen völlig getilgt, und
was ich Ihnen in meinem vorigen Briefe über diesen Gegen-
stand geschrieben habe, fällt weg und ist unkräftig
geworden. Sie sind uns nichts mehr als Ihre Liebe schuldig.
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Vienne. 1810
A Monsieur
Monsieur Mozart.
Italie. Milan.
MIL.o MAG.o
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