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                                                                                                       No. 8A
          Lieber Herr Andre,

     Für den mir gütigst (durch Hrn Eder, glaube ich) gesandten
ersten Pakken Mozartscher Werke habe ich an Porto 2 fl. 24x. bezahlen
müssen, welche ich mir, da ich zufolge unsers Contracts note alles frey
erhalten soll, nächstens zu vergüten bitte. Nach der
Strenge dieses Contracts habe ich freylich von erwähnten ersten Musi-
calien, nämlich den Clavierconcerten, dem Violin Rondo, so wie
den Quartetten, den Quintetten und einer Sonate nur 4. Exemplare zu
empfangen; es kommt mir indessen vor, als wenn in mündlicher
Unterredung Sie mir auf alle Fälle von diesen 5. Exemplare
versprochen. Indessen können Sie es allerdings damit machen,
wie es Ihnen gut dünkt wenn Sie Sich nicht auch obiges
Versprechens erinnern. Worin Sie mir sonst dienen können, ist
mit einer Abschrift in Partitur von dem nicht bekannt gemachten, (von mir aber
ein Paar Mal doch öffentlich aufgeführten) wunderschönen Terzett
(Finale glaube ich) einer nicht vollendeten Oper: Che accidenti, che
tragedia
note ist der Anfang. Ich hatte es in Abschrift in Stimmen;
Sie müssen es mit bekommen haben unter den vielen Copialien, die
durch ein Versehen, weil wir eilten und Abends versiegelten, zugleich
mit den Originalien eingepakt wurden; und dafür erbitte ich mir
diese kleine Vergütung gelegentlich. – Breitkopf hat also nun das 
Requiem herausgegeben. Es sind einige wenigen wahren Fehler
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und mehrere, wiewohl auch gar nicht viele Un-
accuratessen darin, die immer in den Augen der Kenner
eine Unzierde sind. Ferner hat er die Bezifferung gänzlich
ausgelassen. Da ich nun in dieser Zeit das Original
in meiner Gewalt gehabt habe, so habe ich erwähnte
Ausgabe mit der größten Sorgfalt mit dem Original
verglichen, und obige Fehler in meinem Exemplar
verbessert und die vollständige Bezifferung hinzu-
fügen lassen; beydes durch Meisterhand, Sie wissen
schon, wessen. Kann Ihnen nun ein solches Exemplar
nüzlich seyn, so steht es Ihnen gegen Vergütung zu
Befehl. Es wäre also:
     mit bezifferung und d'apres une copie corrigee sur
     l'original avec grand soin
.
Noch mehr. In Süssmeyers zurükbehaltenem Exemplar
(Sie wissen ja, daß er es fertig gemacht hat) sind die
Mittelstimmen, die größentheils von ihm sind, ganz anders
als in Breitkopfs Ausgabe. Eine Copie davon stünde Ihnen
auch gleichfals gegen Vergütung zu befehl.
     Ich habe neulich Musicalien von Pleyel gesehen, die von
einem Sieber herausgegeben sind. Darauf stand:
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gravé d'après le manuscrit original de l'auteur.
Mich dünkt, dies ist etwas bestimter und deutlicher als
Ihre Anmerkung auf den Mozartschen Werken.
     Sollte ich einige Ihrer Fragen nicht beantwortet haben, so seyn
Sie versichert, daß ichs nicht gekonnt habe. Wenn Sie aber daran bey
einer oder andern zweifeln sollten, so fragen Sie mich wieder.
     Wenn Sie ein them. Verzeichniß aller mozartschen Werke
herausgeben note, sollten Sie billig darauf sezen:
           1stes Heft.
Denn es könnte sich ja doch noch etwas hinterher finden.
die themat. Verzeichnisse seiner Fragmente wären
auch interessant; ich gebe sie Ihnen gerne, doch müßten
freilich höchstens nur ein Paar Anfangsnoten
an Statt des ganzen Themas abgedrukt werden. Ich
müßte dann die Abschrift mit diesen Noten (denn so
habe ich sie nicht) auf Ihre Kosten machen lassen.
Sie könnten mir vielleicht wohl drey Exemplare
Ihres Catalogs der Mozartschen Musik geben, oder
wenn sie die Fragmente von mir nehmen, können Sie
mir wohl 10 Exemplare geben.
                                     Ihre ergebenste Dienerinn
                                                   Mozart.
Ich habe diesen Brief angefangen unter meinen Papieren gefunden,
und schikke ihn, wiewohl Sie wahrscheinl. einen Theil davon in einem andern
Briefe gelesen haben. Die Fragmente habe ich an Fischer in Berlin für
Ihren Correspondenten gesandt, von dem Sie sie erhalten werden. Ich hielt damals die
Absendung auf dem gewöhnlichen wege nicht für sicher.
Dieses thematische Verzeichniß seiner Fragmente können Sie durch die
wenigen nicht ganz ausgearbeiteten Sachen, die Sie von mir haben, ganz
vollständig machen.

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Wien                 1800.
d.     
12. Nov.         11. 8br
           Wb Mozart

Wien
Herrn
Herrn Johann André
Musikverleger
zu
Offenbach am Mayn.