[S. 1]


Wien, 30. Jan. 1800.
Höchstgeehrte
Herren,
Sie haben ein Wunderwerk gethan –
einen Todten erwekt. Der
Eigenthümer und
Besteller des
Requiems, dessen Name seit
1791. gänzlich verborgen geblieben ist, hat
sich eingefunden, nicht – (erkennen Sie meine
gewöhnliche Aufrichtigkeit!) – nicht, wie es scheint,
um sich über Sie, aber wohl über mich zu
beklagen. Mit einiger Verschiedenheit haben
alle
Avertissementer gemeldet, daß Sie das
Requiem
nach meiner Abschrift herausgeben.

Und da wird
es mir schwer werden, mich auf eine andre Art
zu vertheidigen, als mit Ihren Briefen an mich
in der Hand, in welchen Sie mir das Gegentheil
von dem, was Sie dem Publicum gesagt haben, sagen,
nämlich: daß Sie es
nicht nach meiner Abschrift thun,
weil die Ihren Briefen zu folge so gar schlecht ist.
[S. 2]


Indessen kann ich Sie einstweilen vielleicht damit schon
beruhigen, daß ich Ihnen melde, der quästionirte
Anonym,
der
von sehr hohem Stande ist, habe sich verlauten lassen,
daß er wohl mit einer Anzahl Exemplarien für
seine Ansprüche sich gänzlich begnügen
wolle.
Doch hat er auch von 50. ducaten gesprochen, welche sein
Ankaufspreis waren.
Wollen Sie ausser den mir versprochenen Zehn Exem-
plarien noch 25. hergeben? Ich verschaffe Ihnen
dafür, wenn Sie wollen, zum Beweis der Wahrheit meiner
Angabe eine Quitung von einem hiesigen
Manne, der
ein öffentliches Geschäfte und also den
Namen eines glaubwürdigen Mannes hat, in welcher
Quitung angeführt werden soll, daß die 25. Exemplare
diese Bestimmung haben; es sey dann, daß Sie mir
sie gänzlich überlassen. Vielleicht könnte ich noch ein
Paar Exemplarien daran gewinnen;
schlechter Ersaz für
alles das was ich mit dem werke hätte gewinnen können!
Was Sie einmal dabey gewinnen, ist der Name
des bisherigen Anonym, für die Biographie

.
Aber diese späteren Incidenzen

müssen nicht erwähnt werden.
Sie verpflichten mich, wenn Sie mir bestimmt anzeigen
[S. 3]


wollen, von wem Sie Ihre zwey Copien haben; ich kann diese
Nachricht zu vollständigerer Besänftigung brauchen. Sie
sehen also nun doch, daß die Sache zur Sprache kömt. Sie zweifelten
immer daran, und wollten ja für mich alle Verbindlichkeit
übernehmen, wie mich dünkt, daß Sie einmal schrieben. Ich muß es
erst nachsehen.
Ferner bitte ich inständig um das was ich von Ihnen fordern
kann: daß Sie mir gleich die Originalien schikken, die Sie noch
nicht bezahlt haben, oder daß Sie mir gleich das Geld, und
später die Originalien, schikken.
[Die Exe]mplarien des
Concerts N. 1 sind
am rec[hten] Ort eingelaufen.

Ich danke Ihnen dafür,
so wie für den Pakken aus
Hamburg 
nochmals.
Aber von erwähnten Exemplarien waren 9. ganz
unbrauchbar und in schlechtem Zustande!!
Ich habe die Ehre mit vieler Hochachtung zu seyn,
höchstgeehrte herren,
Ihre ergebenste dienerinn
Constance Mozart
[S. 4]


Wien
An
die Herren Breitkopf und Härtel.
Leipzig
abgegangen den 1. Febr. 1800.
1800. Wien
30 Jan. Mad. Mozart.
–
Ø