[S. 1]
Wien den 9. Nov. 1799.
Höchstgeehrte
herren,
ich habe nun in 2. Monaten nicht das Vergnügen gehabt, Briefe von Ihnen zu
empfangen, welches mich wundert, da ich doch in meinen unbeantworteten manchen
interessanten Vorschlag auf Ihre vorherigen Veranlassungen gemacht habe. was
soll ich anders daraus schließen, als daß Ihre Geschäfte weitläuftige Detail-
verhandlungen Ihnen nicht mit mir erlauben, und daß es Ihnen wünschenswerth
seyn muß, entweder einen förmlichen alles begreifenden Contract abzuschließen
oder mir alle meine vorräthigen Sachen auf einmal zum ewigen Eigenthum
abzukaufen?
Auch mein Vortheil wäre dieses unbezweifelt, und ich müßte selbst
froh seyn, von einem fernern weitschweifigen Briefwechsel befreyt zu werden.
Auch habe ich wohl hofnung das Sämtliche auf einmal oder fachweise
zu verkaufen. Es sind mir fürs Ganze zwar noch nicht einmal völlig
700 Kaiserducaten geboten, und ich verlange 1000
. Nach meiner Achtung
für Sie biete ich hiemit
Ihnen vorzugsweise meinen ganzen Vorrath
für leztere Summe an, wovon die hälfte gleich bey Ueberlieferung
und der Rest halb jährig in zwey darauf folgenden Terminen zu bezahlen
wäre,: ich will sogar 100. ducaten fallen lassen, wenn Sie Sich
die Werke zum Neuen Jahre überliefern lassen, und ich alsdann sogleich
die ganze Summe erhalte. Andre Bedingungen kann ich nicht annehmen.
Ich wünschte sehr, daß dieses Geschäft zwischen uns gemacht würde, weil
ich Ihnen, die Sie zuerst die mir so angenehme Idee gehabt haben, meinem
Mann durch eine würdige Ausgabe seiner Werke ein Monument zu
sezen, am liebsten den Vortheil gönnen muß und wirklich gönne. Von
Ihnen erwarte ich nicht den Einwurf, daß die Samlung Ihnen nicht so viel werth sey,
denn
[S. 2]
denn eine solche fast vollständige Samlung von eigner Hand des Meisters ist ein unver-
kennbarer Schaz, und Männer von solchen Verbindungen, wie die Ihrigen, die Vermögen
genug haben um einen gelegenen Zeitpunct abzuwarten, gewiß im Stande sind, früher
oder später durch einen ganzen oder theilweisen Verkauf der handschriften an
Liebhaber, etwa in England, viel daraus zu lösen. Nichts soll mir erwünschter
seyn als Ihren Vortheil mit dem meinigen zu verbinden, besonders aus Dankbarkeit
gegen die freundschaftlichen Gesinnungen, die Sie mir in Ihren Briefen zu erkennen
gegeben haben, und gegen Ihre Erklärungen, wie leid es Ihnen wäre, wenn mir die
Rüksicht auf Sie irgendein Opfer kosten sollte, und Ihre so gütigen Auffor-
derungen, meinen Vortheil nicht aufzugeben. Da ich je eher je lieber aus
meiner Ungewißheit zu kommen pressirt bin, so erbitte ich mir mit
nächster Post eine recht befriedigende Antwort – sie ist ja
fast in dem erwünschten
einzigen
Ja enthalten – damit ich Ihre Gesinnungen gewiß kenne und
beurtheilen kann. Fals Sie, wie ich nicht hoffe, mein Anerbieten verwerfen,
würde ichs aufrichtig bedauern, und Sie zwängen mich alsdann mich auf den
Wunsch einzuschränken, daß Ihre, wie ich glaube, geäusserte Uberzeugung:
daß Sie Ihre Ausgabe, gleichwie Sie solche ohne meine Zuziehung unternommen
hätten, eben so wohl auch ohne meine Zuziehung fortsezen und Sich zu
Ihrem größern Vortheil auf die schon bekannten Sachen einschränken können; in
die völligste Erfüllung gehen möge. Fals ich mit nächster Post
keine Antwort erhalten sollte, so sehe ich dieses Stillschweigen dafür an, daß
Sie mein Anerbieten verwerfen, und Sich nur mit Ihren Wünschen für das
Glük meiner Unternehmung aus alter Güte interessiren. Wenn Ihre
beyfällige Antwort nicht nur unbestimmt wäre, sondern auch nicht mich
förmlich durch die feyerliche Annahme des einen oder des andern von dem, was
ich
[S. 3]
ich oben als Bedingungen der Uberlassung vorgeschlagen habe, gegen künftige Einwendungen
sicherte, so kann ich keinen Gebrauch davon machen, noch im mindesten darauf reflectiren,
um nicht sich ereignende günstige Augenblikke für mein und meiner
Kinder Wohl
zu verlieren.
Aber auch in diesem leztern für mich gewiß unangenehmen Fall, wenn Sie
irgendeinige Erläuterungen, sey es zur Lebensbeschreibung
oder sonst, nöthig hätten,
so wird Niemand williger seyn sie Ihnen mitzutheilen als ich. Ich hoffe,
Sie erkennen hierin so wie in meinem ganzen Verfahren, seitdem unsre Corres-
pondenz angefangen hat, das Gefühl der Pflichten einer Mutter vereinigt
mit den Gesinnungen der hochachtung für Sie, mit denen ich bin
Ihre ergebenste dienerinn
Ich bitte Sie, die sämtlichen
Concerte, die
Constance Mozart
Sie von mir in Commission
haben und
deren Sie solange gerne überhoben wären,
durch eine der ersten Fuhren an die herren
Koch und Leonhardi in
Frankfurt
am Mayn auf Kosten dieser herrn
zu senden, und freue mich, daß ich Ihnen
nicht mehr damit lästig bin.
C: Mozart
[S. 4]
Wien.
An
die Herren Breitkopf und Härtel.
Leipzig
1799. Wien
9 Nov. Mozart.
–
4 Febr
Gegen zurückgehendes
Recipisse.
w. E
Wittwe Mozart.
N. 5. in der Stadt.