↗ XML
[S. 1] increment_line_height_2decrement_line_height_2
No 39
   Lieber Karl!                                Wien am    1810
                                                           17. Jan.

Meine antwort auf deinen Brief vom 30 Xber fängt
damit an, dir zu sagen, wie weh es mir thut von dir
zu hören daß du noch imer an zahn, und ohren schmerzen
leudest; jch habe die schrecklichste vorstellung davon
obwohl ich gott sey es gedanckt nie daran ge=
litten habe. solte dan gar kein heilungs Mittel
für dich dagegen seyn? – werst du bey mir so wäre
dir gewiß schon geholfen, den ich glaube, daß Hauß
Mittel hirin oft am Besten thuen. du must
dirs durch eine starcke verkältung zugezogen
haben. ich werde einmal mit Dr Martini davon
sprechen, und dir Nachricht davon geben, und nun
zur Beantwortung deines Briefes
dein gütiger Vater hat schon nach deinem wunsche
an den Bewusten Herren geschrieben, wovon ich dir
die copi bey lege, welche du aber so gleich nach
durchlesung zerreißen must. ich lege dir sie
nur deswegen bey, weil ich weiß wie angenehm
es einem ist zu wißen was man von einem
sagt. – die copi der stücke in partetatur von der
Clemenza di Tito wirst du auch mit nächstem Post
Wachen erhalten auch die introtuzion von Winder
welche mir sehr gelobt wurde die ich aber gar
nicht kenne. sie soll aber nur mit Deutschem texte
seyn, du wirst also für die übersetzung derselben
sorgen. die copeatur komt gegen 25 f welche du
[S. 2] increment_line_height_2decrement_line_height_2
mir ersetzen wirst. was die Preiße der piano Forte
Betrift, muß ich dir sagen daß sie ietz so hoch stehen
daß ich nicht glaube daß du dir eins kaufen
kanst. das letzte was ich in Comision von stein
kaufte und welche ich für die Besten erkenne
war 800 fl nun sind sie aber des schlechten
Curs wegen mehr als um die halfte ge[=]
stiegen. Bey nachster gelegenheit solst du die
lista der Preiße wegen bekomen. Nun will
ich dir aber das opfer bringen, dir wen es
sich thuen läßt, das von deinem vatter zu schicken
Es ist noch so gut wie es war, und ich möchte
sagen noch Beßer als es war, erstens weil
ich sehr acht darauf gab, und 2t weil
Walter von dem es ist, so Freundschaftlich war
mir's einmahl wieder ganz neu zu Be[=]
füttern und her zu stellen. Ich hatte es
seit her vielmahl verkaufen können
allein ich habe es so lieb, wie meine Kinder
und göne es daher keinem Menschen, als
dir, wenn du mir versprichst so acht wie
ich darauf zu haben und es nie von dir
läßt. und schließ ich in der überzeichung
daß dir dieser Brief viele freude machen
wird, worüber sich niemand mehr freud als
deine dich liebende Mutter     Nissen.
[S. 3] increment_line_height_2decrement_line_height_2
info
Ich grüße Sie und füge hiezu die Nachricht, die
Ihre gute Mutter, meine liebe Frau, vergessen
hat, daß die Indroduction, wovon die Rede
ist, nicht eigends für die Clemenza com-
ponirt ist, sondern daß Winter sie aus
seiner Oper: babylons Pyramiden (wovon
noch ein herr Gallus einen Act componirt
hat) genommen hat, und daß
sie in Absicht auf die Verschwörung gegen
Titus eine sehr schöne Wirkung macht.
     Ich bitte Sie, die mitfolgende Copie
gleich nach der Lectüre zu vernichten.
Es giebt der Fälle im Leben so vielerley,
und Nichts kann beruhigen als die Gewißheit.
Es wäre gar zu lächerlich, wenn die
Copie in fremde Hände fiele; und wenn vollends
in die hände desjenigen, an den der Brief gerichtet
ist, sähe es aus, als wenn lezterer dorten geschrieben wäre.
[S. 4] increment_line_height_2decrement_line_height_2
1810