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St: Gilgen dς 9tς
Fev:
1801.
Hochedlgebohrn
Hochschätzbahrester
Herr!
Ihr so langes Stillschweigen setzt mich in die grösste
Verlegenheit, da ich weder von den Empfang der
opera
La Finta giardiniera, welche ich Ihnen in Monat
october.
voriges Jahr, dann auch die abgeschriebenen Musikalien
die ich in nehmlichen Monat übersendete
, noch auf
meinen
Brief von 2tς 10ber Nachricht von Ihnen erhielt.
da mir es doch ohnmöglich schei
nt, daß alles verlohren
gegangen ist, indeme jedes besonders geschickt wurde,
ich würde mich schon längst dessenwegen beÿ Ihnen
erkundiget haben, wenn ich nicht i
mer wegen
der viellen Französischen
officiers, so beÿ uns
täglich hin und her reisen beÿ uns speissen und
wohnen, zu sehr beschäftiget gewessen wäre.
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Nun war auch letztlich ein franzosischer
general beÿ
uns, welcher nur hieher reiste um mich kennen
zu lernen, da er der grösste Verehrer wie er
sagte meines
Bruders ist, er spielte selbst
vortreflich das
Clavier, und sagte mir daß
er auch alle Werke
Mozarts die in Leibzig her=
ausko
men sich anschaft, und so bald er nach
Frankreich ko
men wird, diese HerausGabe
besonders anrühmen wird, da man die
Werke meines
Bruders in ganz Frankreich besonders schätzt.
Er fragte mich ob ich nicht einige
compositions
von ihm hätte die ihm nicht bekannt wären,
ich sagte ich hätte keine, doch wüsste ich gewiß
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daß in Salzburg noch einige wären, doch man mir sie für
verlohren angab, er sagte mir dann, wenn ich wollte so
wollte
er mir alle die Musikalien so ich weiß daß sie
in Salzburg sind, verschafen, und wenn sie der Teufel
in der Hölle hätte, so muß ich sie beko
men.
Nun da ich sie nur für Sie zu erhalten wünschte,
so konnte ich ihm keine besti
mte
Anwort geben,
bevor ich nicht von Ihnen Nachricht erhalte, ich ersuche
Sie also, da es die grösste Eile hat, mir augenblicklich
zu schreiben, ob Sie die
opera La Finta Semplice,
den
Re pastore,
il Sogno di Scipione, die
Lateinische
Comedie, die deutsche
grab Musick, und das
deutsche
oratorium abgeschriebner haben wollen, oder ob sie
von diesen allen schon die
spart besitzen so melden sie
mir es, damit ich weis was ich dem
Hr: general
zu antworten habe: in sicherer Hofnung so bald
möglichst eine Antwort zu erhalten verharre ich
in grösster Eile
ergebne Dienerin
M: A: Reichsfreÿin v: Berchtold Sonnenburg
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1801. St. Gilgen
d. 8 Februar. Fr. von Berch[=]
– told
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