↗ XML
[S. 1] increment_line_height_2decrement_line_height_2
                          Wienn den 13. Septς: 1768.

     Vorgestern den 11. Sept: war es ein
Jahr, daß wir von Salzburg abgereiset
sind.
Hätte ich es wohl damals mir
traumen lassen ein Jahr in Wienn zu=
verbleiben? – – Doch wer kann für das
Verhängniß! Ich möchte vor Verdruß
                              eißen.
Pomeranschen schς: – – – ! das beste dabeÿ
ist noch, daß wir alle, Gott lob, gesund
sind. O könnte ich ihnen doch den
vergnügten Augenblick unserer Abreise
berichten! – – das allein kann ich ihnen
gewiß sagen, daß ich, so bald unser Handl
aus ist, augenblicklich abreisen werde.
Ich kann ihnen unmöglich die Sache um=
ständlich beschreiben; Ich hätte weder Zeit
noch Gedult dazu. Mündlich sollen
sie alles, und zwar erstaunliche Sachen
vernehmen. Ich hoffe zu Gott, bald.
[S. 2] increment_line_height_2decrement_line_height_2
Verflossenen Samstag ist an des Kaÿsers
Majestätt Tochter der Prinzesin Theresia,

und an den 2. Prinzen Ferdinand und Maxi=
milian
die Einpropfung der Kindsblat=
tern vorgenomen worden. Was dieses
für ein Aufsehen hier machet, läßt sich
leicht einbilden.
     Der geistlich Herr Ziegler hat mir
die Ohren so mit Neuigkeiten angeschrien,
daß mir nichts als eine Einbildung zu=
ruckgeblieben. Was ich alles mit ihm
gesprochen, wird er ihnen der länge und
breite nach erzehlen. sein Glück ware,
daß er nicht auf unser Zimmer gekom[=]
men, obwohl er über 150. Schritte nicht
davon entfernet ware, als er dem
Provisor der KrebsApotecke das gewisse
verpetschierte Ding eingehändiget hatte,
um solches mir zuzustellen; wäre er ge=
kommen, so hätte der Wolfgangerl ihm
alle seine Musick vorgespielt, und er hätte
[S. 3] increment_line_height_2decrement_line_height_2
sie anhören müssen. Wir freueten uns
alle wircklich auf seine Ankunft: und
hatten das Unverhofte Vergnügen einige
Täge nach seiner Abreise zu vernehmen,
daß er hier war. War das nicht un=
verhoft? – – Auf dem petschierten
Dinge stand mit einem bleÿsteften: Von
herrn Johann Hagenauer.
unterm 28.ten
Maÿ
schrieb herr Joseph: mein Brueder
ist wieder hier, er wird ihnen ehestens schrei=
ben;
Ich bitte demnach den herrn Johan=
nes, durch ein ehestes Schreiben mir zu
berichten, was mit diesem Ding ohne Auf=
schrift
zu thun ist. Denn nach den Wor=
ten des überantworters wird der Brief
mit nächster Post kommen. Wenigst
wissen wir nun, mit Vergnügen, daß
der herr Johannes noch am Leben ist.
Meine Frau, meine Tochter, der Wolf=
gangς: alle empfehlen sich. die Leute
sagen alle wir wären hier stärker oder
fetter, und die Kinder grösser geworden.
[S. 4] increment_line_height_2decrement_line_height_2
Wenn sie uns beÿ unserer Ankunft
so finden, so ist es ein Zeichen, daß in
Wien auch die Verdruß nähren, und
dem Cörper nicht schaden. Gestern Spei=
sten wir beÿm P: Parhamer, und sahen
auch seine Armee im feuer exercieren,
und ein Feuerwerck losbrennen. Wir
waren schon öfter beÿ ihm, und auch da=
mals, als der Kaÿser den Grundstein
zu der neuen Kirchen legte.
NB: Wo auch herr P: Parhammer Zeug
ist, wie S:e Majestätt der Kaÿser den
Wolfgangς: gefragt, wie weit er mit der
opera gekommen, und Lange mit ihm ge=
sprochen. – – – Herrn P: Parhamer hat
es sehr verdrossen, daß Herr Ziegler
ihm kein Wort von uns gesagt, daß er
uns sehen oder sprechen wollte; er hätte
uns eingeladen, und der Wolfgangς:
hätte das Amt spiellen müssen, so herr
Ziegler gehalten; und wir wurden hie=
mit ohne viel Ungelegenheit zusamm-
                                        gekommen
[S. 5] increment_line_height_2decrement_line_height_2
gekommen seÿn. Herr Ziegler wird ihnen
des Herrn P: Parhamer Einrichtung er=
zehlen.

[... (Beginn der Abschrift des Briefes vom 14. September 1768)]