[S. 1]


Wienn den 4.
tς Junij
1768.
Dancke für die abermahl gehabte be=
mühung: das Küstl ist glücklich angelanget.
Ist es in Salzburg auch so kalt? Die
ersten Maÿ täge waren hier ganz ausser=
ordentlich heiss. Nun aber waren im=
mer Kalte Morgen und Abend und über=
haupts allzeit frische Täge. Eine ganz
ohngewöhnliche Witterung! Wie gehet es
dann mit der Kranckheit im Lungau?
Kommt keine bessere Nachricht? Man wird
hoffentlich sorgen, daß es nicht weiter um
sich greift. Man muß es ja nicht über
die Berge herüberlassen. Ich wünsche, daß
es nachlässt bevor die grosse Hitze kömmt.
Unser allerbester und
adroiter Herr
Johannes ist demnach auch wieder in Salzburg
angelanget? Wir sind alle darüber höchstens
[S. 2]


erfreuet: und obwohl wir selben in Ve=
nedig auch gerne angetroffen hätten; so
ist es uns doch weit angenehmer, daß er
seine Reise glücklich zurück geleget und
gesund zu Hause angelanget ist.
Ò
cara Patria! hat er nicht, wie jener in
der Italiänischen Comoedie, die Stattmaue=
ren geküsst? Wir machten uns immer
einen schmutzigen Gedancken; unversehens
hier an unserer Zimmerthüre klopfen zu
hören.
Herein! Ha! gehorsammster
diener herr Johannes! wir sind unendlich
erfreuet sie in guter Gesundheit zu sehen!
die Italiänische Luft hat gut angeschlagen.
Daß war ein treflicher Gedancke, daß sie
über Wienn nach Salzburg gegangen
sind. Allein: oha! angebumbt! Es
klopften viele; aber niemals der rechte.
Statt dessen werden wir in Salzburg an=
klopfen: wann aber? Es ist mir Leid
genug, daß es später geschieht als ich
glaubte. Ich vermuthete mit
[S. 3]


Ende
Junij in Salzburg zu seÿn: nun
kann es aber vor Ende
Julij nicht ge=
schechen; Heute gehet Tit
ς: Herr
Graf von
Wolffegg Nachts von hier
nach Salzburg ab, und unser Bedienter
Bernhard mit ihm, derienige nämlich
der mit uns von Salzburg aus gereiset
ist. Er hat das Glück gehabt sein
La=
quai zu werden. Wenigst hat er dadurch
das Vergnügen eher, als wir, Salzburg
zu sehen.
S:
e Excellenz Herr Domdechant wird
mit der Fronleichnambs
Procession gegang=
en seÿn. So viel ich benachrichtiget
bin, hat selber seine Sachen hier sehr gut
gemacht. Er mus über die grossen
Gnaden, die ihm S:
e Maÿestätt die
Kaÿserin bezeiget, ungemein erfreuet und
vergnüget seÿn.
Den nämlichen Tag seiner Abreise
hatte er nochmahls
audienz.
[S. 4]


Herr Spitzeder schreibt mir, daß er 2.
Arien hätte abschreiben lassen; ich möch=
te doch wissen, wie viel
Arien die
Ma=
dame Woditska von München geschicket
hat.
Es sollten 3. geschriebene Arien
seÿn. und dann ein Buch mit in
London gestochenen oder gedruckten Arien
mit dem Titl Orione. Wenn sie
diese nicht geschicket hat; so hat sie mich
um viele
Arien betrogen; welches mir
gar nicht lieb wäre. So gehet es,
wenn man
bonæ voluntatis ist, und
den Leuten nichts abschlagen kann.
Nun bin ich schon bald genug in Wienn
gewesen, und ich erwarte, oder wir alle
erwarten den frohen Augenblick unse=
rer Abreise mit Begierde. Es ist gar
zu viel Staub hier im Sommer.
Leben sie unterdessen alle gesund, wir
empfehlen uns, sonderheitlich der Frau
Hagenauerin und sammtlich angehöri=
gen, und ich bin der alte.
Wer war dann der RathhausThurn
auf dem
masquierten
Ball?