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Höchstgeehrte
Herren,
Wiewohl ich fest überzeugt seyn zu können glaube,
daß die von mir unterm
25sten Febr. 1799 
. Ihnen gesandten
sechs Sonaten wirklich von meinem seligen
Manne sind,
so ist mir doch bey der Durchlesung unsrer Correspondenz
ein solcher Scrupel aufgestoßen

, daß ich veranlaßt bin,
Ihnen folgenden Vorschlag zu machen.
Was mir den Skrupel macht, ist, daß Sie sie für
so gar schlecht erklären, und für so gar unwürdig
Mozarts. Aus Achtung für ihn wäre es also mir wün-
schenswerth, daß sie nicht unter seinem Namen herauskommen.

Auf der andern Seite ist Ihnen, der Sie nur die vorzüglichen
Werke desselben herausgeben wollen, gleichfals wichtig,
Ihre Subscribenten nicht durch schlechte Arbeiten zu disgustiren

.
Ich erbiete mich daher, Ihnen die bezahlten zwölf ducaten
zurükzugeben, und bitte Sie, für diese Summe einen Wechsel
auf mich zu ziehen. Die Sonaten, so wie Sie
sie haben, überlasse ich Ihnen aber gerne zum Eigenthum.
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Sie verpflichten Sich dagegen nur, sie nicht als
Mozarts Arbeit herauszugeben, wie ich auch nicht thun
noch geschehen lassen werde, wenigstens nicht ohne
öffentlichen Wiederspruch. Wenn Sie sie selbst
bey nochmaliger Durchsicht denoch für
Mozarts Arbeit
erkennen, so will ich
Ihnen auch in diesem Falle so gar
erlauben, sie als solche herauszugeben. Nur ich
will mich gänzlich von der Theilnahme zurükziehen,
und durchaus nichts zu verantworten haben, wenn
in der Folge ein Anderer sich als Verfasser melden
sollte. Da sie so gar schlecht seyn sollen, so wäre es
wieder allen übrigen Schein ganz möglich, daß sie
nicht von
Mozart sind.
Ich erwarte eine beyfällige Erklärung und die
übernommene Verpflichtung, sie nicht als
Mozarts Arbeit
herauszugeben, oder wenigstens mich von aller Verant-
wortlichkeit zufolge meiner obigen Aeusserungen frey zu halten;
und bezahle dagegen mit Vergnügen die 54 fl.
Nachdem ich mich aber dazu erbiete und Sie hiedurch
schadlos gehalten werden, so erkläre ich zugleich, daß ich
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mich schon hiedurch, als durch eine Warnung und Verwahrung,
aller Verantwortlichkeit enthoben glaube und ansehe,
und daß Sie Sich selbst alle Folgen zuzurechnen haben,
die daraus entspringen können, wenn Sie meine Warnung
nicht benuzen.
Haben Sie die Gewogenheit, mich mit nächster Post
zu beruhigen, so werde ich es für ein besonderes
Merkmal von Freundschaft erkennen.
Ich habe die Ehre mit vieler Hochachtung zu
seyn.
Wien 16 Nov. 1800. Ihre
ergebenste Dienerinn
Constance Mozart 
Nachschrift.
Sollten Sie indessen die
Sonaten benuzen wollen, es sey unter
Mozarts Namen oder ohne denselben, so darf ich vielleicht hoffen,
daß Sie mir nichts dafür abnehmen. Indessen bezahle ich auch
gerne. Die Hauptsache ist nur, daß Sie mich aller Verantwort-
lichkeit gänzlich überheben, wofür ich Ihnen sehr verbunden seyn
werde, ungeachtet ich mein Ehrenwort gebe, daß nichts als ein äusserlich
unveranlaßter Skrupel mich zu diesem Schreiben bewogen hat,
nichts als Ihre Recension dieser
Sonaten.
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Wien.
An
die Herren Breitkopf und Härtel,
Leipzig
1800 Wien
den 16 Novbr Con. Mozart
–
0
von den Kaiserl. Hr. Notarius Kaestner
auf dem Michaeler Plaz No 3