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Wien den 10. Oct. 1799.
höchstgeehrte
Herren,
dem geistreichen Herrn
Rochliz, den ich für den künftigen
Biographen

meines sel.
Mannes halte, bitte ich meine beßte
Empfehlung zu machen, und zu sagen, daß ichs für unnöthig
erachte,
ihn auf die schöne Inschrift von
Gerning im dies-
jährigen 3. Stük des N. T. Merkurs

aufmerksam zu machen.
Ich schikke Ihnen hierin wieder einige Musicalien, mit
denen es folgende Bewandniß hat:
N. 1. ist durchgängig von meinem
Mann geschrieben. Es enthält
eine
ouverture, eine Allemande und eine courante in
einem zum Theil
Händelschen zum Theil aber ebenso
wenig verkennbaren
eignen Mozartschen Geschmak. Eine
Sarabande ist dabey noch angefangen. Nun ist es an
Ihnen zu beurtheilen, ob Sie diese 3. Stükke so brauchen
können. Das Thema wird Ihnen auffallen: Sie
werden es zu kennen glauben. Dieses rührt daher, daß
solches in einem der von mir übersandten Verzeichnisse
angeführt war. Sie erklärten diese Musik in Ihrer
Notize
für sehr alt, verlangten aber in dem mitgefolgten
Brief sie zu sehen. Ich antwortete damals, sie gehöre in
eine andre Classe, weil ich glaubte, daß es so wäre.
N. 2. ist auch durchgängig
Mozarts Schrift, und man versichert
mich, es passire für eine vollendete
Fuge.
N. 3. ist gleichfals eine vollendete
Fuge, aber die lezten acht
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Tacte sind neu hinzugekommen von einem
Manne, der
nicht bekannt seyn will. Alles übrige ist von
Mozart
selbst geschrieben.
N. 4. ist eine unvollendet
gewesene Mozartsche
Sonate mit Violine
Sie sehen selbst leicht aus den Handschriften, wo
Mozarts
Handschrift aufhört. Es ist, glaube ich, am Ende der 3
ten Seite.
Diese 4. Stükke überlasse ich Ihnen gegen die 2. Bedingungen:
1. Daß Sie bey der Herausgabe in einer Anmerkung anzeigen:
„das von hieran folgende ist von fremder Hand ergänzt.“
2. daß Sie mir für jede dieser 4. Numern 4. Ducaten
bezahlen.
Ich danke Ihnen für die Promtitüde

, mit welcher Sie
mir neulich zurüksandten, was Ihnen unbrauchbar war,
und verspreche mir dieselbe Güte izt in Ansehung derjenigen
Sachen, die Sie nicht brauchen können von den gegenwärtigen.
N. 5 eine Arie:
Sono in amore 
, die ich Ihnen auf die Bedin-
gungen der vorigen für einen ducaten überlasse.
Sechstens wiederum eine Menge Briefe

, die von dem
Herrn Biographen zu lesen sind.
Ueberflüßiger Correspondenz wegen, will ich die Ehre
haben Ihnen zu melden, daß obige Preise meine lezten
sind und daß ich nicht von ihnen abgehen kann.
Uebrigens wunder ich mich gar nicht, daß ich noch
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keine Nachricht von den leztüberschikten Musicalien
habe: ich weiß sehr wohl, wie sehr Sie bisher mit
Geschäften überhauft gewesen seyn müssen.
Da mein lezter
brief vom 29. Sept. nur 12.
x Porto
kostete, so ist Ihre ganz bisher zu bestimmende Schuld nur
15 fl. 27
x.
Ich habe die Ehre mit vollkommenster Hoch-
achtung zu seyn
meiner höchstgeehrten Herrn
ganz ergebenste Dienerinn
Constance Mozart
Dieser brief und Beylagen werden, wo
möglich, mit der fahrenden Post abgesandt.
Es versteht sich ja ein für alle Male, daß
ich die Originalien
stets wieder bekomme.
Zum Ueberfluß melde ich Ihnen, daß ich izt
auf dem Michaelerplaz N. 5. im dritten Stok
wohne.
Sollte H
ς: Schramm meine Sachen

nicht so
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frühe Ihnen zugeschikt haben, daß Sie mir sie
durch einen hiesigen auf die Messe gereisten
Kaufmann haben senden können, so empfehle
ich mich Ihrer Freundschaft beßtens zu
einer anderweitigen, wo möglich kosten-
freyen, aber sicher baldigen Versendung.
Vielleicht erzeigen Sie mir in diesem Falle die
Güte, sie mit eignen ballen, wenn sie nicht
schon expedirt sind, zu senden.
Sollten Sie aber nicht bald Gelegenheit haben,
und sollte das von dh
ς: Schramm erhaltene
nicht groß seyn, so bitte ich es mit der
fahrenden Post auf meine Kosten zu schikken;
und fals es bezeichnet werden muß:
alte
Kleidungsstükke und alte Musicalien, wie es
auch ist, darauf zu schreiben.
Vergeben Sie die Mühe und rechnen
Sie auf meine Dankbarkeit.