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Salzburg den 30te April
Hochedlgebohrn!
Hochschätzbahrester
Herr!
Endlich nach einem dritthalbjährigen Stillschweigen, erhielt ich Ihr
Schreiben von 16ten März dieß Jahrs

, woraus ich ersehe, daß Sie,
nicht allein auf mich, sondern auch auf meine zweÿ
prenumerantς
vergessen haben, und wir doch Hofnung haben, endlich nach 3 Jahren
wieder etwas von
Haidn und
Motzart Werke

zu sehen.
Sie müssen sich die Schuld selbst beÿmessen, daß Sie von
Haidns
Messen nichts als das
Requem und die letzte
Meß für die
Kaisserin 
erhalten können, da
Md: Haidn alles schon ver=
kauft hat

, ich aber gewis von Ihr alles für einem billigen
Preiß beko
men hätte, wenn Sie mir Ihre Aüsserung Längst
geschrieben hätten, da Md: Haidn nur diese zweÿ einzige
Stücke nur noch hat, so verlangt sie ausser der
Copiaturs
kösten ein
douseur 
von 8
ducaten, – – – Sie müssen Sich
alsogleich sobald Sie meinem empfangen haben, erklären
ob Sie das
douseur, und das
copiatur geld wagen wollen,
da
Md: Haidn nur mir zu gefahlen auf eine Antwort
warten will, da sie genug Käufer dafür hat, antworten
Sie mir alsogleich, da es ohnedieß sehr lange zeit her geht,
bis ich eine Antwort erhalten kann.
Obschon Sie mir in mehreren Briefen versprachen die zurück
sendung einiger von mir Ihnen geschickten Werke, So kann
ich doch nicht unterlassen (da jenes Versprechen noch nicht er=
fült ist) Ihnen offenherzig vorzustellen, daß Sie überhaubt
Ihre mir gemachte Zusagen gar nicht so erfüllen, wie ich
hofte und erwartete.
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Ich sendete Ihnen von denen früheren
Compositions meines
Bruders,
Die
4 in Paris gestochenen Sonaten,
2 davon der
Mme victoire,
und
2 der
comtesse teseè de
dicirt – eine kleine
Nachtmusick,
eine kleine
piece auf 4 Hände, ein kleines
Liedchen, und 2 in
Haag gestochene
Variations, welches er alles zwischen seinem
7ten und 8ten Jahr
componirte, – dann
3 Sonates auf das
forte piano, – dann die
partitur von der
opera La finta
giardiniera, wofür Sie kein
copiaturgeld zahlen durften,
und ein
concert auf zweÿ Klavier – – – – –
Zu anfang Ihres unternehmens

, Schrieben Sie mir, „wir
stehen Ihnen mit unserer Ehre, für jedes Blatt, und werden
Ihnen nach kurzer Zeit verlauf, alles zurücksenden:
für alles was noch nicht gestochen ist, werden wir Ihnen
es ko
me, nun in unsre Ausgabe oder nicht, unsre
Erkenntlichkeit für die Mittheilung bezeügen; für
dasjenige hingegen, was wir in unsre Ausgabe
aufnehmen werden, werden wir Ihnen noch ausserdem
eine besondere, angemessene Vergütung besti
men.“
dieß sind Ihre eigene Worte.

– – – – –
Ich bekam aber nicht nur, meine obbemeldten Stücke
nicht zurück, Sondern, eine
opera, die ich Ihnen ohnentgeld=
lich überschickte, gedenken Sie in Ihrem Brief kaum eines
Dankes. ferners, brachte ich so viel mir möglich war, von
Josς: Haidns compositions, meines
Bruders opera Buffa la Finta
Semplice, die
Serenata il Sogno di Scipione. Dann Messen,
Sinfonien. etc:
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zuwegen, trug Sorge das alles gut abgeschrieben, und übermacht
wurde, und verwendete viel zeit zu diesen besorgen und Brief
schreiben; wen Sie dieses alles beherzigen, werden Sie der billig=
keit gemäß, Selbst eingestehen müssen, daß Sie ihr Ehren=
wort nicht hielten, und mir sonst anlaß zur Reüe für
meine Aufmerksa
mkeit, und bereitwilliges Benehmen
für Sie, gaben.
Überdieß habe ich auch noch über folgende unrichtigkeiten zu klagen,
den 9ten August 1804, überschickten Sie die Hefte Mozarts Werke 15
et 16 –
und heüer erst in April, bekam ich das 17te Heft, in dem Letzten
Heft kenne ich die
erste Sonate gar nicht, auch die
2 Phantasien sind
mir nicht bekannt; Warum setzten Sie die
4 Sonates, die ich Ihnen
schickte, nicht nach dem Numern, wie ich sie Ihnen gestochner geschickt
habe? und warum setzten Sie nicht beÿ, daß er sie mit sieben
Jahren gemacht hat, welches Sie auch beÿ dennen
variationes
pag: 30.
et 35. hatten thun sollen? – auch schickten Sie mir
unter denen
cahiers 17 eines in blauen Papier, da alle
Werke Mozarts in grünen Papier sind, und unter dennen
grünen ist eines am gelben Schnitt ganz
maculirt, wenn
ich nun schon eines der fehlerhaften für mich behalte, so muß
ich doch das andre denen
prenumeranten geben: welche darüber
aüsserst unzufrieden seÿn werden, so wie sie auch schon bereits
unzufrieden sind, daß die Sachen so schlecht eingetheilt sind,
und in einem
cahiers fast lauter gute, wieder in andern lauter
unbedeutere sind, auch setzen Sie die
2 concert No: 19 et 20, welche
mir zur Erkenntlichkeit bestimt sind in die Ausgabe der
prenumeranten, da doch diese nicht darauf
prenumerirt haben.
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Uberhaupt wundert mich, daß Sie nicht genauer sind, und nicht
von
Hr: Müller untersuchen lassen, ob wohl alles, was Ihnen,
unter dem Na
men
Mozart gegeben wird, diesen Na
men
verdient? den zum beÿspiel, die
3ten variationes, so im 17tς
Heft sind, würde ich kennς, we
n er sie in der Jugend gemacht
hätte, und für eine
composition in seinen reifern Jahren,
sind sie zu einfach.
und Nun, vergeben Sie meine freÿmüthige Bemerkungen,
Offenherzigkeit ist die Seele der Eintracht, und Eintracht
muß herrschen, zwischen Unternehmern, und Mitwürkern
Jeder Schönen und Nüzlichen Sache.
Ich bin ubrigens mit vollko
mner Hochachtung
Ihre
Ergebnste Dienerin
Maria Anna Freÿin von Berchtold
zu Sonnenburg mp
1807 Salzburg
30 Apς
– v. Sonnenburg
10 July