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Hochgeehrte
herren,
Ich leihe Ihnen hiemit zum Gebrauch für die Biographie

, welche Sachen ich mir gele-
gentlich und
franco wieder erbitte (für die lezt gütig gesandten Musicalien habe
ich hrn
Traeg über 2 fl. an Porto bezahlen müssen).
1. einen Aufsaz, größtentheils in der handschrift meines
Mannes, von einem Orden oder
Geselschaft die er errichten wollte:
Grotta genannt

. Ich kann nicht mehr Erläuterung schaffen.
der hiesige Hofclarinettist
Stadler der ältere, der den Rest geschrieben hat, könnte es,
trägt aber Bedenken zu gestehen, daß er darum weiß, weil die Ordens oder geheime
Geselschaften so sehr verhaßt sind.
2. einen Kupferstich aus Paris

glaube ich, von 1764., der
ihn,
Vater und
Schwester vorstellt.
diese Schwester ist an den
baron Sonnenburg=Berchtold, Pfleger zu
S.t Kilian im Salz-
burgschen, verheirathet.
3. die 1797. in
Prag aufgeführte (vollständige)
Begräbnißfeyer
4. einen Contract mit
Guardasoni oder vielmehr dessen Verschreibung

5. ein
Eccehomo 
mit der Inschrift:
dessiné par W. A. Mozart, Linz ce 13
Nov. 1783.
dédié
à M.e Mozart son épouse, woraus man sieht, daß er auch dazu Talent hatte.
6. einen Dosendekkel

,
nicht lange nach seinem Tode, wahrscheinlich auf Speculation, zur
Benuzung des Enthusiasmus gemacht
und
7. vielleicht für Ihre Zeitung

brauchbar: eine Nachricht von einer großen
Musicaliensammlung, die der
Baron Du Beine hieselbst verkaufen will.
Und nun zur Antwort auf Ihren Brief vom 10 Jun.

Es ist nicht unmöglich, daß in dem
Mozartschen Fragmentenverzeichniß 
einiges ange-
führt ist, was ich vollständig hatte. Indeß wird es allenfals sehr wenig seyn,
da der
Verfasser desselben selbst musicalisch ist. die Anfangstacte habe ich mit
Fleiß nicht beyschreiben lassen. Wenn Sie die Sachen wirklich genauer durchgehen wollen,
so können Sie mir den Anfang derjenigen anzeigen, über die Sie in Zweifel sind,
und ich kann darauf bestimmt antworten, ob Sie Recht haben. Diese
Fragmente sind an
Hrn André nicht verkauft. Wenn Sie sie sollten haben
wollen, so scheinen mir bis izt die unerläßlichen Bedingungen zu seyn. 1. daß
ich 100 Ducaten dafür erhalte, und 2. daß sie, so wie sie sind oder
jedes gröstentheils,
aber sämtlich, im Druk herauskommen. Dann kann Jeder sie benuzen, und
Niemand sie misbrauchen. Ich sage: bis izt, denn ich behalte mir noch vor,
Anträge zu hören und zu beurtheilen.
Aus der so sehr verspäteten Ausgabe des
Requiems 
schliesse ich, daß Sie
meinen guten Rath, Sich an
Süssmeyer zu wenden, benuzt und in seinem Exemplar
wesentlichen Unterschied und Abweichung von
Ihren Exemplarien, wahrscheinlich
zum Vortheil meiner Copie gefunden haben. Es ist mir auch ganz lieb, daß ich Ihnen in
diesem Fall diesen Dienst habe leisten können: es ist also beynahe so gut als wen ich
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Ihnen das Original mitgetheilt hätte. Indeß habe ich selbst das
wahre
Original von dem
Anonymus zur Durchsicht erhalten, und es wäre mir daher
ungemein lieb entweder Ihre Ausgabe oder da fürs erste nur ein Heft heraus-
kömt, meine eigne Copie wieder zu haben, um eine authentische Vergleichung
anstellen zu können. Sehen Sie zu, ob Sie mir es recht bald ohne meine Kosten,
etwa durch
Traeg aber nicht wie lezthin auf meine Rechnung senden können. Der
Anonymus giebt sein Original niemand Anders, auch nur zur Vergleichung, in
die hand.
Ich danke Ihnen recht sehr für die gesandten Musicalien, und freue
mich sehr auf die folgenden.
Geben Sie doch dem
Traeg oder wer Ihr Commissionär ist, den gemessenen
Auftrag, mir von selbst gleich zuzuschikken, was er von Ihnen für mich
zubekömt, und lassen Sie mir kein Porto berechnen.
Sie können nicht glauben, wie unwillig oder vielmehr träge die Leute sind,
Beyträge zur Biographie

zu liefern.
Traeg hatte mir schon lange gesagt,
daß er mich wollte wissen lassen, wann er eine Versendung an Sie machte,
damit ich alles, was ich gesammelt habe und welches das lezte ist, es sey denn
daß bey der Lesung des mir versprochenen Entwurfs mir noch mehr
einfällt, ihm zur besorgung geben könte. Ich werde es aber nun thun, und
obige 7. Numern dazu beylegen. Geben Sie ihm Order, es Ihnen zu schikken.
Meine Antwort habe ich Ihnen nicht länger schuldig bleiben wollen.
Ihre ergebene
Wien 21 Jul. 1800.
Constance Mozart.
Auch aus
Krakau erfahre ich, daß man
Försters Arbeit im 5
tn oder
6
tn heft

erkannt hat.
Die erste
vierhändige Sonate im 7
tn Heft

kennt hier Niemand
als
Mozarts Arbeit; doch habe ich auch hier keinen andern Verfasser
nennen hören.
1800 Wien
Augς Mozart
10 –
23–